(ots) - Live bei stern TV sprach Debra Milke über ihre Zeit
in der Todeszelle. "Ich habe gelernt, wie stark ich bin. Das wusste
ich vorher nicht", so die 51-Jährige im Gespräch mit Steffen
Hallaschka.
Die Jahre im Todestrakt hätten Spuren hinterlassen. Sie habe
gelegentlich mit Flashbacks zu kämpfen, erklärte sie im Livegespräch.
"Vor kurzem war ich morgens draußen, an einem Tag, an dem die
Müllabfuhr kam, und ich habe da einen Müllmann gesehen, der ganz in
Orange gekleidet war, und dann dachte ich: Oh, das ist ein
Gefängnisinsasse. Denn im Gefängnis trugen wir Orange. Das hat mich
innehalten lassen, das hat mich schockiert. Dann bin ich zurück ins
Haus gegangen. Das war ein Flashback."
Trotzdem will Debra Milke nach ihrer Rückkehr in die USA ins
Gefängnis zurückkehren, um ihre frühere Zellennachbarin zu besuchen.
Jahrelang hätten die beiden Frauen nur über einen Lüftungsschacht
miteinander kommunizieren können, erzählte sie. "Ich bin jetzt seit
zwei Jahren draußen und darf sie nun besuchen. Ich bin schon nervös
angesichts des Besuchs im Gefängnis, aber wenigstens weiß ich, dass
ich wieder raus kann", so Milke.
Über ihren Besuch in Deutschland sagte sie: "Ich fühle mich hier
so wohl. Ich bin jetzt seit fünf Wochen in Deutschland und soll am
Freitag zurückfliegen und habe gar keine Lust darauf. Es geht mir
hier so gut."
In den USA arbeitet Debra Milke zurzeit in einer Anwaltskanzlei.
Erster Deutschlandbesuch nach 32 Jahren
Es war Debra Milkes erster Deutschlandbesuch nach 32 Jahren. stern
TV hatte die ehemalige Todeskandidatin exklusiv zu den Orten ihrer
Kindheit in ihrer Geburtsstadt Berlin begleitet.
"Als ich hier ankam, war es sehr bewegend für mich. Während der
ersten vier oder fünf Tage weinte ich täglich. Ich konnte gar nicht
glauben, dass ich hier bin. Es fühlte sich gut an, zurück zu sein",
beschreibt sie die ersten Tage in Berlin.
19 Jahre war Debra Milke alt, als sie ihre Heimatstadt das letzte
Mal besucht hat. "Ich erinnere mich an die Mauer. Und jetzt bin ich
auf der anderen Seite. Es ist wirklich erstaunlich. Es ist
interessant, weil ich auf der anderen Seite der Mauer stehe, genauso
wie ich mich auf der anderen Seite des Gefängnis-Zauns befinde",
erklärte sie im stern TV-Interview.
Mit ihrer Zeit im Todestrakt will sich die gebürtige Berlinerin
nicht mehr beschäftigen, das überlasse sie nun ihren Anwälten. Alle
persönlichen Akten und Unterlagen zu ihrem Fall habe sie vernichtet,
so Milke. "Ich habe alles geschreddert, jede einzelne Seite. Ich habe
drei Wochen gebraucht. Ich habe jedes Blatt Papier einzeln genommen
und in den Schredder gesteckt. Ich hatte Berge von Konfetti. Es hat
mir mit meiner Wut geholfen. Es war therapeutisch. Sich all das
anzuschauen ist wie eine blasse Erinnerung, so als hätte es in einem
anderen Leben stattgefunden."
Stattdessen schaut sie nach vorn: "Ich denke nicht an all die
gestohlenen Jahre, ich hadere nicht damit. Ich kann es nicht ändern.
Was ich tue ist, das anzunehmen, was ich jetzt habe. Es fühlt sich
an, als hätte sich der Kreis geschlossen. Ich wurde hier geboren, ich
war für eine lange Zeit weg und jetzt bin ich zurück", so die
51-Jährige während ihres Berlinbesuchs.
Trotz der Freude ihre Familie wiederzusehen, wiegt der Verlust
ihrer Mutter schwer: "Es ist schön und traurig zugleich. Schön, weil
ich mit meiner Familie zusammen bin, traurig, weil meine Mutter nicht
mehr hier ist", beschreibt Milke ihre Gefühlslage. Ihre Mutter Renate
Janka hatte mehr als zwei Jahrzehnte für die Freilassung ihrer
Tochter gekämpft. Doch Debra in Deutschland in die Arme zu schließen,
blieb ihr verwehrt. Im August 2014 erlag sie ihrer schweren
Krebserkrankung. Jetzt konnte Milke erstmals das Grab ihrer Mutter in
der Schweiz besuchen. Dort tat sie das, was sich Renate Janka immer
gewünscht hatte und zu Lebzeiten nie geschafft hat - Paragliden.
"Ich habe es für sie getan! Weil sie es nicht tun konnte", erläuterte
sie anschließend im Interview. Der Moment sei großartig gewesen, so
Milke. "Dort oben zu sein und zu gleiten, frei wie ein Vogel. Ich
liebe es."
22 Jahre saß Debra Milke im Todestrakt eines Frauengefängnisses im
US-Bundesstaat Arizona, bis das Urteil 2013 aufgehoben wurde. 1990
war sie wegen Anstiftung zum Mord zum Tode verurteilt worden. Ihr
wurde vorgeworfen, zwei Männer mit dem Mord an ihrem vierjährigen
Sohn beauftragt zu haben. Im März dieses Jahres kam sie endgültig
frei. Debra Milkes Verteidiger streben jetzt eine Zivilklage gegen
die verantwortlichen US-Behörden an.
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