(ots) - Brückenschlag Barmherzigkeit
Vereinnahmen lässt er sich nicht: Papst Franziskus sandte gestern
zwei Botschaften aus - in unterschiedliche Richtungen. Der Inhalt war
jeweils derselbe: Barmherzigkeit. Ungeachtet der ungelösten Fragen
zwischen Rom und der abtrünnigen traditionalistischen
Piusbruderschaft sollen deren Priester im Heiligen Jahr im Namen der
Weltkirche allen Gläubigen vollständigen Sündenerlass gewähren
dürfen. Mit diesem Zugeständnis geht Franziskus einen Schritt auf die
erzkonservative Gemeinschaft zu. Barmherzigkeit gegenüber den
Gläubigen stellt der Papst über Kirchenstreit und Dogmen. Das gilt
auch in Bezug auf Frauen, die nach der katholischen Lehre die schwere
Verfehlung einer Abtreibung begangen haben. Auch sie sollen nicht
ausgeschlossen bleiben. Auffallend einfühlsam schreibt Franziskus vom
"großen Druck", der sie zu dieser Entscheidung geführt habe und von
der "existenziellen und moralischen Tragödie", mit der sie nach einem
Schwangerschaftsabbruch oft konfrontiert seien. Abkanzelung und
Ausgrenzung finden sich in diesen Sätzen nicht. Der Zeitpunkt der
Botschaft zum Heiligen Jahr, das am 8. Dezember beginnt, ist mit
Bedacht gewählt. Wenige Wochen vor der im Oktober beginnenden
Familiensynode in Rom zeichnet das Kirchenoberhaupt damit den Weg
auf, der innerkirchlichen Richtungsstreit zum Beispiel über den
Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen oder homosexuellen
Menschen überbrücken könnte: Der Maßstab der Barmherzigkeit, mit dem
das Seelenheil der Gläubigen über die harte Kirchenlehre gestellt
wird. Offen ist, ob dem Papst dabei viele Bischöfe folgen.
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