PresseKat - Deutsche Umwelthilfe fordert Rücktritt von VW-Vorstandschef Martin Winterkorn

Deutsche Umwelthilfe fordert Rücktritt von VW-Vorstandschef Martin Winterkorn

ID: 1264883

(ots) -
Sofortige Überprüfung aller Diesel-Pkw-Modelle in Europa nicht nur
von VW und Audi jetzt notwendig - Obamas Umweltbehörde EPA beschreibt
in der sechsseitigen Anklageschrift detailliert den von Volkswagen
und Audi eingesetzten, illegalen Mechanismus zur Abschaltung der
Diesel-Abgasreinigung im Realbetrieb - DUH veröffentlicht das 'Notice
of Violation' Schreiben der Washingtoner EPA - VW-Aufsichtsrat soll
an diesem Freitag lückenlos offenlegen, welche weiteren in den USA
und in Europa verkauften Pkw-Modelle mit 'Abschalteinrichtungen'
versehen sind - DUH sieht Tatbestand der 'vorsätzlichen
Körperverletzung' erfüllt, da die betroffenen Fahrzeuge absichtlich
bis zu 40 mal mehr hochgiftige Diesel-Abgasgifte emittierten als
erlaubt - Anzahl der hoch emittierenden Diesel-Pkw geht in Europa in
die Millionen, da Abschalteinrichtungen mangels behördlicher
Kontrollen auch von anderen Diesel-Pkw-Herstellern wie BMW, Daimler,
Ford und Opel eingesetzt werden

Die von Volkswagen und Audi seit dem 3. September 2015 in den USA
zugegebenen illegalen 'Abschalteinrichtungen' der Abgasreinigung bei
482.000 Diesel-Pkw erfüllen nach Ansicht der Deutschen Umwelthilfe
(DUH) den Tatbestand der 'vorsätzlichen Körperverletzung'. Die DUH
fordert daher den Rücktritt des VW-Vorstandschefs Martin Winterkorn
und bei der VW-Aufsichtsratssitzung am Freitag eine lückenlose
Offenlegung, welche weiteren Diesel-Pkw für den US- bzw. europäischen
Markt über vergleichbare Abschalteinrichtungen verfügen.

"VW und Audi wissen, dass ihre Fahrzeuge in den USA und in Europa
in Gebieten mit hoher Luftbelastung eingesetzt werden und die jeweils
geltenden strengen Grenzwerte einhalten müssen. Beide Unternehmen
wissen zudem, was passiert, wenn bei einem modernen Dieselmotor die
Abgasreinigung faktisch abgeschaltet wird: Die giftigen




Stickoxid-Emissionen explodieren geradezu um ein Zig-faches.
Eigentlich müsste dann die OBD (On-board-Diagnose) eine Fehlfunktion
anzeigen und das Fahrzeug in den Alarmmodus (Kriechfahrt zur nächsten
Werkstatt) versetzen. Um dies zu umgehen, haben die Ingenieure von VW
und Audi auch gleich noch die Software der OBD manipuliert, so dass
diese keine Fehlfunktion des Abgaskatalysators anzeigt", so Jürgen
Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH.

Auch andere Autohersteller wie BMW, Daimler, Opel und Ford setzen
nach Einschätzung der DUH insbesondere in Europa
'Abschalteinrichtungen' bei der Abgasreinigung ein, um noch mehr
Leistung aus den Motoren herauszuholen. Die fatale, bewusst in Kauf
genommene Folge ist die rechtswidrige Nichteinhaltung der in
Euro-Klassen definierten Abgasgrenzwerte und die fortgesetzte
Vergiftung der Atemluft in unseren Städten insbesondere mit dem
Dieselabgasgift Stickstoffdioxid (NO2). Die daraus resultierenden
anhaltend hohen NO2-Werte in deutschen Städten haben im Juni 2015 zur
Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens der EU gegen
Deutschland geführt.

Während die deutsche Bundesregierung seit Jahren von der DUH über
solche Abschalteinrichtungen informiert ist, die zuständigen
Ministerien jedoch die bis zu 25-fache Ãœberschreitung von
Abgasgrenzwerten als 'rechtmäßig' verteidigen und Nachprüfungen bis
heute verweigern, zeigen uns die Nachkontrollen der amerikanischen
Umweltbehörde EPA, dass es durchaus möglich ist, Umweltgesetze auch
bei der Automobilindustrie durchzusetzen.

"Mit welch krimineller Energie Volkswagen und Audi seit 2009 seine
Kunden betrügt und die öffentliche Gesundheit gefährdet, offenbart
die auch für Europa richtungsweisende Untersuchung in den USA. Warum
hören wir nichts von Verkehrsminister Dobrindt und Umweltministerin
Hendricks? Die deutschen Kontrollbehörden heißen Kraftfahrtbundesamt
und Umweltbundesamt. Letzteres wäre auch neutral genug, eigene
Untersuchungen durchzuführen", so Resch weiter.

In der sechsseitigen Anklageschrift ('Notice of Violation') vom
18.9.2015 legt die Washingtoner EPA offen, mit welchen illegalen
Tricks VW und Audi gearbeitet und wie sie während der einjährigen
offiziellen Untersuchung die Behörden fortwährend falsch informiert
haben (Auszüge siehe Hintergrund am Ende der Pressemitteilung).

Seit zehn Jahren werden die Grenzwerte für das besonders
gesundheitsgefährdende Dieselabgasgift Stickstoffdioxid in der
Atemluft deutscher Städte massiv überschritten. Dennoch werden auf
Druck der Autoindustrie bis heute keine ausreichend wirksamen
Maßnahmen ergriffen. In dem der DUH vorliegenden Schreiben der
EU-Kommission vom 18.6.2015 zur Einleitung eines
Vertragsverletzungsverfahrens kritisiert die EU-Kommission massiv das
Eintreten Deutschlands für schmutzige Diesel-Pkw und den Widerstand
gegen schnelle Kontrollen der tatsächlichen Dieselabgasemissionen
durch die deutsche Bundesregierung.

Wie in den USA, so regeln auch in Deutschland bzw. Europa
eigentlich die Verordnungen (EG) Nr. 715/2007 und 692/2008, dass die
Abgasgrenzwerte nicht nur auf dem Prüfstand, sondern auch im
Normalbetrieb eingehalten werden müssen. Die Verwendung von
'Abschalteinrichtungen' wie sie gerade in den USA VW und Audi
zweifelsfrei nachgewiesen wurde, ist auch in Europa ausdrücklich
verboten. Als Verstoß gilt zudem die Abgabe falscher Erklärungen bei
Genehmigungsverfahren und Verfälschung von Prüfzeugnissen.
Deutschland ist außerdem bei festgestellten Verstößen verpflichtet,
Sanktionen festzulegen. Diese müssen "wirksam, verhältnismäßig und
abschreckend" sein - so wie dies uns Kalifornien vormacht.
Schließlich ist die Übereinstimmung der in Betrieb befindlichen
Fahrzeuge mit dem gemessenen Testfahrzeug nachzuweisen. Die
Funktionsfähigkeit der emissionsmindernden Einrichtung muss
schließlich während der normalen Lebensdauer der Fahrzeuge bei
normaler Nutzung gegeben sein.

Hintergrund:

Auszüge aus der Anlageschrift (Notice of Violation) der
Washingtoner EPA vom 18.9.2015 an VW und Audi:

Seit Mai 2014 lagen der Umweltbehörde konkrete Messungen zu hoher
Abgaswerte eines VW Jetta (2012er) und eines Passat (2013er) vor. In
der Anhörung von Volkswagen gaben sich diese völlig ahnungslos ("VW
continued to assert to CARB and the EPA that the increased emissions
from these vehicles could be attributed to various technical issues
and unexpected in-use conditions."). Nach einem freiwilligen Rückruf
durch VW im Dezember 2014 führte die Umweltbehörde
Vergleichsmessungen im Prüflabor und auf der Straße durch und stellte
fest, dass weiterhin die massiven Überschreitungen auf der Straße
fortbestehen, ohne dass diese im Fahrzeug angezeigt werden ("the
vehicles' on board diagnostic system was not detecting the increased
emissions").

Doch alle von VW eingereichten Erklärungen für dieses abnorme
Verhalten konnten die Behörden nicht überzeugen. Erst als die
Behörden androhten, die Zulassung neuer VW- und Audi- Modelle in den
USA zu untersagen, gab der Wolfsburger Konzern zu, illegale Software
installiert zu haben ("None of the potential technical issues
suggested by VW explained the higher test results consistently
confirmed during CARB' s testing. It became clear that CARB and the
EPA would not approve certificates of conformity for VW's 2016 model
year diesel vehicles until VW could adequately explain the anomalous
emissions and ensure the agencies that the 2016 model year vehicles
would not have similar issues. Only then did VW admit it had designed
and installed a defeat device in these vehicles in the form of a
sophisticated software algorithm that detected when a vehicle was
undergoing emissions testing.").

Präzise beschreibt die EPA in diesem Schriftsatz den von VW/Audi
raffiniert programmierten Algorithmus, der erkennt, wann das Fahrzeug
getestet wird. Nur dann, so die EPA, schaltet die Abgasreinigung in
einen "On" Zustand. Auf der Straße im realen Fahrbetrieb wird die
Abgasreinigung abgeschaltet. ("Specifically, VW manufactured and
installed software in the electronic control module (ECM) of these
vehicles that sensed when the vehicle was being tested for compliance
with EPA emission standards. For ease of reference, the EPA is
calling this the "switch." The "switch" senses whether the vehicle is
being tested or not based on various inputs including the position of
the steering wheel, vehicle speed, the duration of the engine's
operation, and barometric pressure. These inputs precisely track the
parameters of the federal test procedure used for emission testing
for EPA certification purposes. During EPA emission testing, the
vehicles' ECM ran software which produced compliant emission results
under an ECM calibration that VW referred to as the "dyno
calibration" (referring to the equipment used in emissions testing,
called a dynamometer). At all other times during normal vehicle
operation, the "switch' was activated and the vehicle ECM software
ran a separate "road calibration" which reduced the effectiveness of
the emission control system (specifically the selective catalytic
reduction or the lean Ox trap). As a result, emissions of Ox
increased by a factor of 10 to 40 times above the EPA compliant
levels, depending on the type of drive cycle (e.g., city, highway).
... VW knew or should have known that its "road calibration·' and
"switch" together bypass, defeat, or render inoperative elements of
the vehicle design related to compliance with the CAA emission
standards. This is apparent given the design of these defeat devices.
As described above, the software was designed to track the parameters
of the federal test procedure and cause emission control systems to
underperform when the software determined that the vehicle was not
undergoing the federal test procedure.").

Die Anlageschrift (Notice of Violation) der Washingtoner EPA vom
18.9.2015 finden Sie unter: http://l.duh.de/p210915



Pressekontakt:
Ann-Kathrin Marggraf, Pressereferentin
Tel.: 030 2400867-21, Mobil: 0151 26749133, E-Mail: marggraf(at)duh.de

Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer
Mobil: 0171 3649170, E-Mail: resch(at)duh.de

DUH im Internet: www.duh.de, auf flickr:
https://www.flickr.com/photos/umwelthilfe, auf Twitter:
https://twitter.com/Umwelthilfe.


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