(ots) - Verkorkst. Die ganze Situation ist verkorkst. Nach
der langen Nacht in Brüssel spielt die Musik in Athen und Berlin. Und
hier gibt es eine Reihe beunruhigender Parallelen: Beide Regierungen
machen sich in weiten Teilen Europas zunehmend unbeliebt bis
unmöglich. Beide Regierungschefs verlieren mehr und mehr Rückhalt in
den eigenen Reihen. Dort mag man sich nicht anfreunden mit einem
Verhandlungsergebnis, das aus der Wahl zwischen Pest und Cholera
hervorging.
Beide Seiten haben das Gefühl, mehr oder weniger unter Zwang zu
handeln, weshalb die Motivation, ein Verhandlungsergebnis auch als
anzustrebende und umzusetzende Lösung zu begreifen, denkbar klein
ist. Ganz ehrlich: Die Sache ist zum Scheitern verurteilt.
Im Rückblick Athen. Ministerpräsident Tsipras "wirbt" im Parlament
für Reformen, die er weiter ausdrücklich für falsch hält, und erhält
folgerichtig eine Mehrheit nur mit den Stimmen der Opposition. Und
nun soll ausgerechnet dieser Regierungsapparat, der im doppelten
Sinne reformunfähig ist (weil er es weder kann noch will), die
beschlossenen Gesetze auch leben? Wie naiv muss man sein, um das zu
glauben? Vor allem gegen Deutschland bleibt Griechenland im
Widerstand. Von dort wird absehbar keine Dankbarkeit kommen - egal,
wie viele Milliarden der deutsche Steuerzahler am Ende blechen muss
-, nur giftige Gegnerschaft.
Das wiederum führt in Deutschland zu immer mehr Frust. Wann immer
die Bundestagsabgeordneten in ihren Wahlkreisen sind, dürften ihnen
danach die Ohren klingeln. Gestern hat jeder fünfte Unionsabgeordnete
gegen die Politik der Kanzlerin gestimmt. Und dabei ging es "nur" um
die Aufnahme von Verhandlungen. Sicher: So weit wie in Athen wird es
in Berlin nicht kommen. Sollte Merkels Mehrheit ernsthaft wackeln,
kehrt schnell Disziplin ein. Aber es ist ein Riss sichtbar. Jeder
weiß, dass eine heimliche Mehrheit in der CDU/CSU-Fraktion Schäubles
Grexit-Fantasien gut findet.
Es sind zu viele Risse, die mitten durch Berlin, Athen und ganz
Europa gehen. Mit Geld allein ist das nicht zu kitten.
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