(ots) - Im Streit über die Auszeichnung des syrischen Autors
Adonis mit dem Erich-Maria-Remarque-Friedenspreis verlangt der
Menschenrechtler Rupert Neudeck eine Rücknahme der Jury-Entscheidung.
"Diese Vergabe ist verkehrt und muss rückgängig gemacht werden",
sagte Neudeck dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Freitag-Ausgabe). Er
begründete dies mit der Haltung des 85-Jährigen zum Regime des
syrischen Herrschers Baschar al-Assad. "Ein Wahnsinniger macht sein
Land kaputt und bringt die Menschen um, während Adonis ruhig daneben
steht und nur zu bedenken gibt, dass es die Assad-Gegner vielleicht
noch schlimmer treiben könnten", sagte Neudeck. Von Wut und
Verzweiflung über das Elend des eigenen Volkes sei bei Adonis nichts
zu spüren. "Bequem in einem Pariser Café sitzen und den Assad-Gegnern
raten, es doch mal gewaltfrei zu probieren, das zeugt von einer
skandalösen Haltung", so Neudeck. "Adonis ist ein guter Literat. Aber
als Träger eines politischen Preises in der Tradition des
leidenschaftlichen Pazifisten Remarque ist Adonis deshalb für mich
völlig unvorstellbar." Unterdessen sind in der Jury des
Remarque-Preises erhebliche Unstimmigkeiten über die Umstände der
Preisverleihung aufgebrochen. Der Literaturkritiker Hubert Winkels
(Deutschlandfunk, Die Zeit) trat dem Leiter des Osnabrücker
Erich-Maria-Remarque-Friedenszentrums, Thomas Schneider, entgegen.
Dieser hatte behauptet, der Kölner Autor und Friedenspreisträger des
Deutschen Buchhandels Navid Kermani sei - anders als vom "Kölner
Stadt-Anzeiger" berichtet - "nie als Laudator angefragt" worden. "Das
stimmt nicht", sagte Winkels der Zeitung. "Ich habe mich im Auftrag
der Jury an Kermani gewandt. So haben wir es gemeinsam am Ende der
Sitzung vereinbart. Falls Thomas Schneider nicht vorzeitig gegangen
war, muss er geträumt haben." Winkels bekräftigte auch Kermanis
Darstellung. Dem "Kölner Stadt-Anzeiger" hatte der Autor bestätigt,
dass er die Laudatio auf Adonis abgelehnt und dies gegenüber der Jury
mit den politischen Positionen des Autors begründet habe. Eine
entsprechende Korrespondenz liegt dem "Kölner Stadt-Anzeiger" vor.
"Ich habe vielerlei Bedenken, die mir auch schriftlich zugänglich
gemacht wurden, an die Jury weitergegeben", sagte Winkels. Nach
eingehender Diskussion haben wir uns einvernehmlich entschlossen, das
Votum aufrecht zu erhalten. Diese Entscheidung der Jury trage ich
mit." Kermani wollte sich auf Anfrage der Zeitung nicht zu Schneiders
Aussagen äußern. Ähnlich wie Neudeck unterschied er zwischen einer
Würdigung von Adonis' Literatur und einer politischen Ehrung wie dem
Remarque-Preis.
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