(ots) - Mit dem Slogan "Diesel-Abgase töten" und
einer riesigen Autoattrappe weist die Deutsche Umwelthilfe auf
schmutzige Diesel-Neufahrzeuge hin - Euro-6-Pkw deutscher Hersteller
stoßen bis zu 25 mal mehr Diesel-Abgasgifte aus als erlaubt - Viele
zehntausend Menschen sterben jährlich in Deutschland an den Folgen
der Luftverschmutzung vor allem durch Dieselmotoren - DUH fordert
Kanzlerin Merkel auf, ihren Schmusekurs mit den Autobossen zu beenden
- Funktionstüchtigkeit der Abgasreinigung im Realbetrieb muss durch
behördliche Nachkontrollen durchgesetzt werden
Anlässlich der heutigen Eröffnung der Internationalen
Automobilausstellung (IAA) in Frankfurt durch Bundeskanzlerin Angela
Merkel protestiert die Deutsche Umwelthilfe (DUH) gegen schmutzige
Diesel-Fahrzeuge. Vor dem Haupteingang des Messegeländes hat die
Umweltschutzorganisation ein 13 Meter langes und vier Meter hohes
aufblasbares Auto mit Abgaswolke und dem Slogan "Diesel-Abgase
töten!" aufgebaut. Zahlreiche, vor allem deutsche Autohersteller
präsentieren der Öffentlichkeit auf der diesjährigen IAA ihre neuen
Diesel-Autos und bewerben sie als sauber. Tatsächlich stoßen sie aber
nach wie vor extrem gesundheitsgefährdende und giftige Abgase aus.
2014 waren knapp 48 Prozent der drei Millionen Pkw-Neuzulassungen in
Deutschland Dieselfahrzeuge.
"Herr Zetsche, Herr Winterkorn und Herr Krüger sind als Chefs von
Daimler, Volkswagen und BMW für jährlich viele zehntausend vorzeitige
Todesfälle durch Dieselabgase persönlich mitverantwortlich. Um wenige
hundert Euro mehr Profit pro Fahrzeug zu machen, verbauen sie
minderwertige Katalysatoren, die auf der Straße bis zu 25 mal höhere
Schadstoffmengen emittieren als erlaubt", sagt Jürgen Resch,
DUH-Bundesgeschäftsführer.
Die DUH protestiert in Frankfurt gegen die vorsätzliche
Nichteinhaltung gesetzlicher Grenzwerte für die giftigen Dieselabgase
durch die deutschen Autokonzerne. Und sie kritisiert die
Bundesregierung, die auf jegliche Kontrollen verzichtet. Dies ist
umso unverständlicher, da sich die realen Abgaswerte immer mehr von
den Vorschriften entfernen. Die durch sie verursachten verheerenden
gesundheitlichen Folgen treffen vor allem Kinder, ältere Menschen und
Kranke.
Seit zehn Jahren werden die Grenzwerte für das besonders
gesundheitsgefährdende Dieselabgasgift Stickstoffdioxid in der
Atemluft deutscher Städte massiv überschritten. Dennoch werden bis
heute keine ausreichend wirksamen Maßnahmen ergriffen. In dem der DUH
vorliegenden Schreiben der EU-Kommission vom 18.6.2015 zur Einleitung
eines Vertragsverletzungsverfahrens kritisiert die EU-Kommission
massiv das Eintreten Deutschlands für schmutzige Diesel-Pkw und die
aktive Verwässerung zukünftiger Abgasstandards auf EU-Ebene durch die
deutsche Bundesregierung.
Dass es auch anders geht, belegen die Exportmodelle für den
nordamerikanischen Markt. Die dortigen Behörden trauen den
Autokonzernen nicht und überprüfen deshalb die Emissionen im
Realbetrieb. Die Fahrzeuge von Daimler, VW und BMW erhalten deshalb
für den US-Markt eine bessere, im Realbetrieb funktionierende
Abgasreinigung. Resch fordert: "Frau Merkel muss die Autoindustrie
dazu zwingen, diesen Standard auch in Deutschland einzuhalten.
Kurzfristig dürfen nur noch Diesel-Pkw ausgeliefert werden, die mit
einer auf der Straße funktionstüchtigen Abgasreinigung analog zu den
US-Modellen ausgestattet sind. Alle ausgelieferten Euro-6-Diesel-Pkw
müssen wegen nicht funktionstüchtiger Abgasreinigung zurückgerufen
und nachgerüstet werden."
Die DUH verweist auf geltende EU-Verordnungen zur Verbindlichkeit
von Schadstoffgrenzwerten. In Deutschland werden diese jedoch bislang
von den zuständigen Behörden des Bundes und der Länder auf Druck der
Autobauer und ihres Lobbyverbands VDA nicht umgesetzt.
Die Verordnungen (EG) Nr. 715/2007 und 692/2008 über die
Typgenehmigung verlangen, dass die Abgasgrenzwerte nicht nur auf dem
Prüfstand, sondern auch im Normalbetrieb eingehalten werden müssen.
Die Verwendung von Abschalteinrichtungen ist verboten - damit ist die
bei vielen Euro-6-Diesel-Pkw in der Software einprogrammierte
Testzykluserkennung illegal. Als Verstoß gilt zudem die Abgabe
falscher Erklärungen bei Genehmigungsverfahren und Verfälschung von
Prüfzeugnissen. Deutschland ist außerdem bei festgestellten Verstößen
verpflichtet, Sanktionen festzulegen. Diese müssen "wirksam,
verhältnismäßig und abschreckend" sein. Schließlich ist die
Ãœbereinstimmung der in Betrieb befindlichen Fahrzeuge mit dem
gemessenen Testfahrzeug nachzuweisen. Die Funktionsfähigkeit der
emissionsmindernden Einrichtung muss während der normalen Lebensdauer
der Fahrzeuge bei normaler Nutzung gegeben sein.
Als deutscher Vertreter des europäischen Dachverbandes Transport &
Environment (T&E) weist die DUH auf dessen aktuelle Untersuchung vom
14.9.2015 hin, bei der T&E 23 Messungen zu Realemissionen von Euro 6
Diesel-Pkw ausgewertet hat. Das Ergebnis: Fast alle Fahrzeuge
überschreiten die Grenzwerte für die gesundheitsschädlichen
Stickoxide (NOx) um das bis zu 22-fache. Negativer Spitzenreiter war
ein Diesel betriebenes Fahrzeug von Audi. Auch bei den von T&E
durchgeführten Straßen-Messungen (Portable Emission Measurement
System, kurz PEMS) überschreiten die tatsächlichen Emissionen den
gesetzlichen Grenzwert für NOx im Mittel um das Fünf- bis Zehnfache.
Fotos von der Protest-Aktion vor der IAA finden Sie unter
http://l.duh.de/p170915. Die aktuelle Untersuchung von T&E finden sie
unter http://l.duh.de/nmuzv.
Hintergrund:
Der motorisierte Straßenverkehr trägt in Deutschland 64 Prozent
zur Belastung durch giftiges Stickstoffdioxid (NO2) bei. 80 Prozent
des Verkehrsbeitrages stammen von Dieselfahrzeugen, davon etwa die
Hälfte von Pkw. Insgesamt sind Diesel-Pkw demnach für 26 Prozent der
NO2-Belastung in Städten verantwortlich. Aus Sicht der DUH müssen
Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung deshalb insbesondere bei
Diesel-Pkw ansetzen. Eine aktuelle Studie des King's College London
zur Luftverschmutzung in Großbritanniens Hauptstadt kommt zu dem
Ergebnis, dass im Jahr 2010 über 9.400 Menschen vorzeitig an NO2
(5.879 Menschen) beziehungsweise Feinstaub (PM 2,5) (3.537 Menschen)
gestorben sind.
Pressekontakt:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer
Mobil: 0171 3649170, E-Mail: resch(at)duh.de
Daniel Hufeisen, Pressesprecher
Tel.: 030 2400867-22, Mobil: 0151 55017009, E-Mail: hufeisen(at)duh.de
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