(ots) -
Sonntag, 30. August 2015, 2:50 Uhr
Frauen, die Geschichte machten
Jeanne d'Arc
Sie hatte das falsche Alter und das falsche Geschlecht. Dennoch wurde
das Bauernmädchen auf dem Höhepunkt des Hundertjährigen Krieges zur
Retterin Frankreichs: Jeanne d'Arc.
Eine junge Frau aus dem einfachen Volk, felsenfest von seinem
göttlichen Auftrag überzeugt, setzt sich unbeirrt gegen alle
Institutionen durch. Ihre Siege verhelfen dem französischen Dauphin
zur Krönung. Am Ende wird sie Opfer eines politisch motivierten
Prozesses.
Um 1412 in Domrémy, einem kleinen Dorf in der Region Lothringen
geboren, war Jeanne d'Arc als Tochter eines freien Bauern wie damals
üblich schon früh einem jungen Mann zur Ehefrau versprochen worden.
Doch Jeanne weigerte sich. "Innere Stimmen", die sie später als
Stimmen des Erzengels Michael, der Heiligen Katharina und der
Heiligen Margarethe deutete, hätten ihr geraten, keusch zu bleiben
und Frankreich von den Engländern zu befreien.
Das französische Königreich befand sich um 1425 in einer
katastrophalen Situation: Die Engländer hielten den Nordwesten
Frankreichs besetzt, in Paris herrschten Engländer und Burgunder
gemeinsam. Zusätzlich war Frankreich durch einen blutigen Bürgerkrieg
entzweit. Der französische Thronfolger Karl hatte sich zum König
ausrufen lassen, doch schien seine Krönung aussichtslos, da sich der
traditionelle Krönungsort Reims in der Hand seiner Feinde befand.
Was heute unglaublich klingt, ist damals wirklich geschehen: Die
16-jährige Jeanne verließ ihr Elternhaus in Domrémy und machte sich
auf, die Feinde Frankreichs zu vertreiben. Dabei stützte sie sich auf
die Legende von der uralten Weissagung des Magiers Merlin, wonach
eine "Jungfrau aus dem Eichenwald zur Rettung Frankreichs erscheinen
werde".
Mit fester Überzeugung, von Gott gesandt zu sein und großer
Hartnäckigkeit gelang es ihr nach Monaten tatsächlich, vor Karl zu
treten. "Ich heiße Jeanne die Jungfrau, und Euch tut der König des
Himmels durch mich kund, dass Ihr in der Stadt Reims gesalbt und
gekrönt werdet", soll ihn das Bauernmädchen angesprochen haben. Karl
war tief beeindruckt von der unbeirrbaren Sicherheit, mit der Jeanne
auf die Erfüllung ihres göttlichen Auftrages drängte. Nachdem sie
langwierige Befragungen erfolgreich überstanden hatte, ordnete er an,
Jeanne mit Kriegsleuten und einem ehrenvollen Geleit nach Orléans zu
schicken, um die Stadt von den Engländern zu befreien.
Die Bauerntochter erhielt eine eigene Rüstung, ein mit Lilien
besetztes Banner und ein Schwert, mit dem sie wenig später in die
Schlacht zog. Orléans war seit einem halben Jahr von den Engländern
belagert, die Lage der Bewohner der Stadt verzweifelt. Schon vor
ihrem Eintreffen wurde Jeanne d'Arc als Retterin gefeiert.
Tatsächlich gelang ihr - trotz einer schmerzhaften Verwundung an der
Schulter - der Sieg. Ihr Ruhm als "Jungfrau von Orléans" verbreitete
sich rasch im ganzen Königreich. Ohne formelle Befehlsgewalt hatte
sie die Truppen des Thronfolgers mit ihrer Glaubenskraft, ihrem
Enthusiasmus und ihrem Sendungsbewusstsein zu einem Erfolg geführt,
der mehr war als nur ein Sieg: Nach Jahren der Erniedrigungen und
Niederlagen führte er eine entscheidende Wende im Hundertjährigen
Krieg herbei. Weitere Schlachten folgten, bei denen es Jeanne gelang,
Städte und Schlösser wieder unter die Herrschaft Frankreichs zu
bringen. Und schließlich konnte am 17. Juli 1429 Karl in der
Kathedrale von Reims zum König gekrönt werden - es war Jeannes
glücklichste Stunde.
Doch ihr Kriegsglück hielt nicht lange an: Der Angriff auf Paris
scheiterte, der Einfluss der "Jungfrau" auf König Karl III. schwand,
ihre Neider gewannen die Oberhand. Als sie am 23. Mai 1430 in die
Hände ihrer Feinde geriet, hoffte sie auf Rettung durch ihren König.
Aber Karl tat nichts, um die "Jungfrau" zu befreien.
In Rouen wurde ihr der Prozess gemacht, man klagte sie der Hexerei,
des Götzendienstes, des Umgangs mit Dämonen und der
"gotteslästerlichen Gewohnheit, Männerkleidung zu tragen" an. Es war
ein politisches Tribunal, von den Engländern im Hintergrund gelenkt -
Jeanne d'Arc hatte keine Chance.
Am 30. Mai 1431 ließ die 19-Jährige auf dem Scheiterhaufen in Rouen
ihr Leben. Als die Flammen sie erfassten, soll sie mit lauter Stimme
"Jesus!" gerufen haben, bevor sie ihr Haupt neigte und starb. Selbst
englischen Soldaten, ihren Feinden, standen Tränen in den Augen. 1456
wurde auf Betreiben Karls III. die Verurteilung Jeannes wieder
aufgehoben: "Wir erklären somit die genannte Jeanne als gereinigt und
frei von jedem Schimpf und jedem Makel", erklärten die Richter. 1920
wurde die "Jungfrau von Orléans" heiliggesprochen.
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