(ots) - Reporter ohne Grenzen (ROG) ist beunruhigt über
eine jüngst in Bangladesch veröffentlichte Todesliste, auf der auch
sechs in Deutschland lebende Blogger stehen. Die Liste wurde
vermutlich von der islamistischen Gruppe Ansarullah Bangla Team
veröffentlicht, die bereits für vier brutale Morde an säkularen
Bloggern in diesem Jahr verantwortlich gemacht wird.
"Die Liste ist ein Angriff auf die Pressefreiheit - nicht nur in
Bangladesch, sondern weltweit", sagte ROG-Geschäftsführer Christian
Mihr in Berlin. "Die Regierung Bangladeschs sollte Journalisten
besser schützen, Religions- und Meinungsfreiheit garantieren und die
Mörder der Blogger bestrafen."
BLOGGER IM AUSLAND BEDROHT
Als Urheber der Liste, die Reporter ohne Grenzen vorliegt, wird
die Gruppe Ansarullah Bangla Team (ABT) vermutet. Sie steht der
islamistischen Bewegung Ansar al-Islam nahe, die als Teil von
Al-Qaida auf dem indischen Subkontinent gilt (http://t1p.de/aabz).
Die Liste umfasst die Namen von 21 Bloggern, Autoren und
Aktivisten, die aus Bangladesch stammen und heute im Exil leben. Die
Verfasser rufen die Regierung Bangladeschs dazu auf, diesen "Feinden
des Islam" die Staatsbürgerschaft zu entziehen; andernfalls werde man
sie auch im Exil verfolgen und töten. (http://t1p.de/jk48) Sechs der
Bedrohten leben in Deutschland, neun in Großbritannien, drei in
Schweden, zwei in den USA und einer in Kanada.
Zu ihnen gehört der 24-jährige Ananya Azad, der seit Juni
Stipendiat der Hamburger Stiftung für politisch Verfolgte ist und
schon 2013 auf einer Todesliste islamistischer Extremisten stand
(http://t1p.de/2n1w). In seinen Texten setzt er sich für Frauenrechte
und demokratische Reformen ein und kritisiert religiösen
Fundamentalismus.
Auch wenn ROG die Herkunft der Liste bisher nicht mit letzter
Sicherheit bestätigen kann, nimmt die Organisation die Drohungen sehr
ernst. Es ist das erste Mal, dass ABT explizit kritische Blogger im
Ausland bedroht.
MORDE BLEIBEN STRAFFREI - REGIERUNG IN DER KRITIK
ABT wird für mindestens vier Morde an kritischen Bloggern seit
Jahresbeginn verantwortlich gemacht. Am 7. August töteten
ABT-Anhänger den Blogger Niloy Neel brutal mit Macheten und
enthaupteten ihn. Er hatte islamistischen, hinduistischen und
buddhistischen Fundamentalismus kritisiert und stand dafür seit
November 2014 auf einer Todesliste (http://t1p.de/y4mf). Bei
ähnlichen Anschlägen starben am 12. Mai Blogger Ananta Bijoy Das und
am 30. März Washiqur Rahman (http://t1p.de/hueu).
Am 26. Februar wurde der Blogger und Wissenschaftsjournalist
Avijit Roy, der auch die US-amerikanische Staatsbürgerschaft besitzt,
in Dhaka ermordet. (http://t1p.de/dbv3) Der Name seiner Frau, die den
Anschlag überlebte, steht auf der aktuell veröffentlichten
Todesliste.
Die Regierung Bangladeschs hat zwar in den Mordfällen an Avijit
Roy und Washiqur Rahman ABT-Mitglieder als Verdächtige verhaftet.
Darüber hinaus hat sie jedoch bisher wenig getan, um kritische
Journalisten und Blogger zu schützen. Stattdessen rief sie diese zur
Selbstzensur auf und legte ihnen nahe, keine provokanten Artikel zu
religiösen Fragen zu veröffentlichen. Im Mai forderten mehr als 150
internationale Autoren und Journalisten die Regierung dazu auf, mehr
zu tun, um Meinungsfreiheit in Bangladesch zu gewährleisten und die
Mörder der Blogger zu verurteilen. (http://t1p.de/iz2o)
Auf der Rangliste der Pressefreiheit belegt Bangladesch Platz 146
von 180 Staaten. Weitere Informationen zur Lage der Journalisten in
Bangladesch finden Sie unter
www.reporter-ohne-grenzen.de/bangladesch/.
Für Interviewanfragen an den in Deutschland lebenden Blogger
Ananya Azad wenden Sie sich bitte an die ROG-Pressestelle.
Pressekontakt:
Reporter ohne Grenzen
Ulrike Gruska / Christoph Dreyer
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