(ots) -
Einen Tag nachdem die Deutsche Umwelthilfe Kanzlerin Angela Merkel
Versagen bei der Kontrolle der deutschen Autokonzerne vorgeworfen
hat: Kalifornische Umweltbehörde weist Audi und Volkswagen Betrug in
482.000 Fällen nach und kündigt wegen bis zu 40-facher Überschreitung
der Dieselabgas-Grenzwerte Strafzahlungen in Höhe von bis zu 18 Mrd.
US Dollar an - DUH veröffentlicht dreiseitiges Originalschreiben der
EPA - VW und Audi haben das Vorhandensein rechtswidriger
Abschalteinrichtungen der Abgaskatalysatoren am 3.9.2015 gegenüber
der EPA eingestanden - DUH kündigt schnelle gerichtliche Durchsetzung
von Fahrverboten für schmutzige Diesel-PKW in deutschen Städten sowie
den Widerruf von Typengenehmigung für Euro 6 Diesel-PKW mit erhöhten
Abgasemissionen im Realbetrieb an
Mit einem Paukenschlag gab die kalifornische Umweltbehörde CAL EPA
am gestrigen Freitag bekannt, dass sie die Audi AG und der Volkswagen
AG bei der rechtswidrigen Manipulation der Abgasreinigung von 482.000
Diesel-PKW in den USA überführt hat. "Die Nutzung von
Abschalteinrichtungen in Fahrzeugen um die Luftqualitätsvorschriften
zu umgehen, ist illegal und bedroht die Gesundheit der Bürger" so die
kalifornische Behörde. Nun droht dem Volkswagenkonzern eine
Rekordstrafe von bis zu 18 Mrd $ und ein behördlich angeordneter
Rückruf aller betroffenen Fahrzeuge. Zudem hat die CAL EPA
angekündigt, weitere Diesel-Pkw von VW/Audi sowie weiterer Hersteller
zu untersuchen. "Einfach gesagt, diese Autos haben eine Software,
welche die Abgaskontrollen beim normalen Fahren ausschaltet und bei
Abgastests anschaltet", so Cynthia Giles von der Environmental
Protection Agency EPA. Folge solcher Manipulationen sei, dass die
Autos die in den USA festgelegten Abgas-Grenzen um das bis zu
40-Fache überschreiten.
Das Problem besteht nicht nur in den USA sondern in noch deutlich
stärkerem Umfang in Europa vor allem bei den deutschen Herstellern
VW, Audi, BMW, Mercedes, Ford und Opel. Auf die betrügerischen
Manipulationen der Abgaskatalysatoren deutscher Diesel-PKW-Hersteller
wurde die kalifornische Umweltbehörde durch Abgastests der Deutschen
Umwelthilfe (DUH) sowie insbes. eine Untersuchung des International
Council on Clean Transportation (ICCT) aus dem Herbst 2014
aufmerksam. Ende Februar 2015 weilte auf Einladung der DUH der ehem.
Kalifornische Umweltminister James M. Strock für drei Tage in Berlin
und Brüssel. In einem Parl. Abend und einer Bundespressekonferenz in
Berlin sowie bei Gesprächen im EU-Parlament und der EU-Kommission
ging es um die zunehmende Missachtung von Abgasvorschriften für CO2
und NO2 durch deutsche PKW-Hersteller. Gemeinsam mit dem
kalifornischen Umweltpolitiker Stock forderte die DUH bereits vor
über einem halben Jahr die Bundesregierung dazu auf, endlich die
gesetzlich vorgeschriebenen Kontrollmessungen durchzuführen. Hierzu
existieren bei uns ähnlich strenge Vorschriften wie in den USA.
"Die gestern bekannt gewordene Überführung von VW und Audi der
vorsätzlichen Gesundheitsgefährdung durch im Realbetrieb unwirksame
Diesel-Abgaskatalysatoren wird in den USA mit einer
Milliarden-$-Strafe und einem behördlichen Rückruf aller betroffenen
knapp 500.000 Fahrzeuge geahndet. In Deutschland hingegen kämpft die
Bundesregierung für das Recht der Autobauer auf die Verschmutzung der
Atemluft, hintertreibt geplante Kontrollvorschriften der
EU-Kommission und verweigert behördliche Nachkontrollen selbst bei
Ãœberschreitungen der Stickstoffdioxid-Werte um 2.500 Prozent", so
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe. "Wir
werden nun vor den nationalen Gerichten Fahrverbote für Diesel-Pkw
erstreiten und in Deutschland widerrechtlich erteilte
Typengenehmigungen durch die Zulassungsbehörde Kraftfahrbundesamt
anfechten."
Die DUH protestierte anlässlich der Eröffnung der IAA am
Donnerstag in Frankfurt mit einem 13 Meter langen und über vier Meter
großen aufblasbaren Auto und dem Slogan "Diesel-Abgase töten" gegen
die vorsätzliche Nichteinhaltung gesetzlicher Grenzwerte für die
giftigen Dieselabgase durch die deutschen Autokonzerne. Und sie
kritisiert die Bundesregierung, die auf jegliche Kontrollen
verzichtet - mit verheerenden gesundheitlichen Folgen vor allem für
Kinder, ältere Menschen und Kranke.
Seit zehn Jahren werden die Grenzwerte für das besonders
gesundheitsgefährdende Dieselabgasgift Stickstoffdioxid in der
Atemluft deutscher Städte massiv überschritten. Dennoch werden auf
Druck der Autoindustrie bis heute keine ausreichend wirksamen
Maßnahmen ergriffen. In dem der DUH vorliegenden Schreiben der
EU-Kommission vom 18.6.2015 zur Einleitung eines
Vertragsverletzungsverfahrens kritisiert die EU-Kommission massiv das
Eintreten Deutschlands für schmutzige Diesel-PKW und die aktive
Verwässerung zukünftiger Abgasstandards auf EU-Ebene durch die
deutsche Bundesregierung.
Wie in Kalifornien, so regeln auch in Deutschland bzw. Europa
eigentlich die Verordnungen (EG) Nr. 715/2007 und 692/2008, dass die
Abgasgrenzwerte nicht nur auf dem Prüfstand, sondern auch im
Normalbetrieb eingehalten werden müssen. Die Verwendung von
'Abschalteinrichtungen' wie gerade in den USA durch VW und Audi
zweifelsfrei nachgewiesen, ist ausdrücklich verboten. Als Verstoß
gilt zudem die Abgabe falscher Erklärungen bei Genehmigungsverfahren
und Verfälschung von Prüfzeugnissen. Deutschland ist außerdem bei
festgestellten Verstößen verpflichtet, Sanktionen festzulegen. Diese
müssen "wirksam, verhältnismäßig und abschreckend" sein - so wie dies
uns Kalifornien vormacht. Schließlich ist die Übereinstimmung der in
Betrieb befindlichen Fahrzeuge mit dem gemessenen Testfahrzeug
nachzuweisen. Die Funktionsfähigkeit der emissionsmindernden
Einrichtung muss während der normalen Lebensdauer der Fahrzeuge bei
normaler Nutzung gegeben sein.
Der Unterschied zu den USA bzw. Kalifornien: Das
Kraftfahrtbundesamt verweigert sowohl die Durchführung von
Kontrollmessungen als auch behördlich angeordnete Rückrufaktionen
amtlichen Rückrufen aufgrund von Verstößen gegen Umweltvorschriften.
Fotos von der Protest-Aktion vor der IAA finden Sie unter
http://l.duh.de/p170915. Das dreiseitige Schreiben der kalifornischen
Umweltbehörde an Audi und Volkswagen finden Sie in der Anlage.
Hintergrund:
Der motorisierte Straßenverkehr trägt in Deutschland 64 Prozent
zur Belastung durch giftiges Stickstoffdioxid (NO2) bei. 80 Prozent
des Verkehrsbeitrages stammen von Dieselfahrzeu-gen, davon etwa die
Hälfte von PKW. Insgesamt sind Diesel-PKW demnach für 26 Prozent der
NO2-Belastung in Städten verantwortlich. Aus Sicht der DUH müssen
Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung deshalb insbesondere bei
Diesel-PKW ansetzen. Eine aktuelle Studie des King's College London
zur Luftverschmutzung in Großbritanniens Hauptstadt kommt zu dem
Ergebnis, dass im Jahr 2010 über 9.400 Menschen vorzeitig an NO2
(5.879 Menschen) beziehungsweise Feinstaub (PM 2,5) (3.537 Menschen)
gestorben sind. Nach einer neuen Studie des Max Planck Institut für
Chemie in Mainz ist allein der der Feinstaub für jährlich 35.000
Todesfälle verantwortlich.
Pressekontakt:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer DUH
Mobil: 0171 3649170, E-Mail: resch(at)duh.de
DUH im Internet: www.duh.de, auf flickr:
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