(ots) - Offener Brief der Generalsekretärin des Diplomatic
Council, Thi Thai Hang Nguyen, selbst Flüchtling aus dem Vietnamkrieg
(1980). Sie steht für Interviews zur Verfügung (deutsch oder
englisch), um zu helfen, eine positive Flüchtlingsstimmung in
Deutschland zu erzeugen, die sie für dringend notwendig hält, "damit
unser Land nicht kippt".
Das Diplomatic Council (DC, www.diplomatic-council.org), ein bei
den Vereinten Nationen mit Beraterstatus akkreditierter globaler
Think Tank, ruft angesichts der Flüchtlingstragödie zur Unterstützung
der UN High-Commission on Refugees (UNHCR) auf. Diese nimmt Spenden
über den Verein UN-Flüchtlingshilfe e.V. entgegen: Konto 2000 88 50 -
Sparkasse KölnBonn - BLZ 370 501 98, IBAN: DE78 3705 0198 0020 0088
50, BIC: COLSDE33).
"Beinahe 60 Millionen Menschen sind auf der Flucht, mehr als
jemals zuvor in den letzten 20 Jahren. Hilfe ist ein Gebot der
Menschlichkeit", erklärt die Generalsekretärin des Diplomatic
Council, Thi Thai Hang Nguyen. Sie kam selbst 1980 als Flüchtling aus
dem Vietnamkrieg in einer "Nussschale" über das Meer, wurde von der
Cap Anamur gerettet und begann ihr Leben in Deutschland in einem
Auffanglager.
Aus ihrem Erfahrungshintergrund hat sie einen persönlichen Appell
verfasst:
"Vor 36 Jahren musste meine Familie unser kriegszerrüttetes Land
verlassen, in der Hoffnung, dem Terror zu entkommen, und woanders
eine sicherere und friedlichere Heimat zu finden.
Nach einer langen Irrfahrt im südchinesischen Meer und Monaten
voller Angst, Grauen und Elend rettete uns schließlich die Cap Anamur
- ein Frachter, den das private Hilfskomitee "Ein Schiff für Vietnam"
damals zu einem Hospitalschiff umgebaut hatte.
Das Komitee war von dem deutschen Journalisten Rupert Neudeck und
gleichgesinnten Personen ins Leben gerufen worden und plante nicht
nur die Rettung der vietnamesischen Flüchtlinge, sondern auch deren
Aufnahme in Deutschland. Die deutschen Behörden lehnten zunächst die
Aufnahme dieser Flüchtlinge ab, waren aber schließlich, aufgrund des
öffentlichen Drucks, zu einem Kompromiss bereit. Das zeigt
beispielhaft, dass es Wirkung entfacht und nicht vergebens ist, wenn
die Bevölkerung eines Landes Zivilcourage zeigt und sich in aller
Öffentlichkeit für die Neuankömmlinge einsetzt.
Damals schwappte eine Welle der Hilfsbereitschaft über das Land.
Der Rückhalt der deutschen Bevölkerung für diese Rettungsaktion war
stark. Mit großzügigen Spenden unterstützten die Deutschen die
Hilfsaktion und solidarisierten sich mit den Kriegsflüchtlingen aus
Vietnam auf friedlichen Demonstrationen.
In diesen Tagen gibt es auch wieder Demonstrationen - allerdings
nicht nur für, sondern leider auch gegen Flüchtlinge. Diese
Demonstrationen haben sich mittlerweile vielerorts zu gewaltsamen
Randalen und Hasszügen entwickelt. Beinahe täglich werden
Flüchtlingsunterkünfte angezündet, noch bevor sie ihren Zweck
erfüllen können. Die Stimmung ist vergiftet und hasserfüllt.
Es fällt mir sehr schwer, zu begreifen, was gerade passiert. Ich
wünsche mir die deutsche Bevölkerung, die mir und meiner Familie
damals vor 35 Jahren das Leben gerettet hat. Dass ich ein Leben in
Frieden, Freiheit und Sicherheit führe, verdanke ich allein dem
deutschen Volk. Ein Volk, das sich durch Toleranz, Hilfsbereitschaft
und Gutherzigkeit ausgezeichnet hat. Ein Volk, das mit leuchtendem
Beispiel vorangegangen war, und das sich seiner humanitären
Verpflichtung bewusst war und diese übererfüllt hat. Ein Volk, das
notleidende Menschen mit Empathie und Herzlichkeit empfing und diese
in Deutschland willkommen hieß.
In den letzten Wochen war von dieser Willkommenskultur wenig zu
spüren. Stattdessen werden die heutigen Flüchtlinge von radikalen
Fremdenhasser empfangen und bedroht und müssen hier in Deutschland -
nachdem viele von ihnen eine dramatische Flucht überlebt haben -
erneut um Leib und Leben bangen. Noch mehr Sorgen macht mir
allerdings, dass selbst "normale" Bürger, die es besser wissen
müssen, sich dem Fremdenhass anschließen.
Kein Mensch flüchtet freiwillig aus seiner Heimat. Flucht bedeutet
Gefahr für Leib und Leben, Armut, Krankheit, Hunger, Durst, Kälte und
oftmals unvorstellbare Grausamkeiten. Wer begibt sich freiwillig auf
ein übervolles Boot mit der Aussicht, über Wochen unter schlimmsten
Verhältnissen leben zu müssen? Mit der Sorge, zu verhungern, zu
verdursten oder an einer Krankheit zu sterben? Mit der Angst zu
ertrinken, von Piraten überfallen oder von Schleppern über Bord
geworfen zu werden? Manche Menschen töten andere Mitflüchtlinge, um
selber zu überleben und andere bringen sich selber um, weil sie den
Mut verloren haben. Wie verzweifelt und traumatisiert muss eine
Mutter sein, die vor den Augen ihrer fünf kleinen Kinder über Bord
springt, weil sie missbraucht und misshandelt wurde und keinen Ausweg
mehr sah?
Ich habe das alles gesehen und erlebt und ich kann versichern,
dass ich nicht freiwillig ein Flüchtling geworden bin. Ich habe mir
dieses Schicksal nicht ausgesucht, sondern wurde vom Krieg
fremdbestimmt. Ich habe den Krieg nicht gewollt und nicht verursacht.
Ich habe genug vom Krieg - für den Rest meines Lebens. Und genauso
wenig wollen die Menschen aus Syrien den Krieg in ihrem Land. Ich bin
mir sicher, dass sie lieber in ihrer Heimat bleiben möchten, denn
dort sind sie verwurzelt, dort sind ihre Familien und dort würden sie
bleiben, wenn sie nicht um ihr Leben fürchten müssten.
Der erste Gedanke eines Kriegsflüchtlings ist nicht: Wie kann ich
Geld vom deutschen Staat erhalten? Nein, sein erster Gedanke ist: Wie
überlebe ich diesen Tag - und dann den nächsten und den nächsten...?
Ich bin so dankbar für die Hilfe und Großzügigkeit des deutschen
Volkes und ich habe mich mein Leben lang bemüht, etwas zurückzugeben.
Ich bin seit fast 20 Jahren berufstätig und leiste meinen Beitrag zum
Wohlergehen des deutschen Staates. Ich denke deutsch, ich fühle
deutsch, ich bin deutsch. Und das, obwohl ich einmal ein
ausländischer Kriegsflüchtling war.
Ich bin fest davon überzeugt, dass unter den jetzigen Flüchtlingen
viele Menschen sind, die gerne einen Beitrag leisten würden, sofern
man ihnen eine Chance gibt. Wir könnten diesen Menschen Arbeit geben,
damit sie ihr eigenes Geld verdienen und sich eine neue Zukunft
aufbauen können. Wir könnten sie in unsere Gesellschaft und
Gemeinschaft integrieren und ihnen die Möglichkeit geben, zum
Wohlergehen aller beizutragen. Es sind doch nicht überwiegend dumme
Menschen oder Schmarotzer, wie oft behauptet wird, die zu uns kommen.
Seit Wochen lese ich fast täglich von Flüchtlingen, die auf ihrer
Reise den Tod gefunden haben, und es tut mir in der Seele weh, weil
ich ihr Trauma und ihr Leid kenne. Ich hatte mehr Glück, denn ich bin
nicht ertrunken, ich bin nicht qualvoll erstickt und ich wurde vor 35
Jahren freundlich empfangen, als ich im Flüchtlingslager ankam. Die
jetzigen Kriegsflüchtlinge riskieren ihr Leben und haben so viel Leid
hinter sich, und werden dann hier mit Hass, Brutalität und Ablehnung
empfangen. Sie fliehen aus ihrem Land vor dem Tod und werden hier bei
uns wieder mit dem Tod bedroht. Das haben sie nicht verdient. Das hat
kein Mensch verdient.
Mein Appell geht an die Menschen, die pauschal alle Flüchtlinge
ablehnen. Wir müssen besonnen differenzieren zwischen den Migranten,
die unberechtigt zu uns kommen, und den Kriegsflüchtlingen, die vor
dem Tod fliehen. Es ist unsere humanitäre Verpflichtung und ein Akt
der Menschlichkeit, diese Flüchtlinge aufnehmen, sie zu beschützen
und ihnen eine Chance geben, in Frieden und Sicherheit zu leben."
Das Diplomatic Council (UNO reg.) ist ein bei den Vereinten
Nationen mit Beraterstatus akkreditierter globaler Think Tank zur
Verbindung von Diplomatie, Wirtschaft und Gesellschaft. Hierzu
verknüpft das Diplomatic Council ein weltweites Wirtschaftsnetzwerk
mit der Ebene der diplomatischen Kommunikation. Als Mitglieder sind
gleichermaßen Diplomaten und Persönlichkeiten aus Wirtschaft und
Gesellschaft willkommen.
Weitere Informationen:
Diplomatic Council (UNO reg.), Wiesbaden, Tel. +49 (0) 611 973150,
E-Mail: info(at)diplomatic-council.org, Web: www.diplomatic-council.org