Die Bearbeitung ohne den Tunnelblick
(firmenpresse) - Ärzte sehen sich zumeist mit zivilrechtlichen Schadensersatzforderungen konfrontiert. Das Strafverfahren bleibt die Ausnahme. Sollte es jedoch soweit kommen, gilt es den Überblick zu bewahren und eine umfassende rechtliche Bearbeitung zu gewährleisten.
Es sind daher unbedingt drei Verfahrensarten im Auge zu behalten: 1. zivilgerichtliche Verfahren (Schmerzensgeld und Schadensersatzansprüche) 2. Strafverfahren 3. berufsrechtliche Verfahren.
Es kommen die unterschiedlichsten Straftaten in Betracht:
Die vorsätzliche Tötung oder Körperverletzung (§§ 212, 223 StGB), die fahrlässige Tötung oder fahrlässige Körperverletzung (§§ 222, 229 StGB), die unterlassene Hilfeleistung (§ 323c StGB), die ärztliche Sterbehilfe, der Abrechnungsbetrug (§263 StGB), die Untreue (§266 StGB), die Vorteilsannahme oder Bestechlichkeit (§§ 299, 331, 332 StGB) sowie die Verletzung der ärztlichen Schweigepflicht (§§ 203, 204 StGB).
Die Folgen können erheblich sein: Berufsrechtliche Verfahren vor dem HKG, Entzug der vertragsärztlichen Zulassung durch den Zulassungsausschuss, Disziplinarverfahren bei der Kassenärztlichen Vereinigung Ordnungsfunktion, Ruhen oder Widerruf der Approbation.
Immer häufiger, zum Teil sehr medienwirksam, wird hinsichtlich des Abrechnungsbetruges ermittelt.
Ein Arzt begeht dann einen Abrechnungsbetrug, wenn er wissentlich oder willentlich die Krankenkasse, die KV oder den Patienten täuscht, indem er eine nicht oder nicht in diesem Umfang erbrachte Leistung abrechnet, um dadurch einen Vermögensvorteil zu erlangen.
Jede Abrechnung eines Vertragsarztes wird bei der KV routinemäßig überprüft. Anhand von zahlreichen Kriterien wird eine Plausibilitätsprüfung durchgeführt, die zu einem Anfangsverdacht auf Abrechnungsbetrug und zu einer weitergehenden Überprüfung des auffällig gewordenen Arztes führen kann. Die Krankenversicherungen prüfen ebenfalls genau, ob ein Abrechnungsbetrug vorliegt.
Freilich sollte immer "der Freispruch des Ermittlungsverfahrens" angestrebt werden (Einstellung nach § 170 II StPO).
Eine Einstellung gemäß § 153 a StPO (mit Geldauflage) oder nach § 153 StPO (ohne Geldauflage) setzt einen hinreichenden Tatverdacht voraus. Es verbleibt somit ein Schuldvorwurf. Dies kann präjudizierende Auswirkungen haben und Disziplinar-, Zulassungsentziehungs- und Approbationsentziehungsverfahren nach sich ziehen.
Wenn das Strafverfahren gegen den Arzt mit einem Urteil endet, können diese strafgerichtlichen Feststellungen als Entscheidungsgrundlage im Verfahren über den Entzug der Approbation herangezogen werden. Die Staatsanwaltschaften müssen gemäß Nr. 26 MiStra in Strafsachen gegen Angehörige der Heilberufe, der zuständigen Berufskammer mitteilen machen, wenn diese als Körperschaft des öffentlichen Rechts besteht und die öffentliche Klage erhoben wird, sofern der Tatvorwurf auf die Verletzung einer Pflicht schließen lässt, die bei der Ausübung des Berufes zu beachten ist oder sonst geeignet ist unter anderem Zweifel an der Eignung und Zuverlässigkeit hervorzurufen.
Um Missverständnisse zu vermeiden sei ebenso erwähnt, dass schon im strafgerichtlichen Verfahren ein Berufsverbot gemäß § 70 StGB ausgesprochen werden kann.
Eine Geldstrafe sowie Bewährungsstrafe sind zumeist nicht das Hauptproblem.
Das Bundessozialgericht (Beschluss 17.10.2012, Az: B 6 KA 19/12 B) entschied zum Beispiel, dass der Entzug der vollen vertrags(zahn)ärztlichen Zulassung in einem Fall rechtmäßig ist, in dem die betroffene Vertragsärztin unter anderem in 5 Quartalen ihre Quartalsarbeitszeit überschritten hatte und in 6 Quartalen Leistungen für 19 bereits verstorbene Patienten abgerechnet hatte. In einem Strafverfahren erhielt die Vertragsärztin deswegen einen Strafbefehl wegen Betrugs in 15 Fällen und wurde zu einer Geldstrafe verurteilt.
Die Weichen werden oft schon im Strafverfahren gestellt.
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