(ots) - Es ist ein befremdliches Manöver, mit dem die
Deutschen die (vermeintlichen) Schlussverhandlungen über einen
Griechenland-Deal am Wochenende zusätzlich verwirrt haben.
Berlin fragt: Wie wäre es mit einem Grexit light? Fünf Jahre
Euro-Pause für die Hellenen, um mit einer Billigwährung ihre
Wirtschaft auf Vordermann zu bringen und parallel zu klären, wie sie
vom gigantischen Schuldenberg wieder herunter kommen? Die Idee, für
sich genommen bizarr genug, zirkuliert in einem knappen Papierchen,
wird aber vom zuständigen Ressortminister Wolfgang Schäuble den
europäischen Kollegen zunächst gar nicht vorgetragen. Wäre so etwas
aus Athen gekommen, hätte es wieder geheißen: komplett unseriös - die
spinnen, die Griechen!
Zur Erinnerung: Am vergangenen Dienstag hatten Kanzlerin Angela
Merkel und die anderen Europartner die Regierung Tsipras
aufgefordert, binnen 48 Stunden einen umfassenden und konkreten Plan
vorzulegen, zu welchen Reformen und Sparmaßnahmen sie sich im Rahmen
eines neuen, großen Hilfspakets verpflichten wolle. Dieser Forderung
ist Athen nachgekommen. Vielleicht noch nicht ausreichend umfänglich
und verbindlich, aber doch so, dass nicht nur in Griechenland selbst
der Tenor der Kommentare lautete: eine Kapitulation.
Natürlich hatte Merkel darauf hingewiesen, dass die Anforderungen
an ein mehrjähriges Aufbauprogramm höher seien als noch vor wenigen
Tagen, als es nur um den Abschluss des laufenden Programms ging. Und
natürlich hat Tsipras jetzt auch das aufgestaute Misstrauen der
Partner zu überwinden, die auf seine Zusagen nichts mehr geben,
sondern Taten verlangen.
Aber zugleich hat Merkel nie Zweifel aufkommen lassen, dass ihr
erstes Ziel sei, die Griechen in der Währungsunion zu halten. Die
Unzweideutigkeit dieser Ansage ist mit dem halbgaren Vorstoß Richtung
Fünfjahres-Grexit dahin. Innenpolitisch mag das nützlich sein, auf
europäischer Ebene schwächt es die deutsche Position.
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