(ots) - Energiewende-Index von McKinsey zeigt:
Verbesserungen auch bei Anbindung der Windparks - Zentrale Ziele der
Energiewende aber weiterhin unerreichbar: CO2-Ausstoß und Kosten
durch EEG-Umlage deutlich zu hoch
Der positive Trend, den der Energiewende-Index Deutschland 2020
seit seiner Einführung im Jahr 2012 verzeichnet, setzt sich fort. Von
den 15 Indikatoren, die halbjährlich von der Unternehmensberatung
McKinsey & Company zum Status der Energiewende untersucht werden,
liegen aktuell nur noch sechs deutlich hinter Plan zur
Zielerreichung. Vor einem halben Jahr waren es noch sieben. Erstmals
liegt der Indikator für den Offshore-Wind-Ausbau im Plan. Auch der
Indikator, der die Anbindung der Offshore-Windparks erfasst, hat sich
verbessert. Deutlich hinter den von der Politik gesetzten Zielen
verbleiben allerdings die zentralen Indikatoren CO2-Ausstoß und
EEG-Umlage. Die Aussichten auf eine Trendwende bis 2020 stehen bei
diesen beiden Indikatoren nachhaltig schlecht. Beim CO2-Ausstoß
müssten noch Einsparungen in Höhe von 181 Millionen Tonnen (Mt)
erreicht werden. "Um dieses Ziel für 2020 zu erreichen, müssten sich
ab sofort die durchschnittlichen jährlichen CO2-Minderungsraten
gegenüber dem Zeitraum 2000 bis 2014 in etwa vervierfachen", stellt
McKinsey-Direktor Thomas Vahlenkamp fest, der den Index entwickelt
hat.
Auch für die EEG-Umlage ist der Ausblick negativ: Nach Prognosen
der Initiative Agora Energiewende wird die Umlage bis 2023 von heute
6,17 ct/kWh auf 7 bis 8 ct/kWh ansteigen - vor allem getrieben durch
den Offshore-Wind-Ausbau. Das ursprünglich von der Politik
formulierte EEG-Umlageziel von 3,5 ct/kWh bleibt damit in weiter
Ferne. Thomas Vahlenkamp: "Die Kosten für den Stromverbraucher werden
weiter steigen." Weiterhin ebenfalls nicht im Plansoll sind die
Kosten für Netzeingriffe sowie trotz leichter Verbesserungen für den
Haushalts- und Industriestrompreis sowie den Primärenergieverbrauch.
Zudem verschlechterte sich der Indikator "Ausbau Transportnetze";
hier ergibt sich aktuell nach der Analyse ein "leichter
Anpassungsbedarf".
Die Ergebnisse im Detail
1. Indikatoren mit realistischem Tempo in der Zielerreichung
- Offshore-Wind-Ausbau: Die installierte Gesamtkapazität von
Offshore-Windparks ist auf 2,8 GW angestiegen. Dadurch
verbessert sich der Indikator im Vergleich zur vorigen Erhebung
deutlich von 79% auf 170%. Der Indikator hinkt damit erstmals
nicht mehr hinterher.
- Solar-PV-Ausbau: Der Indikator ist seit Ende 2012 kontinuierlich
gesunken - aber auf sehr hohem Niveau. Durch den langsameren
Zubau auf aktuell rund 100 MW im Monat schrumpft die
Zielerreichung zwar um 7 Prozentpunkte, bleibt aber mit 124 %
stabil realistisch. Infolge der hohen Zubauraten früherer Jahre
liegt die installierte Kapazität mit 38,8 GW (Juni 2015) über
dem aktuell zu erreichenden Zielwert von 32,5 GW.
- Stromverbrauch: Im zuletzt publizierten Index vom Frühjahr war
dem Stromverbrauch des Jahres 2014 ein erster Schätzwert von 576
TWh zugrunde gelegt worden. Dieser wurde nun auf 579 TWh leicht
nach oben korrigiert. Damit bleibt der Verbrauch aber unter dem
Zielwert von 584 TWh, die aktuelle Zielerreichung liegt damit
bei 118 %.
- Arbeitsplätze in stromintensiven Industrien und erneuerbaren
Energien: Die Anzahl der Beschäftigten in energieintensiven
Industrien hat sich geringfügig auf 1,6 Millionen erhöht. Das
gesetzte Ziel von 1,59 Millionen Stellen wird damit leicht
übertroffen (Zielerreichung 103 %). Auch die Zahl der
Arbeitsplätze in erneuerbaren Energien blieb im
Halbjahresvergleich etwa konstant bei 371.400.
- Ausfall Stromversorgung. Nach den zuletzt veröffentlichten Daten
der Bundesnetzagentur betrug der für 2013 veröffentlichte
Messwert 15,3 Minuten nach 15,9 Minuten im Jahr 2012. Das Ziel
von maximal 17 Minuten wird damit weiterhin klar erreicht.
- Gesicherte Reservemarge. Aus den jüngsten verfügbaren Daten des
Berichts zur Leistungsbilanz der Transportnetzbetreiber lässt
sich eine Reservemarge von 12,9 % berechnen. Das bedeutet eine
deutliche Erhöhung gegenüber dem Vorjahreswert von 6,8 % und
damit eine konstant realistische Zielerreichung.
2. Indikatoren mit leichtem Anpassungsbedarf
- Anbindung Offshore-Windparks: Im vergangenen Halbjahr sind
weitere sechs Offshore-Windparks mit insgesamt 1,8 GW
angeschlossen worden. Damit hat sich die installierte Leistung
innerhalb kürzester Zeit fast verdreifacht. Zurzeit ist nur noch
ein Offshore-Windpark nicht ans Stromnetz angebunden. Die
Zielerreichung des Indikators verbesserte sich dadurch auf
"leichter Anpassungsbedarf".
- Ausbau Transportnetze: Seit März entstanden 41 neue
Leitungskilometer - nur rund halb so viele wie geplant. Dadurch
entsteht bei diesem Indikator leichter Anpassungsbedarf. Da für
die Zukunft von weiteren Verzögerungen bei den Bauvorhaben
auszugehen ist, ist mittlerweile die Zielerreichung insgesamt in
Frage gestellt. Auch ist mit einem erheblichen Kostenanstieg zu
rechnen, wenn für den Netzausbau in Zukunft vermehrt Erdkabel
verwendet werden.
3. Indikatoren mit unsicherer Zielerreichung
- Ausstoß CO2-Äquivalent. Nach einem Anstieg 2013 sanken die
Emissionen 2014 wieder - nach jüngsten Schätzungen um 3,3% auf
920 Millionen Tonnen (Mt). Haupttreiber waren die milde
Witterung zu Beginn des Jahres 2014, auf die sich ca. 2%-Punkte
der Senkung zurückführen lassen, und der Rückgang der
Stromerzeugung aus Kohle. Die Zielerreichung des Indikators
bleibt im roten Bereich; Zielwert für 2020 sind 739 Mt.
- EEG-Umlage. Die EEG-Umlage ist zu Beginn 2015 gegenüber dem
Vorjahr von 6,24 auf 6,17 ct/kWh gesunken - zum ersten Mal seit
ihrer Einführung. Der Abstand zum Ziel von 3,5 ct/kWh, das die
Bundesregierung ausgegebenen hat, ist aber immer noch erheblich.
- Primärenergieverbrauch: Beim Verbrauch von Primärenergie wie
Kohle, Öl oder Erdgas wurden im vergangen Jahr durch
Effizienzgewinne Einsparungen in Höhe von rund 300 Petajoule
(PJ) erzielt (-2,2 %). Insgesamt verbessert sich der Indikator
um 15 Prozentpunkte, liegt aber immer noch bei nur 59 %
Zielerreichung. Um den für 2020 avisierten Wert von 11.454 PJ zu
erreichen, müssen noch weitere 2.024 PJ eingespart werden.
- Haushaltsstrompreise: Mit derzeit 29,3 ct/kWh liegen die
Haushaltsstrompreise in Deutschland noch immer 41,1 % über dem
Durchschnittspreis der westeuropäischen Länder, obgleich dieser
zuletzt leicht angestiegen war.
- Industriestrompreise: Die Preise für Industriekunden liegen mit
11,2 ct/kWh noch immer 19 % über dem EU-Durchschnitt, obgleich
sie ähnlich wie die Haushaltsstrompreise zuletzt um 0,4 ct/kWh
gesunken sind. Hauptgrund dafür dürfte der gefallene Börsenpreis
sein, der noch im Dezember 2014 bei 38 EUR/MWh lag und bis Juni
2015 auf rund 30 EUR/MWh fiel.
- Kosten Netzeingriffe. Die Kosten für Netzeingriffe sind zuletzt
auf 1,40 Euro/MWh fluktuierende Erneuerbare (Wind und Solar)
gesunken. Der Indikator bleibt allerdings im roten Bereich, da
1,00 Euro/MWh als Ziel zu erreichen gewesen wäre.
Hintergrund und Methodik
Der Energiewende-Index von McKinsey bietet alle sechs Monate einen
Überblick über den Status der Energiewende in Deutschland. Feedback
und Rückmeldung dazu sind ausdrücklich erwünscht und werden bei der
Aktualisierung des Index berücksichtigt, sofern es um öffentlich
zugängliche Fakten geht. Auf der Website von McKinsey besteht die
Möglichkeit, den Autoren zum Thema Energiewende Feedback zu geben.
Dort finden Sie auch einen detaillierten Überblick über den Index und
die untersuchten Indikatoren: www.mckinsey.de/energiewendeindex
Ãœber McKinsey
McKinsey & Company ist die in Deutschland und weltweit führende
Unternehmensberatung für das Topmanagement. 27 der 30 DAX-Konzerne
zählen aktuell zu den Klienten. In Deutschland und Österreich ist
McKinsey mit Büros an den Standorten Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am
Main, Hamburg, Köln, München, Stuttgart und Wien aktiv, weltweit mit
über 100 Büros in mehr als 60 Ländern.
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