(ots) - Reporter ohne Grenzen fordert die Berliner
Staatsanwaltschaft dazu auf, den Fall des inhaftierten ägyptischen
Journalisten Ahmed Mansur schnell und unmissverständlich aufzuklären.
Der 53-Jährige Al-Dschasira Mitarbeiter ist am Samstagnachmittag am
Berliner Flughafen Tegel festgenommen worden, als er nach Doha
fliegen wollte. Ein Gericht in Ägypten hatte Mansur in Abwesenheit zu
15 Jahren Haft verurteilt.
"Jetzt muss sichergestellt werden, dass es sich nicht um eine
politisch motivierte Inhaftierung handelt", fordert
ROG-Geschäftsführer Christian Mihr in Berlin: "Deutschland darf sich
nicht zum Komplizen des ägyptischen Regimes machen. Keinesfalls darf
Mansur an Ägypten ausgeliefert werden, schon gar nicht aufgrund
dubioser und möglicherweise haltloser Vorwürfe. Die Bundesregierung
muss erklären, wie es zu dieser zweifelhaften Entscheidung gekommen
ist."
HINTERGRÃœNDE UNKLAR
Nach wie vor unklar ist, auf welcher juristischen Grundlage die
Inhaftierung fußte. (http://bit.ly/1Gf9xpw) Die Bundespolizei teilte
mit, gegen Mansur habe ein internationaler Haftbefehl vorgelegen. Ein
Strafgericht in Kairo hatte ihn 2014 in Abwesenheit zu 15 Jahren Haft
verurteilt, weil er im Frühjahr 2011 an der Folter eines Anwalts in
Kairo beteiligt gewesen sein soll. (http://bit.ly/1I83WpL) Allerdings
hat es Berichten der Süddeutschen Zeitung zufolge in jüngster Zeit
Fälle gegeben, in denen autoritäre Regime den internationalen
Haftbefehl von Interpol missbraucht haben, um politische Dissidenten
weltweit aufzuspüren. (http://bit.ly/1BEKz6K)
ÜBEREINKUNFT ZWISCHEN BERLIN UND ÄGYPTEN? Mansur selbst wies
Vermutungen über einen internationalen Haftbefehl zurück. Auf der
Webseite von Al-Dschasira versicherte er, Interpol habe ihm
schriftlich bestätigt, dass es keine Grundlage für eine Festnahme
außerhalb Ägyptens gebe. Der entsprechende Antrag der ägyptischen
Behörden sei nicht übernommen worden. (http://bit.ly/1fojmuR) Er
vermutet, dass es sich bei der Inhaftierung um eine bilaterale
Übereinkunft zwischen Deutschland und Ägypten gehandelt haben könnte.
Ägyptens umstrittener Staatspräsident Abdelfattah al-Sisi war vor
zwei Wochen im Rahmen eines Staatsbesuches auch von Bundeskanzlerin
Angela Merkel empfangen worden. (http://bit.ly/1FuF7xY)
Mansur zählt zu den bekanntesten Journalisten der arabischen Welt.
Er hat sowohl die ägyptische als auch die britische
Staatsangehörigkeit. Der Fernsehreporter war für seinen Auftraggeber
Al-Dschasira nach Deutschland gekommen. Für seine Interviewsendung
"Bi La Hudud" ("Ohne Grenzen") hatte er in dieser Woche in Berlin den
Nahost-Experten Guido Steinberg von der Stiftung Wissenschaft und
Politik interviewt. Die Regierung in Kairo betrachtet Al-Dschasira
mit Sitz in Doha als Unterstützer der in Ägypten mittlerweile
verbotenen Muslimbrüder. Der Sender gilt als scharfer Kritiker von
Präsident Abdelfattah al-Sisi.
UNABHÄNGIGE MEDIEN UNTER DRUCK
Die Anfang 2014 verabschiedete Verfassung hat Ägypten nur auf dem
Papier mehr Presse- und Meinungsfreiheit gebracht. Regierung und
Justiz gehen systematisch gegen Medien mit Verbindungen zur
Muslimbruderschaft oder Sympathien für die Gruppe vor. Willkürliche
Festnahmen und Folter sind an der Tagesordnung. Nach wie vor können
Journalisten und andere Zivilisten vor Militärgerichten abgeurteilt
werden. Nicht zuletzt infolge eines von Regierung und Staatsmedien
geschürten Klimas pauschaler Verdächtigungen müssen Reporter mit
Gewalt von Sicherheitskräften und Demonstranten rechnen. Selbstzensur
ist verbreitet. Viele Medien ergreifen offen Partei für Armee und
Regierung, nur wenige ägyptische Journalisten wagen Kritik.
(http://bit.ly/1CljAYr)
Auf der Rangliste der Pressefreiheit belegt Ägypten Rang 158 von
180 Ländern.
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Silke Ballweg / Christoph Dreyer
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