(ots) - Es mag paradox klingen, aber der Rücktritt von
Alexis Tsipras in Athen ist ein Zeichen der Stärke. Der griechische
Ministerpräsident bittet sein Volk um ein Mandat für jene
schmerzhaften Umbau- und Sparmaßnahmen, die das dritte Hilfspaket der
EU dem Krisenland auferlegt. Den Wählern präsentiert sich Tsipras nun
als Reformer, nachdem er im Januar noch eine radikale Abkehr vom
Sparkurs versprochen hatte. Das ist eine atemberaubende Kehrtwende,
und es bleiben nach den Eskapaden in Brüssel im Frühjahr Zweifel, ob
Tsipras es wirklich ernst meint. Dennoch kann er nach allen Umfragen
bei der Wahl am 20. September mit einem starken neuen
Regierungsauftrag rechnen. Und es ist von Tsipras konsequent, vor die
Wähler zu treten, nachdem ihm bei allen wichtigen Entscheidungen
Teile der eigenen Fraktion die Gefolgschaft verweigert haben. So
vollzieht er den Bruch mit dem linken Flügel seiner Syriza-Bewegung.
Dabei erweist sich Tsipras ein weiteres Mal als Meister der Taktik.
Für ihn gäbe es keinen besseren Zeitpunkt, die Machtfrage zu stellen
- wie er es schon mit dem Referendum Anfang Juli getan hat.
Griechenlands Gläubiger müssen die Neuwahl nicht fürchten. Wer die
vereinbarten Reformen in Athen umsetzen will, braucht ein starkes
Mandat, und zwar am Beginn des schwierigen Wegs. Nur Tsipras ist es
zuzutrauen, das Programm ohne allzu große innenpolitische
Verwerfungen umzusetzen - wahrscheinlich mit einem neuen
Koalitionspartner. Die Wochen des politischen Stillstands, die es in
Athen bis zur Wahl der neuen Regierung geben wird, sind deshalb zu
verschmerzen.
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