(ots) - In der Affäre um das G36 der Bundeswehr erhärtet
sich der Verdacht, dass das Bundesverteidigungsministerium (BMVg)
bundeswehrinterne Kritiker mundtot machen wollte, um Mängel des
Sturmgewehrs zu vertuschen. Das berichtet das ZDF-Magazin "Frontal
21" am Dienstag, 16. Juni 2015, 21.00 Uhr. So wurden gegen Beamte in
der Wehrtechnischen Dienststelle 91 (WTD 91) in Meppen
Dienstaufsichtsverfahren eingeleitet. Das geht aus
Anhörungsprotokollen hervor, die "Frontal 21" vorliegen.
Eine Regierungsamtsrätin beklagt darin, sie habe "den Eindruck
gewonnen, dass seitens des BMVg der Vorgang G36 aufgrund
industrieseitiger Einflussnahme nicht immer objektiv bewertet wurde".
Die Leiterin der Dienststelle, eine Regierungsdirektorin, gegen die
ebenfalls ermittelt wurde, kritisiert, es sei auffällig gewesen,
"dass beim G36 im Vergleich zu anderen Projekten seitens des BMVg
verstärkt Einfluss genommen wurde". Ein anderer verantwortlicher
Wehrtechniker nennt den Namen eines Mitarbeiters des
Bundesverteidigungsministeriums, der ständig versucht habe, "die
Dienststelle zu diskreditieren".
Die Kritik der Wehrtechniker, es habe "beim G36 (...) eine
besondere Einflussnahme seitens BMVg gegeben", findet sich noch im
Entwurf eines Schreibens des Bundeswehr-Beschaffungsamtes (BAAINBVw).
In der endgültigen Fassung vom Januar 2015 fehlt jedoch die kritische
Passage. "Das bedeutet: Noch in der Ära von der Leyen wurde
manipuliert und Kritik unterdrückt", kommentiert Jan van Aken,
Abgeordneter der Linken im Verteidigungsausschuss, den Vorgang.
Auch die Rolle des Militärischen Abschirmdienstes (MAD) in der
G36-Affäre setzt Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen
(CDU) zunehmend unter Druck. Entgegen der bisherigen Darstellung geht
aus den jetzt aufgetauchten Protokollen hervor, dass im Fall der
mangelhaften Gewehre möglicherweise der MAD doch eingesetzt worden
ist, um die Weitergabe vertraulicher Informationen an Journalisten zu
untersuchen. Im Mittelpunkt steht der Journalist Lars Winkelsdorf,
der auch für "Frontal 21" arbeitet. So sagte ein Wehrtechniker in
seiner Vernehmung: "In einer späteren Untersuchung durch den MAD
wurde ermittelt, durch wen H. Winkelsdorf die Informationen erhalten
hat."
Das Bundesverteidigungsministerium bezeichnet dies in den Medien
als "eine falsche einzelne Wahrnehmung". Gegenüber "Frontal 21" teilt
das Ministerium heute mit, dass die durch den Wehrtechniker
getroffenen Aussagen nicht auf seinen eigenen Erkenntnissen beruhten.
Derzeit gebe es keinen Beleg dafür, dass der MAD zu irgendeinem
Zeitpunkt Untersuchungen oder Ermittlungen im Zusammenhang mit dem
Gewehr G36 durchgeführt habe. Das BMVg gehe aber allen entsprechenden
Hinweisen weiter nach.
Ursula von der Leyen versprach am Wochenende beim "Tag der
Bundeswehr" in Hannover Aufklärung: "Wir müssen doch erst einmal
Spekulationen unterlegen mit Tatsachen, was wie gelaufen ist. Ich
glaube, wir haben bewiesen in den vergangenen Wochen, dadurch, dass
wir sehr aufgemacht haben, Informationen bereitwillig, was immer wir
gefunden haben, zur Verfügung gestellt haben, dass ein hoher Wille da
ist, miteinander zu klären, wie die Vorgänge gewesen sind."
Unterdessen verschärft die Opposition im Bundestag die Tonlage.
"Da ist offenbar im Verteidigungsministerium ununterbrochen massiv
Druck auf alle gemacht worden, die irgendwie ein kritisches Wort zu
G36 gesagt haben", kritisiert Jan van Aken. Da habe jemand seine
schützende Hand über Heckler & Koch gehalten, dem Hersteller des G36.
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