(ots) - Die einen zieht es Richtung Afrika, die anderen
bleiben in Europa. Viele reisen gemeinsam, andere lieber allein. Alle
wollen nur eins: Deutschland verlassen! Der Süden lockt. Die ersten
Zugvögel versammeln sich jetzt, um sich auf den Weg zu machen. "Erst
im späten Herbst machen sich die Letzten auf die Reise, um dem
Nahrungsmangel im Winter bei uns auszuweichen. Insektenfresser wie
Rohr- und Laubsänger, Grasmücken und Schwalben finden nur im Frühjahr
und Sommer genug Futter. Sie würden in bevorstehenden Frostperioden
bei uns verhungern", erklärt Peer Cyriacks von der Deutschen Wildtier
Stiftung.
"Die meisten unserer heimischen Vogelarten sind Zugvögel - und
jede Art hat dabei ihre eigene Zugstrategie", erklärt Peer Cyriacks.
"Der Trieb zum Zug ist angeboren und muss nicht aktiv erlernt werden,
auch wenn die Flug-Strategien der einzelnen Arten höchst
unterschiedlich sind", so der Ornithologe. Einige Arten ziehen am
Tag, manche nur in der Nacht. "Es gibt Non-Stop-Flieger, die den
kürzesten Weg auch übers Meer nehmen; andere wieder lassen sich Zeit
und fliegen nur über Land." Dabei orientieren sich die Vögel auch an
Landmarken wie z .B. Flüssen. In erster Linie lassen sie sich durchs
Magnetfeld der Erde leiten. Spezielle Organe im Vogelauge machen das
Erdmagnetfeld für die Tiere sichtbar.
Trauerseeschwalben gehören zu den Frühfliegern. Sie haben sich
Ende August auf den Weg Richtung Afrika gemacht. Peer Cyriacks: "In
Holland legen sie am Ijsselmeer einen Zwischenstopp ein, um sich mit
Fisch die nötigen Fettreserven anzufressen." Nach gut zwei Wochen
setzen sie ihren Flug fort. Rund acht Wochen später erreichen sie
dann abgemagert ihr Ziel an der westlichen Atlantikküste Afrikas.
Rekordhalter unter den Greifvögeln ist die Wiesenweihe: Ein mit einem
Sender bestücktes Männchen schaffte einmal die rund 1.200 Kilometer
lange Strecke von Belgien ins spanische Bilbao an nur einem Tag!
Weitere Langstreckenflieger sind Weißstorch, Kuckuck, Nachtigall
oder die Küstenseeschwalbe. Auch der extrem seltene Schreiadler ist
ein Langstreckenflieger. Als Thermikflieger spart er im Gleitflug bis
zu 90 Prozent an Energie ein. Er nutzt die Aufwinde und kann so in
Höhen bis zu 2000 Metern etwa 100 km/h schnell werden. Schreiadler
fliegen paarweise. Die Jungvögel allerdings machen sich ganz allein
auf den Weg. Leider: Bei der Ãœberquerung von Syrien, dem Libanon und
dem Süden der Türkei sind Schreiadler immer wieder vom Abschuss durch
Wilderer gefährdet.
Mittel- und Kurzstreckenzieher wie Kraniche und Gänse fliegen sehr
spät los. Sie sind tagsüber in typischer V-Formation am Himmel zu
beobachten. Dabei unterstützen sich die Vögel gegenseitig:
Kraftaufwendige Flugpositionen werden regelmäßig gewechselt. Das ist
clever. Wer lange vorne geflogen ist, kann an anderer Stelle weiter
hinten Energie sparen und sich erholen.
Ende Oktober sind die meisten Zugvögel aus Deutschland abgereist.
Einsam wird es trotzdem nicht, denn einige Arten harren den Winter
bei uns aus. Dazu gehört der Eichelhäher. Er hat im Herbst vorgesorgt
und Eicheln im Boden vergraben, damit er auch im Winter zu fressen
hat. Der Kleiber versteckt Samen und Nüsse unter Baumrinden. Andere
Arten kommen aus dem Norden hinzu. Blau- und Kohlmeisen stellen im
Winter ihre Ernährung um. Da sie im Winter kaum noch Insekten finden,
weichen sie zusätzlich auf Samen und Körner aus. Und: "Während die
heimischen Vögel Deutschland verlassen haben, kommen aus dem Hohen
Norden neue Gäste hinzu", sagt Peer Cyriacks. "Im heimischen Garten
bemerkt man den Unterschied kaum - genaues Hinschauen lohnt sich."
Auch Raufußbussard, Saatgänse oder die bunten Seidenschwänze kommen
aus dem Nordosten Europas zu uns, um der nordischen Kälte und dem
Nahrungsmangel zu entgehen.
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