(ots) - Zu aktuellen Vorschlägen, Flüchtlinge in
Unterkünften nach Religion zu trennen, erklärt das Deutsche Institut
für Menschenrechte:
"Diese Vorschläge lenken von den zentralen Problemen bei der
Unterbringung von Flüchtlingen ab. Eine getrennte Unterbringung in
Unterkünften ist zwar durchaus notwendig, aber die Trennlinie läuft
nicht entlang der Religionszugehörigkeit, sondern entlang des
Schutzbedarfes. Die von Deutschland bisher nicht umgesetzte
sogenannte EU-Aufnahmerichtlinie sieht vor, dass die Unterbringung
verletzlicher Gruppen wie Schwangere, Alleinerziehende, Menschen mit
Behinderungen oder von Gewalt Betroffene erhöhten Anforderungen
genügen muss.
Es trifft zu, dass Menschen in Flüchtlingsunterkünften Intoleranz
und Übergriffe wegen ihrer Religionszugehörigkeit erfahren. Dieses
Phänomen macht auch in Flüchtlingsunterkünften keinen Halt. Gewalt
als Phänomen in Flüchtlingsunterkünften hat indes viele Gesichter.
Differenzierungen bei der Unterbringung nach der Zugehörigkeit zu
unterschiedlichen Gruppen können etwa dann geboten sein, wenn
Angehörige unterschiedlicher Konfliktparteien aus ein und desselben
Konfliktregion nach Deutschland fliehen.
Konflikte und Gewalt in Flüchtlingsunterkünften entstehen
insbesondere dadurch, dass Menschen ohne Privatsphäre auf engstem
Raum zwangsweise zusammen leben. Auseinandersetzungen wie zum
Beispiel um Koch-, Reinigungs-, Wasch- und Trockengelegenheiten sind
dadurch vorprogrammiert. Verzweiflung über die gegenwärtige Situation
und Ungewissheit über die Zukunft verschärfen zudem die Probleme in
der drangvollen Enge. Vor diesem Hintergrund können auch nichtige
Anlässe zu unkontrollierten Gewaltausbrüchen führen.
Der effektivste Gewaltschutz besteht darin, Menschen nicht in
überfüllten Massenunterkünften unterzubringen, sondern in möglichst
wohnungsähnlichen Unterkünften. Zudem sollten die Menschen möglichst
schnell Zugang zum Wohnungsmarkt erhalten, wodurch auch Plätze für
neu ankommende Flüchtlinge in den überfüllten Flüchtlingsunterkünften
frei werden. Erforderlich sind Gewaltschutzkonzepte, die präventiv
spezielle Gefährdungslagen etwa für Frauen und Kinder einbeziehen wie
auch auf konkrete Gewalt in den Einrichtungen reagieren. Dabei ist
jeder Mensch gleichermaßen vor Gewalt zu schützen."
Weitere Informationen:
Hendrik Cremer (2014): Policy Paper 26: Menschenrechtliche
Verpflichtungen beider Unterbringung von Flüchtlingen. Empfehlungen
an die Länder, Kommunen und den Bund http://ots.de/3Zk6G
Heike Rabe (2015): Policy Paper: Effektiver Schutz vor
geschlechtsspezifischer Gewalt - auch in Flüchtlingsunterkünften
http://ots.de/HTTdJ
Pressekontakt:
Bettina Hildebrand, Pressesprecherin
Telefon +49 30 25 93 59 14 * 0160 96 65 00 83
E-Mail: hildebrand(at)institut-fuer-menschenrechte.de