(ots) -
Sperrfrist: 19.09.2015 16:00
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Umfangreichste Studie dieser Art - mehr als 4.000 Urinproben von
fast 900 europäischen Spitzenfußballern untersucht - 68 Spieler mit
auffälligen Testosteronwerten - deutlich mehr auffällige Werte
gemessen als positive Tests bei Dopingkontrollen - Wissenschaftler
fordern präzisere Datenerhebung
Eine vom europäischen Fußballverband UEFA in Auftrag gegebene
Studie zeigt, dass es deutlich mehr Fälle von Steroid-Doping im
europäischen Fußball gegeben haben könnte als bisher bekannt. Es ist
die bislang größte Studie dieser Art: Wissenschaftler aus zwölf
europäischen Anti-Doping-Laboren haben daran mitgearbeitet.
Insgesamt wurden 4.195 Urinproben aus den Jahren 2008 bis 2013
untersucht. Sie stammen von 879 Spitzenfußballern, die größtenteils
in den großen europäischen Fußballwettbewerben - vor allem in der
Champions-League und der Europa-League - spielten. Die Studie kommt
zu dem Schluss, dass bei 7,7 Prozent der Spieler auffällige
Testosteronwerte gemessen wurden, die nach den regulären
Dopingtest-Standards Folgeuntersuchungen im Hinblick auf mögliches
Doping mit anabolen Steroiden nach sich ziehen müssten. Da es sich um
eine anonymisierte Studie handelte, muss keiner der betroffenen
Spieler mit Folgeuntersuchungen oder Sanktionen rechnen. Einen
Nachweis für Doping liefern die Ergebnisse nicht, aber sie sind ein
Hinweis darauf, dass Steroide im europäischen Fußball weiter
verbreitet gewesen sein könnten als bislang bekannt.
Bisherige Testverfahren hatten ergeben, dass nur 1,3 Prozent aller
Dopingproben im Verantwortungsbereich der UEFA Auffälligkeiten
zeigten. Die Studienergebnisse legen nun nahe, dass der Anteil
deutlich höher liegen könnte. Allerdings betonen die Wissenschaftler,
dass es bei der Studie Unsicherheitsfaktoren gegeben habe, etwa nicht
ausreichende Standardisierung unter den Laboren, die die Aussagekraft
schwächen können.
Die ARD/WDR-Dopingredaktion und die britische Zeitung Sunday Times
haben die Studie von Experten bewerten lassen. Der Forscher Julien
Baker von der University of the West of Scotland forscht seit 20
Jahren zu Steroiden und sagt: "Wenn die Ergebnisse korrekt sind, ist
das sehr alarmierend. Denn es würde zeigen, dass in einigen der
größten europäischen Wettbewerbe Steroid-Missbrauch betrieben wird."
Anabole Steroide können auch im Fußball zu Leistungssteigerung
beitragen, etwa bei Kraft und Schnelligkeit, außerdem können sie
helfen, Regenerationszeiten zu verkürzen. "Für mich zeigen die
Ergebnisse, dass der Fußball ein signifikantes Problem zu haben
scheint. Der Vergleich mit anderen Sportarten wie etwa dem Radsport
und der Leichtathletik macht deutlich, dass der Fußball genau
überlegen muss, wie er dagegen vorgehen will", so Baker. Der deutsche
Sportwissenschaftler Perikles Simon kritisiert die Studie, weil er
die statistische Basis für nicht nachvollziehbar hält. "Es ist sehr
schwierig zu schlussfolgern, ob das Ganze biologisch zustande kommt
oder wirklich durch externe Faktoren. Ich finde eine Quote von 7,7
Prozent etwas zu hoch gegriffen."
Die UEFA betont ebenfalls, es sei "unmöglich, aus dieser einen
Studie endgültige Schlüsse zu ziehen." Dennoch hat sie inzwischen ein
erweitertes Test-System eingeführt, das auch Steroid-Profile
berücksichtigt und mit der Saison 2015/2016 gestartet ist. Es soll
eine abschreckende Wirkung haben und helfen, über einen längeren
Zeitraum Doping mit anabolen Steroiden nachzuweisen.
Den Bericht zur Studie bringt die ARD-Sportschau am 20. September
2015 in ihrer Sendung um 18 Uhr im Ersten.
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