(ots) -
Rund 75.000 Patientinnen und Patienten sind jedes Jahr von einer
ambulanten Versorgungslücke betroffen. Das berichtet das
ARD-Politikmagazin "Report Mainz" (heute, 15. September 2015, 21.45
Uhr, Das Erste) unter Berufung auf eine noch unveröffentlichte Studie
im Auftrag des Bremer Gesundheitswissenschaftlers Prof. Dr. Gerd
Glaeske (Thomas Dietrich: "Die ambulante Versorgungslücke - ein
ansteigendes Problem oder eine Randerscheinung? Vorschläge für eine
erweiterte Sozialgesetzgebung"). Zehntausende Patientinnen und
Patienten haben laut Studie nach einer Krankenhausbehandlung oder
einer ambulanten Operation vorübergehenden Pflegebedarf im
grundpflegerischen und hauswirtschaftlichen Bereich. Doch die
Gesetzeslage sehe derzeit keine Kostenübernahme durch Krankenkassen
oder Pflegekassen vor, weil weder die Bestimmungen nach SGB V noch
die Pflegeleistungen nach SGB XI greifen. Laut Studie bieten 60
Prozent der Krankenkassen in diesen Fällen auch keine freiwilligen
Satzungsleistungen an. Datengrundlage der noch unveröffentlichten
Studie ist die Auswertung einer Umfrage unter allen Krankenkassen.
Prof. Dr. Gerd Glaeske sagte im Interview mit "Report Mainz":
"Diese Studie zeigt erstmals den Umfang der Versorgungslücke. Wir
haben gefunden, dass es 75.000 Menschen jährlich sind, die in diese
Versorgungslücke hineinfallen. 75.000 Menschen nach Operationen im
Krankenhaus oder auch nach ambulanten Operationen, die eigentlich
dringend der Unterstützung nach diesem Krankenhausaufenthalt
bedürften. Hier haben wir den Eindruck, dass der Gesetzgeber diese
Menschen tatsächlich im Stich lässt. Es gibt keine Regelung, die die
Krankenkassen verpflichtet, hier auch Hilfe anzubieten." Prof.
Glaeske betonte, ein weiteres zentrales Ergebnis der Studie sei, dass
die Mehrheit der Kassen auch keine freiwilligen Satzungsleistungen in
diesen Fällen vorsähen: "Unsere Studie hat ergeben, dass die meisten
Krankenkassen keine Leistungen vorsehen für diese Menschen mit einer
Versorgungslücke. Und die wenigen Krankenkassen, die etwas anbieten,
machen dies sehr unterschiedlich. Es sind Ermessensentscheidungen,
die dort getroffen werden können, insofern gibt es keine klaren
Regelungen. Und ich glaube, dass Patientinnen und Patienten nichts
besser brauchen, als nach einem Krankenhausaufenthalt wirklich klare
Regelungen für eine Unterstützung zu bekommen, damit sie nicht im
Ermessensentscheid sind und damit sie nicht auf das Wohl und Wehe der
Kassen angewiesen sind."
Caritas, Diakonie und Verbraucherzentrale Bundesverband fordern
den Gesetzgeber jetzt zum Handeln auf. Sie setzten sich gegenüber
"Report Mainz" dafür ein, die Gesetzeslücke im Rahmen der
Krankenhausstrukturreform zu schließen. Dieter Lang, Referent Team
Pflege und Gesundheit des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbv),
sagte im Interview: "Es besteht erheblicher Handlungsbedarf. Immer
mehr Menschen haben diesen Hilfebedarf. Sie kommen nach einer
Operation nach Hause, können ihren Haushalt nicht selbst versorgen,
können nicht einkaufen gehen, können sich nicht waschen und anziehen,
haben grundpflegerischen Bedarf. Das kann so nicht weitergehen. Wir
müssen dafür sorgen, dass das Krankenversicherungsgesetz an dieser
Stelle angepasst wird, zum Wohl und zum Schutz der Patienten." Er
zeigte sich enttäuscht, dass sich im Entwurf zum
Krankenhausstrukturgesetz keine Passage finden lasse, mit der die
ambulante Versorgungslücke geschlossen werden könne. "Wir
kritisieren, dass der Gesetzgeber nicht bereits jetzt, im Laufe des
Verfahrens zum Krankenhausstrukturgesetz diese Verbesserungen mit in
seinen Entwurf aufgenommen hat. Jeder Tag ist im Grunde genommen ein
Tag zu spät. Angesichts doch einer erheblichen Anzahl von Menschen,
die unter diesen Versorgungslücken leiden. Also kann die Devise nur
sein: Es muss so schnell wie möglich geschehen."
Weitere Informationen unter www.reportmainz.de. Zitate gegen
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