(ots) - DBU fordert Verringerung des Ausstoßes von
Treibhausgasen aus Kohle und Öl - Hilfe durch neue Ansätze
"Wir müssen den Ausstoß von Treibhausgasen aus fossilen
Brennstoffen rasch und stark verringern und natürliche Lebensräume
und Flussauen besser schützen. Starkregenereignisse wie 2014 in Gera
und Münster oder gerade in Bad Essen, Melle oder Oelde zeigen, dass
in unseren verdichteten und kompakt gebauten Städten die Gefahr von
Überflutungen ständig wächst. Auch Flüsse und Natur brauchen wieder
mehr Raum, um einen effektiven Hochwasser- und Naturschutz
verwirklichen zu können." - Mit diesen Worten unterstreicht Dr.
Heinrich Bottermann, Generalsekretär der Deutschen Bundesstiftung
Umwelt (DBU), die Notwendigkeit, "die Folgen des Klimawandels jetzt
und für zukünftige Generationen besser zu managen." Eine Studie des
Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung habe gerade bestätigt,
dass der Aufwärtstrend zuvor nie dagewesener Starkregen zum Anstieg
der globalen Mitteltemperatur passe, die von Treibhausgasen aus dem
Verbrennen von Kohle und Öl verursacht werde.
Die durch Starkregen mit großen Niederschlagshöhen und schweren
Überflutungen entstehenden Schäden stellen einzelne Kommunen vor
große Probleme. Eine Schwierigkeit sei, dass sich lokale Starkregen
räumlich und zeitlich wesentlich schwieriger vorhersagen ließen als
Flusshochwasser. Das von der DBU fachlich und finanziell mit knapp
210.000 Euro geförderte interdisziplinäre Modellprojekt "MURIEL"
(Multifunktionale urbane Retentionsräume: von der Idee zur
Realisierung) der Firma MUST Städtebau (Köln) und des Fachgebiets
Siedlungswasserwirtschaft der Technischen Universität Kaiserslautern,
des Forschungsinstituts für Ökosystemanalyse und -bewertung gaiac
(Aachen), der Beratenden Ingenieure der Firma Dahlem (Darmstadt) und
der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall
(Hennef) setzt an diesem Punkt an: Kommunen sollen für die Vorsorge
gegen Sturzfluten fit gemacht und ausgewählte kommunale Verkehrs- und
Freiflächen multifunktional für gezielte Überflutungen ausgerichtet
und gestaltet werden.
Dazu gehören vor allem frühzeitige Anpassungsmaßnahmen. Eine
Möglichkeit sei, ausreichend große Rückhaltflächen für
Extremniederschläge zu schaffen. An dem Projekt sind die drei
Beispielkommunen Karlsruhe, Köln und Wesseling beteiligt.
Die Wasserwirtschaft und die Stadtentwässerung Bremens
beschäftigten sich 2012 bis 2014 im Projekt
"KLimaAnpassungsStrategie" (KLAS) mit den Folgen extremer
Regenereignisse für Bremen und entwickelten erste Ansätze, um den
Umgang mit Ãœberflutungen im Sinne eines Risikomanagements bei
öffentlichen Planungsverfahren zu verbessern. Das vom
Bundesumweltministerium geförderte Projekt lieferte Grundlagendaten
aus Niederschlagsabflussanalysen, die aufzeigten, welche Stadtgebiete
zunehmend von Starkregenereignissen betroffen sein können. Im neuen
DBU-geförderten Vorhaben der Dr. Pecher AG (Erkrath) sollen nun diese
Grundlagen weiterentwickelt und für die Praxis verfügbar gemacht
werden. So soll eine neue Methodik entwickelt werden, um
stadtgebietsweit unter anderem auch auf Basis geographischer
Informationssysteme Analyseergebnisse für städtische Planungsprozesse
bereitzustellen.
Die Firma CADFEM aus Grafing will mit fachlicher und finanzieller
Unterstützung der DBU (211.000 Euro) ein neues dreidimensionales
Simulationsverfahren als praxistaugliches Werkzeug entwickeln, um
besseres Hochwassermanagement in Kommunen zu ermöglichen. Es soll vor
einem Starkregenereignis detaillierten Szenarien berechnen, die an
den tatsächlichen Ablauf anpassen, innerhalb kurzer Zeit
Entscheidungshilfen zur Planung von Abwehrmaßnahmen liefern und neues
Wissen für zukünftige Prognosen berücksichtigen. Bottermann: "Das
Vorhaben besitzt besondere Relevanz im Hinblick auf
Überflutungssimulationen in städtischen Gebieten. Mit Blick auf das
Vermeiden enormer Schäden in der Umwelt, an Bausubstanzen und von
Gesundheitsgefahren stellt es eine signifikante Erweiterung der
Möglichkeiten des Hochwasser-Risikomanagements im städtischen Raum
dar."
Vor dem Hintergrund ihrer eigenen Förderarbeit begrüßt die DBU die
Entscheidung der Bundesregierung, in den nächsten drei Jahren für
einen besseren Hochwasserschutz 300 Millionen Euro bereitzustellen.
Auch den Wechsel weg von einer ausschließlichen Fokussierung auf den
Deichbau hin zum natürlichen Hochwasserschutz begrüßt die DBU.
Einfach nur die Deiche weiter zu erhöhen, reicht laut Bottermann
nicht aus. Das Wasser gelange umso schneller an die Unterläufe der
Flüsse, wo die zerstörerische Wirkung der Fluten noch gravierendere
Ausmaße annehmen würde. "Die Struktur der Flüsse wird seit
Jahrhunderten durch Landwirtschaft, Schifffahrt, Wasserkraftnutzung
und Bebauung stark beeinträchtigt. In Deutschland sind mehr als die
Hälfte aller Bäche und Flüsse einschließlich ihrer Auen stark oder
sogar vollständig verändert. Sie wurden begradigt, durch Wehranlagen,
Wasserkraftwerke und Schleusen unterbrochen und bebaut - eine fatale
Folge für Opfer von Hochwasserkatastrophen, aber auch für die
Lebewesen in und am Wasser", sagt Bottermann.
Schon in der Vergangenheit hätten Hochwasser nach lang anhaltenden
Niederschlägen als Folge des Klimawandels zugenommen, Infrastruktur
zerstört und Menschen obdachlos gemacht. Deshalb sei die DBU im
Hochwasser- und Naturschutz tätig und sehe dort auch weiterhin
dringenden Handlungsbedarf. Bottermann: "Grund und Boden sind
mittlerweile das knappste Gut. Es ist überfällig, dass land- und
forstwirtschaftliche Flächennutzung, die Flächeninanspruchnahme durch
Besiedlung und der Erhalt der Biodiversität und damit der
Flächenanspruch des Naturschutzes als ein zusammenhängendes Problem
bearbeitet werden. Sektorale Betrachtungen und Lösungsansätze sind
nicht zielführend."
Die Stiftung mit Sitz in Osnabrück hat mehrere nationale und
internationale Projekte an der Donau in Bayern, Ungarn, Polen,
Rumänien und Bulgarien gefördert. Obwohl besonders an der mittleren
und unteren Donau großflächige Auenlebensräume durch Landwirtschaft,
Fischerei und Forstwirtschaft verlorengegangen seien, gebe es dort
noch bemerkenswerte ursprüngliche Feuchtlebensräume für bedrohte
Tier- und Pflanzenarten. Bottermann: "Modellhafte Projekte wie eine
Deichrückverlegung an der Mittleren Oder in Polen zeigen, dass eine
Revitalisierung von Auen und Renaturierung von Fließgewässersystemen
wertvolle Lebensräume erhalten und wiederherstellen können.
Gleichzeitig schützen Revitalisierungsmaßnahmen und Pflege von
Überflutungsflächen vorbeugend vor Hochwasser."
Auch der Wiederanschluss von Altarmen ist neben dem Fließgewässer-
und Artenschutz ein wichtiges Instrument für einen am Naturschutz
orientierten Hochwasserschutz. Bottermann nennt ein aktuelles
Renaturierungsprojekt der Stadt Mannheim, das die DBU mit 225.000
Euro fördert: "Ein ehemaliger Seitenarm des Rheins, der sogenannte
Schlauchgraben im Südwesten der Stadt, soll wieder an den Fluss
angebunden werden. Die Maßnahmen sollen den Schlauchgraben auch für
Amphibien wie Frösche, Kröten und Molche aufwerten, um ihren knapp
gewordenen Lebensraum wieder zu erweitern."
Während dieser natürliche Hochwasserschutz Überflutungen von
vornherein verhindern soll, muss im akuten Fall von Hochwasser aber
wohl weiterhin auf technischen Hochwasserschutz zurückgegriffen
werden. Mit der sogenannten AquaWand hat die Firma Aquaburg aus
Münster mit Unterstützung der DBU einen intelligenten Objektschutz
entwickelt, der innerhalb von 15 Minuten aufgebaut werden kann. "Eine
gegen Hochwasser und Treibgut sehr widerstandsfähige Schutzwand aus
Kunststoffplane und Stahlseilnetz wird an den kritischen Stellen
praktisch unsichtbar unter einer Abdeckung in einer Bodenrinne
installiert. Im Falle eines drohenden Hochwassers kann die
Konstruktion ohne Transportlogistik schnell und sicher aufgestellt
werden", erklärt Bottermann. Das System wurde von der TU
Hamburg-Harburg nach internationalen Prüfstandards zertifiziert.
Weitere Vorteile dieser Schutzwand seien ihre Anerkennung durch
Schadensversicherungsgesellschaften und ein geringer Wartungsaufwand.
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