(ots) - Über die Hälfte der untersuchten sieben
Austauschkats erreichen nicht einmal die schwachen gesetzlichen
Grenzwerte für die Abgasreinigung - Vier Systeme fallen durch und
erhalten Rote Karten - Die beiden getesteten "Blauer
Engel"-Katalysatoren zeigen: Dauerhaft hohe Abgasminderung ist nur
durch wirksame Kontrollen nach den Vorgaben des Blauen Engels möglich
Im Auftrag der Deutschen Umwelthilfe (DUH) hat der TÃœV Nord das
Abgasverhalten von sieben Austauschkatalysatoren aus dem freien
Kfz-Teilehandel untersucht. Dabei hat er überprüft, ob die Systeme
die Vorgaben des Umweltzeichens "Blauer Engel" einhalten. Die
Ergebnisse sind alarmierend: Nicht nur neue Diesel-Pkw haben ein
Abgasproblem, sondern auch Benzin-Autos, bei denen ein minderwertiger
Austauschkatalysator eingebaut ist. Vier geprüfte
Austausch-Katalysatoren führen nach dem Einbau zu Emissionen, die
weit über den Grenzwerten der Abgasnorm Euro 4 liegen. Sie erhalten
dafür eine Rote Karte.
Die DUH hat das Bundesverkehrsministerium (BMVI) über die
Prüfergebnisse informiert und fordert es auf, alle Typgenehmigungen
von Austauschkatalysatoren durch eigene Messungen zu überprüfen. Bei
festgestellten Verstößen muss das BMVI nach Auffassung der DUH den
weiteren Verkauf solcher Systeme stoppen. Es handelt sich dabei um
Produkte der Firmen AS S.L.U., ATP Auto-Teile-Pöllath Handels GmbH
(geliefert: BM Catalysts Ltd.), EEC European Exhaust and Catalyst
Ltd. und Bandel Automobiltechnik GmbH (geliefert: EEC European
Exhaust and Catalyst Ltd).
"Hinsichtlich der Abgasreinigung von Pkw steht
Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt vor einem Scherbenhaufen
seiner bisherigen Politik. Er muss nicht nur die Funktionstüchtigkeit
der Katalysatoren von modernen Diesel- und
Benzin-Direkteinspritzer-Neufahrzeugen überprüfen, sondern ist auch
für die Kontrolle und Durchsetzung der Funktionstüchtigkeit von
Austausch-Katalysatoren verantwortlich", so DUH-Bundesgeschäftsführer
Jürgen Resch. Dobrindts Ministerium wisse bereits seit zwölf Monaten
aus eigenen Messungen, dass unwirksame Austausch-Katalysatoren auf
dem deutschen Markt verkauft werden. Dennoch würden diese
Betrugssysteme weiter eingebaut, was in der Folge zur erheblichen
Verschmutzung der Atemluft führe.
Die DUH hatte zuletzt in einer Pressemitteilung vom 26. Juni 2015
darauf hingewiesen, dass das BMVI untätig bleibt. Gleichzeitig
forderte sie das Ministerium auf, den Betrug sofort zu stoppen. In
einem Gespräch mit der Arbeitsebene des BMVI teilte man der DUH mit,
nicht einschreiten zu wollen, da die Behörde - aus eigener Sicht -
wichtigere Aufgaben zu erledigen habe.
"Es ist unglaublich, dass Dobrindt den Betrug an schätzungsweise
bis zu einer Million Autofahrern, denen man in den vergangenen Jahren
minderwirksame Austauschkats eingebaut hat, offensichtlich aussitzen
will", so Resch weiter. Er fordert den Verkehrsminister nochmals dazu
auf, das Problem endlich zu lösen. Ein Vorbild solle sich Dobrindt
dabei an Sigmar Gabriel nehmen, der 2007 als Umweltminister beim
Partikelfilter-Skandal den betroffenen Autofahrern geholfen hat,
indem unwirksame Katalysatoren identifiziert und durch wirksame
Systeme ausgetauscht wurden.
Gerade angesichts der aktuellen Ereignisse um manipulierte
Abgaswerte müssen seriöse Hersteller ihren Kunden glaubhaft
versichern können, dass sie ein umweltverträgliches Produkt erwerben.
Hierfür steht der "Blaue Engel" der Jury Umweltzeichen des
Bundesumweltministeriums. Die Anforderungen des "Blauen Engels"
beinhalten neben der Einhaltung der Grenzwerte nach einer künstlichen
Alterung auch Bestimmungen zur Umweltverträglichkeit der verwendeten
Lagermatten für den Keramikkern von Austauschkatalysatoren, eine
Edelmetallanalyse und in der Folgeprüfung einen so genannten
Schütteltest (Hot-Shake-Test) im erhitzten Zustand. Dieser Test prüft
die mechanische Haltbarkeit des Katalysators.
"Die schlechte Qualität der Billigkats von Bandel und ATP ist für
sich genommen schon ein Skandal. Sie erreichen in unserem Test noch
nicht einmal die niedrigen gesetzlichen Mindeststandards. Noch viel
schlimmer aber ist, dass die Bundesregierung trotz der Erkenntnisse
aus der BASt-Studie anscheinend nichts gegen die Hersteller und
Händler von minderwirksamen Austauschkatalysatoren unternimmt", sagt
Urs Maier, Projektmanager Verkehr und Luftreinhaltung bei der DUH.
Die DUH geht davon aus, dass das Bundesverkehrsministerium nach
den Erfahrungen rund um den VW-Skandal sensibilisiert ist und nun
wirksame Maßnahmen der Kontrolle einleitet. Parallel wird die DUH als
Verbraucherschutzorganisation notwendige Schritte ergreifen, damit
nur noch einwandfreie Systeme verkauft werden. Sie wird außerdem in
folgenden Messungen weitere illegale Systeme identifizieren und deren
Verkauf stoppen.
Hintergrund:
Zwei Grüne Karten vergibt die DUH für die Katalysatoren von HJS
Emission Technology GmbH & Co. KG sowie BLUEKAT Technologie GmbH. Sie
erfüllen als einzige die umfangreichen und strengen Vorgaben des
"Blauen Engels" und stellen die dauerhafte Abgasminderung sicher. Der
Austauschkatalysator des Herstellers Ernst Apparatebau GmbH hat im
neuen wie gealterten Zustand eine deutlich schlechtere
Reinigungsleistung als die Katalysatoren von HJS und BLUEKAT. Jedoch
hält er die Grenzwerte im Test noch ein. Weil es außerdem nicht das
Umweltzeichen "Blauer Engel" trägt, erhält das System die Gelbe
Karte.
Negative Spitzenreiter im DUH-Test sind zwei baugleiche Kats des
Herstellers EEC. Einer der beiden wurde als EEC-Kat über den
Internet-Shop Autoteile-Meile.de (Delticom AG), der zweite als nicht
weiter benannte Hausmarke des Händlers Bandel über eBay erworben.
Selbst im Neuzustand überschritten die Emissionen des Prüffahrzeugs,
ein VW Passat des Abgasstandards Euro 4, mit diesen Katalysatoren die
Grenzwerte für Kohlenmonoxid (CO) um bis zu zwölf Prozent und für
Stickstoffoxid (NOx) um bis zu 180 Prozent. Die schlechte Qualität
der von Autoteile-Meile.de für 182,69 Euro und Bandel (eBay) für
125,80 Euro verkauften Katalysatoren zeigt deutlich, dass das
gesetzliche Zulassungs- beziehungsweise Kontrollverfahren
unzureichend ist. Es fehlen wirksame behördliche Prüfungen, ob mit
den ausgelieferten Katalysatoren tatsächlich die gesetzlichen
Grenzwerte eingehalten werden.
Eine Rote Karte erhalten auch die Katalysatoren der Hersteller AS
und BM. Den BM-Kat verkauft ATP als Eigenmarke ohne Nennung des
Herstellers. Beide Katalysatoren weisen im Test der DUH nach einer
künstlichen Alterung, die nach den Vorgaben des "Blauen Engels"
durchgeführt wurde, massive Grenzwertüberschreitungen auf. Dies führt
zu einer Abnutzung, die der einer Laufleistung von 80.000 km auf der
Straße entspricht. Für die Typgenehmigung muss der Hersteller
zusichern, dass die Abgasgrenzwerte auch nach 80.000 km noch
eingehalten werden. Beim gealterten Katalysator des Herstellers AS
lagen sowohl die CO- und NOx-Emissionen als auch die von
Kohlenwasserstoffen (HC) über den Grenzwerten. Insbesondere die
66-prozentige Überschreitung bei NOx ist für die Luftqualität in
Städten problematisch. Der so bedeutende NOx-Grenzwert wurde auch von
dem gealterten Kat des Herstellers BM um 83 Prozent überschritten.
Den Prüfbericht des TÜV Nord, eine graphische Darstellung der
vergebenen Karten sowie der Messergebnisse können Sie hier
herunterladen: http://l.duh.de/p300915
Die Pressemitteilung "Viele hunderttausend Pkw ohne
funktionierenden Austauschkatalysator unterwegs" vom 26.6.2015 mit
Bezug zur Studie der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) finden Sie
unter: http://l.duh.de/p260625.
Pressekontakt:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer
Mobil: 0171 3649170, E-Mail: resch(at)duh.de
Dr. Urs Maier, Projektmanager Verkehr und Luftreinhaltung
Tel.: 030 2400867-731, Mobil: 0151 18256690, E-Mail: maier(at)duh.de
Ann-Kathrin Marggraf, Pressereferentin
Tel.: 030 2400867-21, E-Mail: marggraf(at)duh.de
DUH im Internet: www.duh.de, Twitter: https://twitter.com/Umwelthilfe