(ots) - Das Blutbad über dem Donbass vor einem Jahr war
absurder Höhepunkte eines "hybriden" oder schlicht eines "halben
Krieges": Russland schickt Berufsmilitärs ins Nachbarland, um dort
ukrainische Soldaten zu töten, gleichzeitig feilscht es mit den
Ukrainern über Gaspreise und importiert ukrainisches Bier. Zwischen
Moskau und Kiew verkehren auch weiterhin Züge - und
Passagierflugzeuge.
Russlands Präsident Wladimir Putin und sein Team haben sich eine
neue Art der Kriegsführung ausgedacht. Sie verstecken ihre
Panzertruppen hinter prorussischen Rebellenkriegern, die das Moskauer
Staatsfernsehen gegen die "faschistische Kiewer Junta" aufgehetzt
hat. Jenseits der ukrainischen Front, in Charkow, Odessa oder
Lemberg, gehen Bomben hoch, Kremlpolitologen prophezeien blutiges
Chaos in Kiew, das russische Außenministerium aber klagt, die Ukraine
boykottiere den Minsker Friedensprozess.
Erstaunlicherweise hat die Ukraine, ebenso wie der Westen, viele
Spielregeln dieses absurden Krieges akzeptiert. Es ist vor allem
wirtschaftliche Not, die Kiew weiter mit dem Aggressor verkehren
lässt. Doch auch die Ukrainer können zynisch sein: Gut möglich, dass
ihre Kampfjets feindliche Panzer aus dem Radarschatten der Boeing 777
angreifen wollten...
In Europa aber fürchten Politiker den endgültigen Bruch mit der
Atommacht Russland. Viele hielten ihre Empörung über die russische
Streitmacht im Donbass anfangs niedrig, verkleinerten sie zur
Kleinstadtguerilla, unterschätzten die Reichweite ihrer Geschosse.
Warum ein Flugverbot über eine Region verhängen, wenn doch nur
Bergarbeiter mit Schulterraketen auf ukrainische Sturzkampfbomber
ballern?
Das Massaker in 10.100 Meter Höhe vor einem Jahr hat auch eine
Wolkendecke aus Verharmlosung zerrissen. Fragt sich nur wie
endgültig. Nach den Regeln des "halben Krieges" ist es besser, statt
russischer Berufssoldaten besagte Bergarbeiter als Mordschützen zu
verdächtigen. Denn es wird leichter sein, irgendwann einen
Rebellenboss vor Gericht zu stellen als Putin.
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