(ots) -
Podiumsdiskussion "Mobilität und Gesellschaft" im House of
Logistics & Mobility (HOLM) betonte die besondere gesellschaftliche
Bedeutung des Öffentlichen Personennahverkehrs
In einer hochkarätig besetzten Veranstaltung im Frankfurter
Vernetzungs- und Innovationszentrum HOLM diskutierten am gestrigen
Abend Vertreter der Mobilitätsbranche mit Wissenschaftlern über die
Herausforderungen des ÖPNV vor dem Hintergrund des demografischen
Wandels. Das Podium teilten sich der Mobilitätsbeauftragte des
Hessischen Verkehrsministeriums, Volker Sparmann, der Sprecher der
Geschäftsführung des Rhein-Main-Verkehrsverbundes, Prof. Knut Ringat,
das Vorstandsmitglied der DB Regio AG, Michael Hahn sowie Prof.
Christian T. Haas, Direktor am Institut für komplexe
Gesundheitsforschung und Forschungsdekan am Fachbereich Gesundheit &
Soziales an der Hochschule Fresenius.
Bereits in seinem Eingangsstatement machte Volker Sparmann auf die
veränderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen von öffentlichen
Mobilitätsangeboten aufmerksam. "Die Wünsche von älteren Bürgern
haben sich gewandelt", so Sparmann. "Sie sind mobiler geworden und
leben intensiver. Gleichzeitig fehlt offensichtlich nicht nur das
Geld, um die Versorgung, insbesondere im ländlichen Raum, aufrecht zu
erhalten".
Auch Prof. Ringat äußerte sich besorgt darüber, dass die
Regionalisierungsmittel des Bundes nicht mehr zur Daseinsvorsorge des
ÖPNV ausreichen. Mit Blick auf kürzlich genehmigte
Infrastrukturmaßnahmen im Straßenbau fehle ihm allerdings der Glaube
an eine angemessene Wertschätzung des ÖPNV von Seiten der Politik.
Prof. Haas hob hervor, dass die Selbstverständlichkeit, mit der
nicht nur Politik, sondern auch weite Teile der Gesellschaft eine
funktionierende Mobilitätsversorgung voraussetzten, hochproblematisch
sei. "Die tatsächlichen Leistungen des ÖPNV für die Gesellschaft,
insbesondere für unser Gesundheitssystem, stehen in einem eklatanten
Widerspruch zur allgemeinen Wahrnehmung". Stünde der individuelle
Pkw-Verkehr altersbedingt nicht mehr zur Verfügung, sei vor allem der
ÖPNV in der Lage, außerhäusliche Anschlussaktivitäten zu ermöglichen,
die für die soziale Teilhabe, und damit auch für die Gesundheit von
Menschen so bedeutsam ist, so Haas. "ÖPNV ist weit mehr als eine
niederschwellige Anbindung an Versorgungsstrukturen wie Arzt,
Apotheke oder Physiotherapeut. Wir wissen, dass durch wenig
abwechslungsreiche Umgebungen, also auch in der häuslichen Situation,
die man nicht verlassen kann, Nervenzellen degenerieren können. Der
ÖPNV spielt eine Schlüsselrolle dabei, schädliche Isolation zu
verhindern und kognitive Leistungen zu erhalten."
Dass dieses Forschungsthema auch für Mobilitätsanbieter wie DB
Regio interessant sei, bestätigte dessen Bus-Vorstand, Michael Hahn.
Derzeit sei man, zusammen mit der Hochschule Fresenius, dabei,
herauszufinden, warum ältere Menschen häufig nicht mehr aus dem Haus
gehen, wie Unsicherheiten entstehen und wie man den Busverkehr für
ältere Menschen attraktiver machen könne. "Es ist ein Teufelskreis,
dass Menschen aus Verunsicherung und Unwissenheit auf die Nutzung
verzichten und so die Nachfrage, und in der Konsequenz damit auch das
Angebot, reduzieren", so Hahn.
Die realen Anforderungen von älteren Menschen an den ÖPNV müssten
noch weiter untersucht werden, so Haas. Die
UN-Behindertenrechtskonvention würde oftmals so ausgelegt, als ließe
sich der Handlungsbedarf auf den Ein- und Ausstieg in Bus und Bahn
reduzieren. "Doch einmal drin, beginnen für viele Menschen die
Probleme erst. Diese fangen an mit der fehlenden Orientierung im
Fahrzeug, Problemen mit zu niedrigen Sitzhöhen, fehlenden oder
ungeeigneten Haltemöglichkeiten und münden in Fahrsituationen mit
komplexen Beschleunigungsverläufen, die für die Fahrgäste, vor allem
im Stehen, nicht einfach zu verarbeiten sind."
Die Teilnehmer waren sich jedoch einig darin, dass es um mehr
geht, als die Verkehrsmittel den Bedürfnissen ihrer Benutzer
anzupassen. "Es muss zu den primären Aufgaben einer sozialen
Gesellschaft zählen, der Rolle und Funktion von Mobilitätsangeboten
für die Erhaltung von Gesundheit und Teilhabe angemessen Rechnung zu
tragen", so Haas. Deshalb warb er für eine breitangelegte
Aufklärungskampagne, um den ÖPNV für mehr Menschen attraktiv zu
machen.
"Der ÖPNV und die dadurch ermöglichten Anschlussaktivitäten sind
für unser Gesundheitssystem mindestens genauso wichtig wie viele
andere Präventionsangebote", sagte Haas. "Nur müsse dies auch von der
Politik verstanden werden".
Ãœber die Hochschule Fresenius
Die Hochschule Fresenius gehört mit rund 10.000 Studierenden und
Berufsfachschülern zu den größten und renommiertesten privaten
Hochschulen in Deutschland. 1848 als "Chemisches Laboratorium
Fresenius" gegründet und seit 1971 als staatlich anerkannte
Fachhochschule in privater Trägerschaft zugelassen, unterhält die
Hochschule Fresenius heute Standorte in Idstein, Köln, Hamburg,
München, Frankfurt am Main und Berlin sowie Studienzentren in
Düsseldorf und Zwickau. 2010 erfolgte die institutionelle
Akkreditierung durch den Wissenschaftsrat. In den Fachbereichen
Chemie & Biologie, Gesundheit & Soziales, Wirtschaft & Medien sowie
Design können hier Ausbildungs-, Studien- und Weiterbildungsangebote
wahrgenommen werden. Neben Bachelor- und Masterprogrammen in Vollzeit
bieten die vier Fachbereiche mit ihren sieben Schools auch
berufsbegleitende und ausbildungsbegleitende (duale) Studiengänge an.
Die Hochschule Fresenius setzt auf eine enge Einheit von
Forschung, Lehre und Praxis und forscht in den Fachbereichen Chemie &
Biologie (Institute for Analytical Research), Gesundheit & Soziales
(Institut für komplexe Gesundheitsforschung), Wirtschaft & Medien
(Institut für Gesundheitswirtschaft, Medienmanagement Institut,
Institut für Energiewirtschaft) sowie Design. Mehr Informationen
unter: www.hs-fresenius.de
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Prof. Dr. phil. habil. Christian T. Haas
Direktor am Institut für komplexe Gesundheitsforschung
Forschungsdekan Fachbereich Gesundheit & Soziales an der
Hochschule Fresenius
haas(at)hs-fresenius.de