(ots) - Gesetzlich Versicherte sollen nicht länger als
vier Wochen auf einen Facharzttermin warten müssen - dafür sollen die
neuen Terminservicestellen sorgen, die Bundesgesundheitsminister
Hermann Gröhe in sein jüngstes Reformgesetz geschrieben hat. Doch die
niedergelassenen Ärzte in Deutschland sind sich sicher: Für
Kassenpatienten wird sich dadurch kaum etwas ändern. Auch werden die
meisten Praxen keine zusätzliche Termine für die Servicestellen
anbieten können. Das geht aus einer Ärzteumfrage hervor, für die der
Hamburger Ärztenachrichtendienstes (änd) insgesamt 10.000 Ärzte
angeschrieben hatte.
Im Gesamturteil zeigen die Daumen der meisten Ärzte eindeutig nach
unten: 89 Prozent der Umfrageteilnehmer sind der Meinung, dass die
Regierung die Finger von der neuen Terminregelung hätte lassen sollen
- sie mache keinen Sinn. Nur 6 Prozent der Ärzte sehen in den bei den
Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) bis zum Jahresende
einzurichtenden Terminservicestellen eine positive Maßnahme im Sinne
einer bessern Patientenversorgung.
Auf die Frage, ob die Servicestellen den gesetzlich Versicherten
einen schnelleren Zugang zur ambulanten fachärztlichen Behandlung
ermöglichen können, zeigen sich sowohl Haus- also auch Fachärzte
skeptisch. 82 Prozent der Hausärzte gaben an, dass es ihrer Meinung
nach keine oder kaum eine Änderung geben wird, 87 Prozent der
Fachärzte denken ebenso. Nur 9 Prozent (Hausärzte) beziehungsweise 6
Prozent (Fachärzte) der Umfrageteilnehmer prophezeien kürzere
Wartezeiten auf einen Facharzttermin.
Zusätzliche Termin-Kapazitäten für die neuen Servicestellen wollen
oder können nur 3 Prozent der Fachärzte anbieten. Immerhin 55 Prozent
erklärten jedoch, dass sie den über den neuen Weg vermittelten
Patienten normale freiwerdende Termine in ihrer Praxis anbieten
werden. 31 Prozent betonten dagegen, dass sie für diese Patienten
überhaupt keine Kapazitäten mehr haben und 8 Prozent wollen die
Servicestellen komplett boykottieren - selbst wenn das Wartezimmer
leer ist.
Zweifel haben die Ärzte offenbar an der Kompetenz der
Terminservicestellen selbst, die zu Beginn des nächsten Jahres in
jedem Bundesland ihre Arbeit aufnehmen sollen: Dem Gröhe-Gesetz
zufolge gibt es Ausnahmefälle, bei denen die Terminservicestelle die
Vier-Wochen-Frist für einen Facharztbesuch nicht einhalten müssen.
Die Rede ist von "verschiebbaren Routineuntersuchungen und
Bagatellerkrankungen sowie weiteren vergleichbaren Fällen". Doch
können die Mitarbeiter eines Callcenters die Anrufer danach
sortieren? Nein, sind 80 Prozent der Ärzte überzeugt - dies könne
kein Mitarbeiter einer Servicestelle am Telefon leisten. Lediglich 12
Prozent halten das für möglich, wenn die Mitarbeiter entsprechende
Richtlinien an die Hand bekommen.
Interessant auch die Umfragewerte über die Zahl der mit Patienten
vereinbarten Termine, die entweder gar nicht oder nicht rechtzeitig
abgesagt werden: 86 Prozent der Umfrageteilnehmer erleben dies
mindestens einmal wöchentlich - mehr als die Hälfte davon sogar
täglich. Die Frage, ob es für Patienten finanzielle Folgen haben
sollte, wenn ein nicht wahrgenommener Termin gar nicht oder zu spät
abgesagt wird, beantworteten 71 Prozent mit "Ja, das wäre
angebracht". 19 Prozent halten das dagegen für Unsinn.
Für die vom 05. bis zum 10. August 2015 laufende Umfrage wurden
10.000 nach dem Zufallsprinzip ausgewählte Mitglieder des
Ärztenetzwerks änd per Mail angeschrieben. Es beteiligten sich 1.072
niedergelassene Ärzte (219 Hausärzte und 853 Fachärzte) an der
Online-Befragung.
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