Nach dem starken Kursanstieg im ersten Quartal 2015 kam es an den meisten Börsen seit April zu leichten Verlusten. Steigende Anleiherenditen, die Aussicht auf Zinserhöhungen in den USA und Unsicherheiten im Zusammenhang mit Griechenland und China sorgten bei den Anlegern für Nervosität und sinkende Risikotoleranz.
(firmenpresse) - Ein unverändertes Umfeld
Doch trotz der zunehmenden Volatilität änderte sich das Wirtschafts- und Finanzumfeld kaum. Der Internationale Währungsfonds senkte wieder einmal seine Wachstumsprognosen und verwies diesmal auf die „unerwartete rückläufige Entwicklung in Nordamerika“. Diese Prognose illustriert einmal mehr, wie strukturelle Faktoren das Wachstum belasten; dies deutet darauf hin, dass die Wachstumsraten in den kommenden Jahren deutlich unter dem historischen Durchschnitt liegen werden. Vor diesem Hintergrund ist ein dauerhafter Zinsanstieg nicht zu erwarten. Das niedrige Zinsniveau wiederum macht Prinzipien ungültig, die in der Vergangenheit bei der Gewichtung von Aktien und Anleihen galten.
Zu diesen Prinzipien gehörte beispielsweise, dass Aktien als risikoreiche Anlageform gelten, Anleihen (zumal Staatsanleihen) dagegen als Anlage ohne bzw. mit geringem Risiko. Zu anderen Zeiten wäre es in einem Umfeld wie dem aktuellen (schwaches Wachstum, geringe Inflation) normal gewesen, eher auf Anleihen zu setzen als auf Aktien. Heute ist die Situation jedoch anders: Will man im Anleihenbereich eine einigermaßen vernünftige Rendite erzielen, muss man größere Abstriche bei der Qualität des Emittenten machen. Solche Zugeständnisse können sich jedoch als sehr gefährlich erweisen, vor allem angesichts des Umfelds, das durch Überschuldung und schwaches Wachstum (und somit mangelnde Rückzahlungsfähigkeit) gekennzeichnet ist. Es läuft darauf hinaus, dass man ein Risiko, Volatilität, durch ein anderes, dauerhafter Kapitalverlust, ersetzt (an den Rentenmärkten hat man es per Definition mit mehr oder weniger hoch verschuldeten Unternehmen zu tun). Bei Finanzanlagen ist die Volatilität nicht das beste Maß für Risiko.
Aktien bevorzugen, aber mit realistischen Renditeerwartungen
Es gibt daher keine echte Alternative zu Aktien, zumindest solange ihr Bewertungsniveau nicht absurd hoch ist. Doch wie ist das Bewertungsniveau einzuschätzen? In der Praxis kann man - je nachdem, welche Kenngröße herangezogen wird - zu dem Schluss kommen, dass Aktien entweder günstig sind oder teuer oder irgendwo dazwischen liegen. So kommen Bewertungsmethoden, die das aktuelle Zinsniveau berücksichtigen, offensichtlich zu dem Ergebnis, dass Aktien unterbewertet sind. Legt man wiederum den aktuellen Gewinn oder die Gewinnerwartungen für die kommenden zwölf Monate zugrunde, ist das Ergebnis, dass das Bewertungsniveau ungefähr im historischen Durchschnitt liegt. Bei Betrachtung von Umsätzen, Eigenkapital, Wiederbeschaffungswert (Tobin Q) oder normalisiertem Gewinn allerdings erscheinen Aktien teuer. Hieraus könnte man folgern, dass die Aktienrendite in den kommenden Jahren unterhalb ihres historischen Durchschnitts liegen dürfte, dass es aber an den Aktienmärkten nicht unbedingt zu größeren Verlusten kommen muss.
Eine strategische Asset Allocation von Aktien, Anleihen und Liquidität kommt unter den derzeitigen Umständen gar nicht umhin, Aktien zu bevorzugen. Gleiches gilt sogar für Portfolios, deren Ziel weniger darin liegt, Kursgewinne zu erzielen, als vielmehr regelmäßige Einkünfte zu erzielen. Oder wie es der Gouverneur der australischen Zentralbank Glenn Stevens unlängst formulierte: Die große Frage ist, wie für die Rentner von morgen ein angemessener Einkommensfluss generiert werden kann in einer Welt, in der die traditionell als risikoarm geltenden Anlageformen so geringe Renditen abwerfen. Die Antwort ist: Es gibt keine Patentlösung; vielmehr muss man bereit sein, ein höheres Maß an Risiko einzugehen, um die gewünschten Renditen zu erzielen.
Ein aktives Anlagemanagement, das Qualität und Dividenden kombiniert
Aus dem Gesagten darf man jedoch kein Plädoyer für ein passives Anlagemanagement ableiten. Zwar sind angesichts des historisch niedrigen Renditeniveaus keine größeren Umschichtungen von einer Anlageklasse zur anderen angezeigt (d. h. Aktienanteil erhöhen/senken zu Gunsten/Lasten von Anleihen) - es sei denn, man will auf die kurzfristige Entwicklung dieser Anlageklassen wetten. Diese Art von Market Timing ist jedoch zu einem großen Teil Glückssache, auch wenn viele Vermögensverwalter (oder ihre Kunden) sich vor allem damit zu beschäftigen scheinen. Die durch die Meldungen zur Griechenland-Krise verursachten Marktschwankungen in den vergangenen Wochen zeigen beispielsweise, dass solche Versuche oft sinnlos sind. Es gab an manchen Tagen bedeutendere Kursbewegungen, sowohl nach oben als auch nach unten; der Markt als ganzer blieb im Endeffekt jedoch quasi unverändert. Eine Asset Allocation, welche sich auf greifbareren Faktoren wie der relativen Bewertung von Aktien zu Anleihen basiert, ist dagegen kaum vorstellbar, da das Bewertungsniveau von Anleihen so unattraktiv ist. Dies jedenfalls, solange Aktien nicht so extrem überbewertet und/oder sich die Aussichten für die Gewinnentwicklung nicht dermaßen eintrüben werden, dass eine negative Rendite für Aktien zu erwarten wäre. So weit sind wir noch nicht.
Umso wichtiger wird jedoch ein aktives Management innerhalb der jeweiligen Anlageklasse, insbesondere im Aktienbereich. Solange das Wirtschafts- und Finanzumfeld fragil bleibt, ist es besonders wichtig, keine Kompromisse bei der Qualität der Unternehmen einzugehen, die für die Anlage ausgewählt werden. Hier ist es wichtig zu definieren, was ein qualitativ hochwertiges Unternehmen ausmacht, schon allein, um Allgemeinplätze zu vermeiden - schließlich gebe kein Fondsmanager zu, dass er Unternehmen von schlechter Qualität kauft. Unter einem Qualitätsunternehmen verstehen wir ein Unternehmen, das dauerhafte Wettbewerbsvorteile vorweisen kann, durch die es sich von seinen Mitbewerbern abhebt und die eine Eintrittsbarriere zu seinem Markt darstellen. Sie erlauben es dem Unternehmen, die eigene Entwicklung aktiv zu steuern und Stärken auszuspielen, was seinerseits einen positiven Kreislauf in Gang setzt. Diese Unternehmen haben eine hohe Eigenkapitalrendite, niedrige Verschuldung und geringen Kapitalbedarf. Übrigens ist die Differenz zwischen Eigenkapitalrendite und Finanzierungskosten bei diesen Unternehmen im aktuellen Umfeld besonders hoch, was theoretisch ein deutlich höheres Bewertungsniveau rechtfertigen würde.
Ein zweites Investmentthema, das eng mit dem der Qualität verbunden ist, ist das der Dividenden: Eine der Anlagestrategien, die langfristig die besten Ergebnisse bringt, besteht darin, Unternehmen zu kaufen, die sowohl eine hohe Dividende als auch eine geringe Ausschüttungsquote aufweisen. Das hohe Dividendenniveau macht diese Unternehmen besonders attraktiv für Anleger, die regelmäßige Einkünfte suchen; die geringe Ausschüttungsquote hingegen garantiert die Nachhaltigkeit der Dividende bzw. ihr Anstiegspotenzial.
Antizyklisch handeln mit einem ausreichend langen Investmenthorizont
Ein weiterer Vorteil der aktiven Vermögensverwaltung besteht darin, dass Fluktuationen der Aktienkurse genutzt werden können, um eine Position zu verkaufen bzw. zu reduzieren, wenn ihre Bewertung zu hoch wird, und umgekehrt eine Position zu kaufen bzw. zu erhöhen, wenn ihr Bewertungsniveau attraktiv wird. Um überdurchschnittliche Renditen zu erzielen, muss ein Anleger bereit sein, antizyklisch zu handeln. Eine Möglichkeit besteht darin, Unternehmen zu suchen, deren Kurs stark gefallen ist, die Gründe für den Kursverfall zu suchen und zu analysieren, inwiefern diese Gründe stichhaltig und nachhaltig sind. Der jüngste Kurssturz am chinesischen Aktienmarkt zum Beispiel hat auch die Kurse von einer Reihe von asiatischen Qualitätsunternehmen mitgerissen, die nun für einen langfristig ausgerichteten Anleger attraktiv bewertet sind.
Diesen Aspekt haben wir nach den von China und Griechenland ausgelösten Kursschwankungen in unseren Portfolios aktiv berücksichtigt. Neben einigen hochwertigen asiatischen Aktien bieten sich Anlagechancen auch in den Branchen Energie und Technologie. So konnten wir in Positionen, deren Kurs deutlich gestiegen war, Gewinne mitnehmen. Der Verkaufserlös aus diesen Gewinnmitnahmen wurde in Titel investiert, die der Markt derzeit vernachlässigt. Auf diese Weise haben wir das Risikoprofil unserer Fonds gesenkt, ohne dabei die Asset Allocation grundsätzlich zu verändern.
Zu berücksichtigen ist, dass antizyklisches Handeln einen ausreichend langfristigen Anlagehorizont erfordert, weil diese Form des Investierens darin besteht, Werte zu akquirieren, die nicht in der Gunst der Mehrheit der Anleger stehen. Genau aus diesem Grund ist ihre Bewertung ja attraktiv. Es wäre jedoch illusorisch zu denken, dass diese Mehrheit ihre Meinung ändert und den Kurs einer Anlage wieder steigen lässt, unmittelbar, nachdem wir sie gekauft haben. Im Gegenteil: dieser Kurs wird oft noch weiter sinken und zeitweilig sogar die Wertentwicklung eines Portfolios belasten (uns aber zugleich die Möglichkeit geben, die Position zu erhöhen). Das Schicksal eines Contrarian-Anlegers besteht allgemein darin, zu früh zu kaufen (und zu verkaufen). Gut Ding will eben Weile haben.
BLI - Banque de Luxembourg Investments S.A. ist die unabhängige Fondsmanagement- und Kapitalanlagegesellschaft der Banque de Luxembourg. In ihr sind die Analyse- und Management-Kompetenz der Luxemburger Privatbank gebündelt. BLI verwaltet und vertreibt eine Palette von fast 30 Investmentfonds der Banque de Luxembourg mit Schwerpunkt auf der Vermögensverwaltung. Die Assets under Management betragen 10,57 Milliarden Euro (Stand: 31.07.2015).
Die Banque de Luxembourg ist seit über 90 Jahren einer der führenden Vermögensverwalter im Großherzogtum Luxemburg. Die Privatbank verfügt über 850 Mitarbeiter und hat sich auf die Bereiche Vermögensverwaltung, Vermögensübertragung, Private Banking und Philanthropie spezialisiert.
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