(ots) -
Sommer, das bedeutet für die meisten Menschen, möglichst viel Zeit
im Freien zu verbringen. Und irgendwie verbinden sie damit auch ein
wenig mehr Freiheit. Sie wollen im Garten, auf dem Balkon und auf der
Terrasse all das tun, worauf sie in der kalten Jahreszeit verzichten
mussten. Doch dem Freiheitsdrang setzt die Justiz manchmal Grenzen.
Wenn die Belange anderer betroffen sind, dann müssen die eigenen
Interessen zurücktreten.
Diese Extra-Ausgabe des Infodienstes Recht und Steuern der LBS
stellt Urteile deutscher Gerichte vor, in denen es um das Thema
Garten und Balkon geht. Es zeigt sich dabei, dass die Richter
durchaus flexibel denken. Mal räumen sie den Entfaltungswünschen der
Gartenfreunde den Vorrang ein, mal betonen sie den Schutz der
Nachbarn.
Ein steinerner Findling auf einer Rasenfläche kann vielerlei
Funktionen haben. Er kann als Zierde gedacht sein, er kann aber auch
das unerwünschte Parken von Autos verhindern. Letzteres hatten die
Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft im Sinn. Sie
beschlossen mehrheitlich, aber gegen den Willen eines Eigentümers,
zwei bis drei stattliche Findlinge aufstellen zu lassen. Das durften
sie allerdings nach Ãœberzeugung des Amtsgerichts Oberhausen
(Aktenzeichen 34 C 94/12) gar nicht. Denn solch eine Aktion geht weit
über eine bloße gärtnerische Gestaltung hinaus. Sie stellt eine
bauliche Veränderung dar und bedarf einer einstimmigen
Beschlussfassung.
Vögel können große Schäden anrichten, wenn sie die geplante
Obsternte einfach so wegfressen. Besonders schlimm ist das bei
landwirtschaftlichen Betrieben, weswegen sich die Verantwortlichen
immer neue Maßnahmen zum Verscheuchen der Tiere mit akustischen und
pyrotechnischen Anlagen einfallen lassen. Doch es ist zumindest dann
Vorsicht geboten, wenn in der Nachbarschaft ein Wohngebiet liegt. In
diesem Falle müssen sich die Landwirte nach Überzeugung des
Verwaltungsgerichtshofes Baden-Württemberg (Aktenzeichen 10 S
1663/11) zurückhalten. Größere Lärmeinwirkungen sind den Anwohnern
nicht zumutbar, die Geräuschentwicklung muss eingedämmt werden.
Zu den vergleichsweise harmlosen Sommerhobbys von Mietern gehört
es, auf dem Balkon Blumen zu pflanzen. Besonders bieten sich dazu
spezielle Blumenkästen an, die an der Außenseite der Brüstungen
angebracht (eingehängt) werden. Ein Wohnungseigentümer wollte das
nicht dulden. Er bestand auf einer Entfernung, da diese Blumenkästen
ein Sicherheitsrisiko für Passanten darstellten. Das Amtsgericht
Charlottenburg (Aktenzeichen 235 C 169/11) wollte sich dieser Meinung
nicht anschließen. Die Einrichtung mache einen stabilen Eindruck.
Außerdem zeige die Lebenserfahrung, dass in Berlin nicht ständig
Menschen und Sachen wegen herabfallender Balkonkästen gefährdet
würden.
Aber wie sieht es mit einer Lichterkette aus, die - von außen gut
sichtbar - an einem Balkon angebracht wird? Ãœberschreitet ein Mieter
dadurch die Grenzen des Zulässigen und trägt er dazu bei, dass eine
Immobilie als Ganzes plötzlich auf Außenstehende unseriös wirkt? Das
Amtsgericht Eschweiler (Aktenzeichen 26 C 43/14) bestritt das. Es sei
inzwischen nicht nur zur Weihnachtszeit eine weit verbreitete Sitte,
solche Lichter am Balkon anzubringen. Die Kette durfte trotz des
Widerspruchs des Eigentümers bleiben.
Nicht ganz so einfach ist es, wenn ein Mieter in den Sommermonaten
plötzlich einen Pavillon auf seiner Terrasse aufstellt. Das bewegt
sich nach Ansicht der Justiz nicht mehr im Rahmen des Ãœblichen. Die
Auswirkungen auf das Erscheinungsbild der Immobilie seien erheblich,
so das Amtsgericht Spandau (Aktenzeichen 6 C 281/12). Deswegen hätte
der Mieter vorher fragen müssen. Das sei ähnlich wie bei einem
weithin sichtbaren Katzennest, das den optischen Eindruck eines
Anwesens verändere.
Der Gestaltungsdrang bei den Eigentümern von Sondernutzungsflächen
reicht manchmal sehr weit. So errichtete ein Betroffener eine massive
Steinmauer in dem Teil des Gartens, für den er zuständig war. Das
gefiel den Miteigentümern ganz und gar nicht. Sie vertraten die
Meinung, sie hätten zumindest vorher um eine Zustimmung gebeten
werden müssen. Das sah auch das Landgericht Frankfurt/Main
(Aktenzeichen 2-13 S 82/12) so. Hier handle es sich - sogar auf einer
Sondernutzungsfläche - um eine erhebliche Veränderung des
Erscheinungsbildes einer gesamten Immobilie. Von üblicher
Gartengestaltung könne man nicht mehr sprechen.
Die Erdgeschossbewohner (und damit meistens auch
Sondernutzungsberechtigte für bestimmte Gartenteile) können aber auch
nicht für alles verantwortlich gemacht werden. So forderte ein im
ersten Obergeschoss wohnender Eigentümer, der Eigentümer im
Erdgeschoss müsse eine störende Kirschlorbeerhecke entfernen. Doch
der weigerte sich. Er habe diese Hecke weder gepflanzt noch sonst
irgendetwas mit ihr zu tun. Das Landgericht Hamburg (Aktenzeichen 318
S 130/12) konnte auch nicht recht erkennen, auf welcher
Rechtsgrundlage nun ausgerechnet der Beklagte dazu gezwungen werden
könnte, den Lorbeer zu entfernen. Es handle sich hier offensichtlich
um Gemeinschaftseigentum, für das dann auch die Gemeinschaft
zuständig sei.
Die Errichtung von Gartenhäusern und Freisitzen ist in vielen
Situationen durchaus erlaubt. Doch stößt auch hier der
Expansionsdrang mancher Eigentümer/Mieter auf Grenzen. Ein größeres
Gartenhaus von mehr als 30 Kubikmetern Rauminhalt ist nach
Überzeugung des nordrhein-westfälischen Verwaltungsgerichts
Gelsenkirchen (Aktenzeichen 6 K 3801/11) zu viel des Guten. Es hätte
zuvor auf ordnungsgemäßen Wegen beantragt werden müssen. Weil das
nicht geschehen war, entschieden die Richter auf einen Abriss. Die
Anlage sei so, wie sie sich jetzt darstelle, ohnehin kaum
genehmigungsfähig.
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