(ots) - Internet begünstigt die Etablierung von
"Gegenöffentlichkeiten" +++ OBS-Studie beschreibt "kommunikative
Vollversorgung" jenseits des medialen Mainstreams +++ Grenzen
traditionelle Medien zu viele Meinungen aus? +++ Ist der Mainstream
zu eng geworden? +++
"Querfront - Karriere eines politisch-publizistischen Netzwerks"
heißt eine aktuelle Recherche-Studie der Otto Brenner Stiftung
(http://ow.ly/RbeaY). Autor der Untersuchung ist der Publizist und
Medienkenner Dr. Wolfgang Storz. Die OBS-Kurzstudie will die These
belegen, dass es publizistisch und politisch aktiven Gruppen heute
sehr schnell und mit wachsenden Erfolgen gelingen kann, jenseits der
klassischen Massenmedien und zudem in streitbarer Abgrenzung zu
ihnen, eine "eigene Öffentlichkeit" zu schaffen. Die Studie erkundet
diese These anhand von Akteuren, die eigenständig für sich arbeiten,
jedoch innerhalb eines formlosen Netzwerkes bei Bedarf und nach
Interesse auch zusammenwirken. Erst der Blick auf das gesamte Angebot
dieser Akteure zeigt deren publizistische Leistungsfähigkeit:
Zusammen bieten sie ihrem Publikum eine vielfältige kommunikative
Vollversorgung mit Inhalten und Deutungen, die mit dem prägenden
Mainstream so gut wie nichts zu tun haben.
"Die medialen Veränderungen, vor allem angetrieben von der
digitalen Revolution, sind grundlegend und betreffen viele Aspekte",
heißt es im Vorwort der Stiftung zu der Studie. Ein Gesichtspunkt
habe eine besondere Rolle gespielt für das Interesse der Stiftung,
diese Studie auf den Weg zu bringen, sagt OBS-Geschäftsführer Jupp
Legrand. "Je mehr politische Akteure oder aktive Einzelpersonen ohne
Filter oder Vermittlung durch Dritte ihr Publikum direkt im Netz
suchen und je erfolgreicher sie dabei sind, umso stärker zerfällt
das, was eine funktionierende Demokratie so dringend benötigt: eine
gemeinsame Öffentlichkeit". Dass die traditionellen Medien, die sich
der Aufgabe der Qualitätssicherung und der Orientierung zu stellen
haben, kontinuierlich nicht nur an Auflage und Reichweite, sondern
bei seinem breiten Publikum auch an Reputation und Vertrauen
verlieren, wirkt vor diesem Hintergrund noch schwerer.
Diese Tendenzen helfen - so heißt es weiter im Vorwort zur Studie
- dem hier untersuchten, letztlich kleinen und von wenigen Personen
getragenen Netzwerk, ein quantitativ beachtliches und ständig
wachsendes Publikum zu erreichen und zu halten. Ein Netzwerk, das
sich mit Positionen auszeichnet, die einfach gestrickt sind,
populistische Züge tragen und klare Fronten markieren: Volk gegen
Eliten, Wahrheit gegen Lügenpresse, für die Nation und gegen die EU,
gegen die USA und für Putin.
Autor Wolfgang Storz verfolgt mit der "Recherche-Studie" das Ziel,
einige dieser politisch-publizistischen Akteure vorzustellen, die
nicht nur von Massenmedien wahlweise als Antisemiten,
Rechtspopulisten oder Verschwörungstheoretiker charakterisiert und
ausgegrenzt werden. Storz kommt zu dem Ergebnis, dass diese "wiederum
diese Ausgrenzung offensiv und mit Erfolg als Moment der
Identitätsstiftung, Mobilisierung und Aufmerksamkeitssteigerung
nutzen".
Die Akteure handeln für sich, sind jedoch auch als ein
publizistisch-politisches Netzwerk anzusehen, lautet ein weiterer
Befund des Autors. Es trägt - so Storz weiter - unter anderem
wesentlich dazu bei, "die Grenzen zwischen traditionell linken und
rechten Haltungen zu verwischen. Politisch verorten sich die Akteure
überwiegend jenseits klassischer Rechts-links-Schemata". Das in der
Studie porträtierte Netzwerk ist wiederum nur Teil eines sehr viel
umfassenderen Milieus.
Das Netzwerk eint inhaltlich eine politisch-kulturelle Haltung,
die einen möglichst homogenen Nationalstaat und tradierte
Lebensweisen wertschätzt und demokratisch-liberale
Gesellschaftsentwürfe ablehnt. Liberale Prinzipien wie Pluralismus
und Minderheitenrechte werden bestenfalls ignoriert, zumeist jedoch
explizit abgewertet. Die Untersuchung kommt zu dem Ergebnis, dass das
Netzwerk wenig Interesse daran zu haben scheint, mit seinen Inhalten
in den traditionellen Massenmedien präsent zu sein. Das wichtigste
Ziel sei es vielmehr, die jeweils eigene Öffentlichkeit jenseits der
klassischen Medienwelt möglichst stark zu machen.
Aufgebaut worden sei über Jahre hinweg - durch Einzelne oder im
Zusammenwirken - ein stabiles publizistisch-politisches
Medien-Angebot, das dazu in der Lage ist, die für die Akteure
bedeutsamen gesellschaftspolitischen Entwicklungen aktuell mit
handwerklich-technisch professionell hergestellten crossmedialen
Angeboten zu begleiten und eigene Deutungen anzubieten. Damit böte
dieses Netzwerk in Gänze gesehen dem potenziellen Publikum inzwischen
eine kommunikative Vollversorgung, bestehend aus täglichen
Online-Diensten, Newslettern, Blogs, Videos, Internet-TV, einem
Monatsmagazin, Büchern, Veranstaltungen, Konferenzen bis hin zu
Kundgebungen und Demonstrationen. Die Deutungswelten, die mit den
Inhalten, die den herrschenden Mainstream prägen, so gut wie nichts
zu tun haben, stoßen auf steigendes Interesse. Bei der Herstellung
der Produkte setzen die Akteure - so eine weitere Beobachtung - auf
die Mechanismen der Personalisierung, Dramatisierung, Zuspitzung und
Skandalisierung - neben "Perspektivenarmut" seien das aber auch alles
Kritikpunkte, die sie wiederum den klassischen Mainstream-Medien
vorhalten.
Wolfgang Storz: "Querfront - Karriere eines
politisch-publizistischen Netzwerks", OBS Arbeitspapier Nr. 18,
Download: http://ow.ly/Rbepq
Pressekontakt:
Jupp Legrand
OBS-Geschäftsführer
Telefon: 069 - 6693 2810
E-Mail: info(at)otto-brenner-stiftung.de
Autor:
Wolfgang Storz
Mobil: 0172 3146468
E-Mail: mail(at)wolfgangstorz.de