PresseKat - Management School: Unterwegs in japanischen Unternehmen

Management School: Unterwegs in japanischen Unternehmen

ID: 1271092

(ots) - Toyota, Mitsubishi Heavy Industry, der
Bluetooth-Erfinder Murata, der Dieselmotorenhersteller Yanmar oder
Kintetsu, der Produzent des superlativen Schnellzugs Shinkansen: Das
waren nur wenige Stationen auf der Japanreise der Studierenden des
MBA General Management und des Masterstudiengangs Industrielles
Produktionsmanagement der UNIKIMS, der gemeinsamen Management School
der Kasseler Universität und hessischer Unternehmen. Deren 500
Studierende sind nämlich keine Stubenhocker, sondern ebenso flexibel
und mobil wie ihre Hochschule. Sie reisen nach Japan, absolvieren
ihre Präsenzphasen im berufsbegleitenden Studium in Kassel und lernen
in der Zwischenzeit auf einem der attraktivsten E-Campus, die die
deutsche Hochschullandschaft zu bieten hat. Die berufsbegleitende
wissenschaftliche Weiterbildung in einem von mittlerweile acht
Masterstudiengängen setzt einen ersten Studienabschluss voraus und
dauert zwischen 3 und sechs Semestern.

Eine Gruppe von fünf Studierenden, die an der Reise teilnahmen,
allesamt Ingenieure, berichteten darüber in einem Tagebuch.

Während der zweiwöchigen exklusiven Reise besuchten die
Studierenden u.a. die oben genannten Unternehmen, in die man ohne die
sehr guten Beziehungen des betreuenden Professor of International
Business der Kobe University, Dr. Ralf Bebenroth, gar nicht
hineingekommen wäre. Besonders lehrreich waren nach Angaben der
Reisenden die Gespräche mit den japanischen Managern.

Bebenroth wurde 1968 in Kassel geboren, studierte dort
Wirtschaftswissenschaften und promovierte im Februar 2001 zum Thema:
Bewertung bei Akquisitionen japanischer Targetunternehmen - aus Sicht
deutscher Industrieunternehmen. Bereits im März selbigen Jahres
(2001) ging er nach Japan. Nach den zwei höchst dotierten Stipendien
(jeweils zweijährig, vom DAAD und Humboldt) wurde er auf den




Lehrstuhl für International Business an der Kobe University berufen
und lehrt dort auf japanisch und englisch.

Das Programm der Studienreise entwickelt Prof. Bebenroth gemeinsam
mit den Teilnehmern, um auf deren Wünsche und Interessen individuell
eingehen zu können. Drei Studenten des fünften Semesters und zwei
Studenten des vierten Semesters, Ferdinand Marx, Simon Baldewein,
Henrik Pickel, Khalil Abdel-Rahim und Mohammed Abdel-Rahim begaben
sich auf den Weg ins Land der aufgehenden Sonne und schildern das
Erlebte - teils als Wir-Erlebnis, aber auch aus persönlicher
Perspektive. Die Studenten schrieben gemeinsam und reihum ihr
Tagebuch.

1. Tag: Müßiggang wird in Japan zum Fremdwort

Geschafft. Zwölf Stunden nach dem Start in Frankfurt setzt das
Flugzeug in Osaka auf. Mit einer Art Sammeltaxi fahren wir nach Kobe
zu unserem Hotel. Kobe? Schon mal gehört? Ja, das ist die Stadt, die
1995 von einem schweren Erdbeben heimgesucht worden war. Dort
erwartet uns Prof. Ralf Bebenroth. Wir kennen ihn schon von unserem
vorbereitenden Seminar "Interkulturelle Kompetenz" in Kassel. Es ist
ein gutes Gefühl, in der Fremde von einem bekannten Gesicht begrüßt
zu werden.

Auf die Strapazen der langen Reise, während der wir eine Nachtruhe
wie im Fluge übergangen haben, nimmt der Ferne Osten keine Rücksicht.
Er will sich zeigen und möchte entdeckt werden. Wir besuchen einen
schintoistischen Schrein und essen gemeinsam zu Mittag. Dann bleibt
etwas Zeit zum Müßiggang. Das Wort soll uns fremd werden in den
kommenden zwei Wochen. Eine solche Gelegenheit wird sich nur noch
selten bieten. Gemeinsamen brechen wir zum Abendessen an die Kobe
Universität auf.

Beim Abendessen lernen wir Frau Makowski, angehende PHD-Studentin,
und Frau Nakayama, Mitarbeiterin der Kobe Universität, kennen. Die
beiden werden uns in den kommenden Wochen häufiger begleiten und
damit einen wesentlichen Beitrag leisten, dass wir nicht hilflos
verloren gehen.

2. Tag: Im Sento-Bad mit dem Professor

Um 7:15 Uhr der frühe Aufbruch zur Vorlesung an der Kobe
Universität. Sie liegt beneidenswert schön auf dem Berg mit Blick
über die Stadt Kobe. Die Vorlesung umfasst: Kulturelles Training,
Wirtschaft in Japan, Managementkultur, Kommunikation, Verhandlungen
.... Obwohl dies die einzige - klassische - Vorlesung unseres
Aufenthaltes in Japan bleiben sollte, war sie doch erst der Anfang
des Unterrichtes. Unter all den individuellen Erfahrungen, die wir
sammeln werden, werden vor allem die häufigen Bahnfahrten (und nahezu
jede andere freie Minute) zu einer Schule des Lebens, um die in der
Vorlesung angesprochenen Themenkomplexe im Dialog oder in der Praxis
näherzubringen. Wie zum Beweis werden wir am Ende der Reise ein gut
"patiniertes" Skript in Händen halten, welches uns zwei Wochen lang
unentwegt begleitet haben wird.

Nach der Vorlesung in Kobe und dem obligatorischen Besuch des
Erdbebenmuseums besuchen wir ein traditionelles japanisches Bad
(Sento). Nach dem Auskleiden folgt eine ausgiebige Reinigung auf viel
zu kleinen Plastikhockern mit Hilfe von Wasserschüsseln. Uns
Europäern kostet das einige Mühe, doch sie wird durch ein
entspannendes Bad gelohnt. Das Wasser ist knapp über 42°C warm. Nach
dem Ãœberleben wirkt es belebend.

3. Tag: Nicht alles ist in Japan hell, sauber und sicher

Wir beginnen die Zeitverschiebung zu verkraften. Start um 7:50 Uhr
am Bahnhof zu Yanmar, einem der größten Dieselmotorenhersteller
Japans. Er hat seinen Ursprung in der Herstellung kleiner
Dieselmotoren für landwirtschaftliche Geräte. Hier bereits lernen
wir, dass man in Japan zu Besuchen, auch zu geschäftlichen, ein
kleines Geschenk wie Kekse oder Konfekt mitbringt, um seinem
Gegenüber zu zeigen, dass man an ihn gedacht hat.

Wir werden am Bahnhof in Nagahama, dank der guten Beziehungen von
Herrn Bebenroth zu Yanmar, von dem Yanmar-Fahrdienst abgeholt und zum
Werk gefahren. Yanmar ist Deutschland eng und in Sympathie verbunden,
da der erste Motor eine Verbesserung und Verkleinerung der
Dieselmaschine von Dr. Rudolf Diesel darstellte.

Nach einer persönlichen Begrüßung und einem Film über das
Unternehmen folgt eine Führung durch die Produktion. Zugegeben - es
ist etwas desillusionierend, denn vor unserem geistigen Auge hatten
sich japanische Fabriken immer als heller, sauberer Ort mit modernem
Maschinenpark entfaltet. Hier sieht die Wirklichkeit anders aus, aber
der Grad der Automatisierung, die Vereinfachung von Abläufen und die
Prozessorganisation entsprechen dem, was wir erwarten. Lagerumschlag
der Bestände binnen eineinhalb Tagen! Die Arbeitssicherheit, speziell
die Maschinensicherheit durch Einhausungen, Lichtgitter und
Absperrungen, hat offenbar geringe Bedeutung. Begründet wird dies mit
der sehr guten Schulung der japanischen Mitarbeiter, die obendrein
nicht so häufig die Firma wechselten, wodurch die Gefahren im
Arbeitsumfeld vermindert würden. Nach der Führung haben wir erneut
Gelegenheit, Fragen zu stellen, und brechen zum Yanmar Museum auf.

Persönlich erwarten wir zunächst nicht allzu viel von diesem
Museum, doch wir werden gleich am Eingang herzlich empfangen und mit
mitreißendem Enthusiasmus durch das Museum geführt. Der ungewöhnliche
Höhepunkt des Museumsbesuchs ist ein heißes Fußbad auf dem Dach, das
wir in Anspruch nehmen können, da uns unser Professor die notwendigen
Handtücher vorher eingepackt hatte.

Zur Stärkung nach diesem Erlebnis finden wir in der verschlafen -
schönen - Stadt Shiga ein traditionelles japanisches Restaurant, in
dem wir auf Tatami-Matten (aus Reisstroh) an etwa 30 Zentimeter hohen
Tischen essen. Während Prof. Bebenroth in der Zwischenzeit seinen
Lehrveranstaltungen in Kobe nachkommen muss, begleitet uns
glücklicherweise Herr Ladig, ein PHD-Student, der die japanische
Sprache sehr gut beherrscht und uns bei der Essensauswahl nicht ganz
dem Zufall überlässt.

Essen in Japan: Mehr als Algen, sondern Eis mit Bohnenfüllung Ja,
also das Essen. Das japanische Essen ist wesentlich vielseitiger als
die Vorstellung von Reis, Algen und rohem Fisch erwarten lassen.
Abenteuerlustig probieren wir möglichst viel. Das einzig
Enttäuschende sind jedoch die (vermeintlichen) Süßigkeiten, die zu
gefühlten 90 Prozent mit Bohnen oder Bohnenpaste gefüllt sind. Selbst
das Eis entpuppt sich als ganz schön "bohniert". Doch all diese
Bohnenfüllungen werden durch "Koberind", eine besondere,
herkunftsgeschützte Rinderrasse (Wengu-Rind), wieder mehr als
wettgemacht. Es ist schlicht das beste Fleisch, das wir je gegessen
haben ... Und das teuerste.

Generell kann man sich aber immer sehr schnell und recht günstig
mit Essen und Trinken in den omnipräsenten "Kombinis" eindecken,
welche 24 Stunden geöffnet haben. Als Snack besonders zu empfehlen
sind mit Reis gefüllte Dreiecke aus der Kühltheke - mit dem Verzehr
kommt die Überraschung, welche Füllung man dieses Mal erwischt hat.

4. Tag, vormittags: Herrlich ausschlafen, denn das Programm
beginnt erst um 8 Uhr

Herrlich, wir können einmal richtig ausschlafen und starten erst
um 8:00 Uhr am Hotel. Unser Ziel ist die Firma Kintetsu, ein
Eisenbahnwaggonbauer aus Osaka. Besonders interessant ist für uns ein
im Bau befindlicher Shinkansen. Zuerst notieren wird uns: "Das
japanische Pendant zu unserem ICE". Aber das trifft es nicht, denn
der Shinkansen ist ein Zug der Superlative, der uns bekannte ICE
wirkt dagegen geradezu niedlich.

Reisen in Japan: Die Züge fahren auf die Sekunde pünktlich und
bremsen auf Millimeter genau

In Japan kommt eigentlich jeder Zug auf die Minute pünktlich an,
vermutlich sogar auf die Sekunde genau. Und er hält exakt an der
vorgesehenen Stelle, an der die Fahrgäste wohlgeordnet in Schlangen
warten: Eine logistische Meisterleistung! Diese Behauptung müssen wir
lediglich geringfügig relativieren: In zwei Wochen, in denen wir
jeden Tag mit zig Zügen bis zu 800 km zurückgelegt haben, hat
lediglich ein einziger Zug ganze sieben Minuten Verspätung. Wir
werden auf dem Rest dieser Reise unentwegt von
Entschuldigungsbekundungen, dem aktuellen Stand und dem Grund der
Verspätung über Lautsprecher im Bilde gehalten.

Glücklicherweise hatten wir schon von Deutschland aus einen Japan
Rail Pass zum Preis von knapp 220 Euro erworben, mit dem wir nun eine
Woche mit "Japan Rail" reisen können. Auch wenn durch den Japan Rail
Pass die zahlreichen Fahrten mit den Privatbahnen nicht abgedeckt
werden, erspart uns der Pass mehrere hundert Euro.

PS: Das Kontrasterlebnis nach meiner Rückkehr nach Deutschland:
Von Frankfurt nach Marburg (80 km) hatte die Bahn eine Stunde
Verspätung und fuhr vom falschen Gleis ab. Obendrein mussten wird
zwischendurch außerplanmäßig den Zug wechseln.

4. Tag, nachmittags: Internationalität in homöopathischen Dosen

Wie immer während unserer Exkursion brechen wir eilig bei Kintetsu
auf, um unserem engen Zeitplan folgend, rechtzeitig bei Murata, dem
Bluetooth-Erfinder, einzutreffen. Bei der Vorstellung des
Unternehmens und der Präsentation zur geplanten internationalen
Ausrichtung erfahren wir, dass unter Internationalität in Japan etwas
anderes verstanden wird als in Europa, eher etwas Homöopathisches,
denn stolz wird uns von einem ausländischen Mitarbeiter unter den
60.000 Japanern berichtet und genau dieser hat ein neues Firmenlogo
entwickelt. Dieses hebt sich allerdings nur unwesentlich vom alten
ab. Eine primäre Botschaft der Präsentation ist die Umstellung von
einem reinen Komponentenlieferanten zu einem Systemlieferanten
"Solutions". Ein Beispiel dafür sind heute die auf dem Markt
erhältlichen Bluetooth- und Wireless-Module.

Um 14:30 Uhr geht unser Zug nach Kyoto, einer sehr schönen aber
zugleich auch touristisch geprägten Stadt. Auch der Begriff
"touristisch" wird in Japan etwas anders gedeutet - so erschienen wir
offenbar selbst in Kyoto exotisch genug, dass uns die sonst so
schüchternen Japaner baten, Fotos von ihnen und uns machen zu dürfen.

5. Tag: Heilige Rehe und der Atombomben-Dom

Wir starten um 8:30 Uhr nach Hiroshima, um dort erst einmal unser
Gepäck am Hotel abzugeben und den Tag unbeschwert zu erleben - vom
späteren Besuch des Atombombenmuseums einmal abgesehen. Unser erster
Weg führt uns zum Itsukushima-Schrein, welcher nicht nur
Weltkulturerbe ist, sondern auch malerisch auf der Insel Miyajima
liegt, was das Übersetzen mit der Fähre voraussetzt. Der Besuch der
Insel und des Schreins sind sehr zu empfehlen und gehört für uns zu
den Top Zwei der Reise, neben dem Besuch des Stahlwerkes der Firma
JFE.

Neben vielen japanischen Touristen ist die Insel vor allem von
zahmen, offenbar etwas degenerierten und unvergesslichen heiligen
Rehen bevölkert. Verglichen zu dem sonst außerordentlich sauberen
Japan bildet die Insel eine weniger saubere Ausnahme! Die Rehe dort
suchen in den wenigen Mülltonnen nach Essensresten, was dann zu
sichtlichen Verunreinigungen führt. Grundsätzlich findet man in Japan
selten einen Mülleimer und trägt seinen Müll teilweise stundenlang
mit sich umher. Es ist zu bezweifeln, dass die meisten Deutschen die
Disziplin dazu besäßen, ihre Überreste nicht irgendwo "zufällig"
fallenzulassen. Ein amüsantes Beispiel für die Sauberkeit
öffentlicher Orte ist unsere mehrfache Beobachtung, wie an Bahnhöfen
die Ritzen zwischen den Pflastersteinen mit Staubsauger und Pinsel
gereinigt werden. Diese Jobs, wie auch jene der vier Leute mit gelben
Westen und Helm, die einem beim Ãœberqueren des Zebrastreifens helfen,
tragen nicht nur zur Sauberkeit, sondern auch zur sagenhaft niedrigen
Arbeitslosenquote Japans (momentaner Stand: 3,6 %) bei.

Nachmittags besuchen wir den Friedenspark und das
Atombombenmuseum. Besonders eindrücklich war für uns der
"Atombomben-Dom", ein Gebäude mit stählernem Kuppeldach, über welchem
direkt die Atombombe explodierte und ein mahnendes Gerippe
zurückließ. Die Bilder und Exponate des Atombombenmuseums sind
allerdings nichts für zarte Gemüter.

Asynchrones Karaoke hat den größten Spaßfaktor

Nach einem eindrucksvollen Tag entschließen wir uns spontan, den
Abend mit einer sehr japanischen Tradition abzuschließen: Der Besuch
einer Karaoke-Bar ist ein absolutes "To Do" in Japan und bringt Farbe
in den Alltag.

Nachdem wir mit einigen Japanern auf Englisch ins Gespräch
gekommen waren, was schwieriger ist, als man vermuten könnte, haben
sie uns eine Karaoke-Bar in der Nähe empfohlen und uns dorthin
geführt. In der Bar zahlt man einen Festpreis pro Person und kann zum
Beispiel für eine Stunde inklusive Getränke in einem privaten Raum
mit Videoüberwachung gegeneinander um die Wette singen. Unser Raum
ist für sechs Personen sehr eng ausgelegt und der kleine Monitor
etwas unterdimensioniert. Die Texte sind selten gut übersetzt und
laufen auch nicht synchron zur Musik und dem Video, aber der
Spaßfaktor ist dafür sehr groß.

6. Tag: Bento - die japanische Lunchbox als Ãœberraschung

Fahrt von Hiroshima nach Tokyo (ca. 800 km). Für die Fahrt kaufen
wir uns ein Bento, das ist eine Art japanische Lunchbox mit
interessanter Füllung. Im Gegensatz zu anderen öffentlichen
Verkehrsmitteln ist es im Shinkansen üblich zu essen und zu trinken.
Nach der Stärkung des Körpers stärken wir unseren Geist durch die
Fortsetzung der Vorlesung.

Den Nachmittag und Abend in Tokyo verbringen wir mit der Erkundung
von Ginza, dem "Schickimicki-Einkaufsviertel", sowie der Besichtigung
des Tokyo Tower, von dem aus wir einen atemberaubenden Ausblick über
die Dächer der Stadt endend in einem Lichtermeer haben. Ein absolut
zu empfehlendes Erlebnis.

7. Tag: Auf vergeblicher Suche nach den Sumo-Ringern

Den Vormittag verbringen wir mit der fast vergeblichen Suche nach
Sumo-Ringern im speziellen Sumo-Ringer-Viertel, dem Besuch der "Insel
der Zukunft" Odaiba und der Miele Galerie in Tokyo. Nun, einen Ringer
trafen wir dann doch noch an der Tür eines Sumo-Stalls, der
allerdings den Ring bereits fegte, da das Training schon vorbei war.
Sumo-Ringer starten frühmorgens gegen 6 Uhr mit dem ersten Training.

Nachmittags haben wir einen Termin im Headquarter von Mitsubishi
Heavy Industry's. Dort dürfen wir mit zwei Managern der Abteilung
Human Resources ein sehr interessantes Gespräch über die
Herausforderungen des bevorstehenden Joint Ventures mit Siemens
führen. Typisch japanisch werden wir im Anschluss an das Meeting zum
gemeinsamen Abendessen in einem der Firma naheliegenden Restaurant
eingeladen, bei dem es sowohl typisch japanische Küche als auch
japanischen Reisschnaps, Bier und Süßkartoffelschnaps gibt. Dann sind
wir noch mit den Managern durch die Straßen gezogen und hatten eine
gute Zeit.

8. Tag: Ein unübertreffliches Feuerwerk aus brennender Gischt

Aufbruch zu JFE, einem der größten Stahlhersteller der Welt mit
Sitz in der Chiba Präfektur, circa eine Stunde entfernt von Tokyo.
Wie meistens in Eile und mit Umsteigezeiten von unter 2 Minuten - was
auf wundersame Weise immer funktioniert, ohne jemanden zu verlieren -
erreichen wir Chiba, in der Hoffnung vor der Führung noch etwas zum
Mittagessen zu finden. Wir werden fündig - zum Essen reicht die Zeit
allerdings nicht mehr, weswegen das Essen mehrere Stunden verlockend
und gut verpackt auf einem Tisch im Sitzungszimmer steht - doch das
uns gebotene Programm ließ uns den Hunger vergessen. Zu uns und Prof.
Bebenroth stoßen noch Prof. Ohsum, Visiting Professor an der Asian
Pacific University, und Prof. Namba, ehemals Manager bei JFE und
ebenfalls Professor an der Asian Pacific University, die diesen
Besuch erst ermöglichten. Der Besuch beginnt mit der obligatorischen
PowerPoint-Präsentation, wobei hier im Gegensatz zu den bisherigen
Einstiegspräsentationen auf die Prozesse der Stahlherstellung
eingegangen wird, anstatt ausschließlich die vorgestellte Firma und
deren Produkte zu glorifizieren.

Anschließend werden wir mit Jacken, Helm, Schutzbrille und
Mundschutz eingekleidet und legen die ersten Meter mit dem Werksbus
über ein beeindruckendes Industriegelände zurück. Für uns schwer zur
sagen, ob hässlich oder schön, auf jeden Fall gewaltig und
begeisternd. Unser erstes Ziel ist der Hochofen, in welchem aus
Eisenerz und Koks (und den giftigen Gasen aus der Kokerei) Roheisen
hergestellt wird, etwas, was man inzwischen in Deutschland vergeblich
sucht. Anschließend dürfen wir die Stahlkonverter aus allernächster
Nähe in Betrieb sehen. Hier wird Sauerstoff in das Roheisen geblasen,
um den darin enthaltenen Kohlenstoff zu verbrennen. Es übertrifft
(vielleicht nur für uns als Ingenieure) jedes Feuerwerk, wenn das
Roheisen begleitet von einer Gischt aus Feuer in den Konverter
gefüllt wird.

Wir begleiten den Stahl auf seinem Weg, wie er in Stränge
gegossen, geschnitten und glühend heiß zu Coils geformt wird. Diese
in einem knappen Satz beschriebenen Vorgänge erstrecken sich auf
mehrere Kilometer, die wir zu Fuß auf Gitterrosten zurücklegen,
während uns die Hitze der glühenden Stahlbarrels (und ab und an der
Plasmaschneider) ins Gesicht schlagen. Dieser Besuch ist am Ende
unser persönliches Highlight der Exkursion.

Die Krönung dieser Besichtigung ist der abendliche Besuch einer
Skybar im 52. Stock des Hyatt Hotels in Tokyo. Vielen ist dieser Ort
aus dem Film "Lost in Translation" bekannt. Hier können wir uns bei
Jazz-Livemusik und ausgefallenen Cocktails mit unserem Professor Ralf
Bebenroth über berufliche Ziele und japanische Managementsysteme
unterhalten. Der Rundumblick über die Metropole Tokyo bei Nacht wird
jedem Einzelnen in phantastischer Erinnerung bleiben.

9. Tag: Gelangweilte Broker und der "Schrein des Anstoßes"

Vormittags Besuch der Tokyo Stock Exchange, welche häufig im
Fernsehen zu sehen ist. Wer bei dem Besuch ein wildes Treiben von
Börsianern erwartet, wird enttäuscht. Im ganzen Komplex sehen wir
vielleicht sechs Mitarbeiter, welche mit unverhohlener Langeweile in
ihre Monitore blicken, was in Japan umso erstaunlicher ist.
Interessanter als die Börse sind Prof. Bebenroths Schilderungen zur
japanischen Wirtschaft und der aktuellen Versuche der Politik, diese
aus der Rezession zu führen (Abenomics).

Im Anschluss suchen wir den Yasukuni-Schrein auf. Der ist aus den
Medien bekannt und für viele, speziell für Chinesen und Koreaner, ein
"Schrein des Anstoßes". Der Blick auf den zweiten Weltkrieg, in dem
Japan und Deutschland Verbündete waren, ist in den beiden Ländern ein
jeweils anderer. In diesem Schrein finden zahlreiche Menschen ihre
letzte Ruhe, die aus Sicht der militärischen Gegner Japans
Kriegsverbrecher waren. Grund des Anstoßes ist eine jährliche
Zeremonie, in welcher viele einflussreiche Politiker bis hin zum
japanischen Premierminister Abe dorthin pilgern und huldigen, denn
viele dieser dort Beerdigten sind die Vorfahren der heutigen
japanischen politischen Elite.

Auf die Gefahr hin, damit zu pauschalisieren, scheint es so, als
wäre für Japaner die Bewahrung von Tradition wichtiger als eine
kritische Auseinandersetzung mit der eigenen geschichtlichen Rolle.

Am frühen Abend brechen wir nach Nagoya auf, was der Ausgangspunkt
für unsere Exkursion zu Toyota sein soll. Nagoya hat über zwei
Millionen Einwohner, wird in ihrer Attraktivität aber von jeder
deutschen Ruhrpottstadt bei Weitem übertroffen, was sich für uns auch
darin ausdrückt, dass es uns fast unmöglich ist, etwas abgelegen von
der Innenstadt ein noch offenes Lokal zu finden, um doch etwas zu
Abend zu essen.

10. Tag: Fünf Studenten ganz allein im Land

Früher Aufbruch zu Toyota. Wir sind das erste und einzige Mal
einen halben Tag ganz auf uns alleine gestellt. Wir brechen nach
Toyota Stadt mit Professor Bebenroth gemeinsam früh auf, der uns
allerdings nur bis zur letzten Bahnstation begleiten kann, da er an
dem Nachmittag seinen Vorlesungsverpflichtungen in Kobe nachkommen
muss und vorher abreist. Es ist in einem Land, in dem man die Schrift
nicht lesen kann und in dem fast niemand englisch spricht, recht
schwierig, Gebäude zu finden, das gilt selbst für den Sammelpunkt von
Toyota für Betriebsbesichtigungen. Wir haben Glück und zeigen uns zum
Erstaunen des Taxifahrers dreist genug, uns zu fünft in ein Taxi für
bestenfalls vier zu quetschen, sodass wir noch vor der geplanten
Ankunftszeit bei Toyota eintreffen. Später versichert uns unser
Professor, er habe uns "auf eine sichere Piste gebracht", bevor er
weiter musste. Alle Taxifahrer dort an der Endstation wüssten bei
Ausländern Bescheid, wo diese hinwollten.

Die Besichtigung bei Toyota ist obligatorisch, da das "Toyota
Produktions System" ein wichtiges Element unseres Studiums ist und
wir stolz sind, sagen zu können, dass wir wirklich einmal dort waren.

Neben der Besichtigung von drei Produktionslinien besuchen wir
auch das Toyota-Museum. Nett.

11. Tag: Eine Nacht im Kloster

Wieder einmal brechen wir früh auf, diesmal um den heiligen Berg
Koya zu besuchen und dort in einem Kloster zu übernachten. Wie die
meiste Zeit in Japan haben wir wunderbares Wetter, was uns bei der
Anreise, unter anderem mit einer Standseilbahn, bereits eine
Vorahnung auf die Idylle am Ziel verschafft.

Wir beziehen die Zimmer und gehen zum Friedhof, um das Grab des
Panasonic-Gründers zu besuchen, das nur wenige Meter vom Kloster
entfernt liegt. Die tiefstehende Sonne erzeugt einen eindrucksvollen
Anblick. Circa 200 Fotos später und in der Dämmerung erreichen wir
schließlich das Grab, das weniger imposant aussieht als erwartet. Die
Ehre, auf diesem Friedhof beerdigt zu werden, soll noch größer sein,
als mit dem Blick auf die eigene Firma beerdigt zu werden.

Die Ruhe des Friedhofs wird regelmäßig durch alles überschallende
Musik aus quakenden Lautsprechern gestört, aber wen außer uns sollte
das stören?

Wir sind beeindruckt vom Klostergebäude. Nach der obligatorischen
Schuhwechselprozedur, in der wir schon etwas geübt sind, werden wir
zu unseren traditionell eingerichteten Zimmern geführt. Das "Bett"
ist ein Futon, der Boden ist mit Tatami-Matten belegt. Darauf ein
niedriger Tisch. Der Ausblick aus den Fenstern ist genauso schön und
fremd wie die Ansicht von außen. Nach einem heißen Bad im
klostereigenen Onsen fallen wir erschöpft auf den Futon, doch all die
Müdigkeit hilft nicht darüber hinweg, dass der Schlafplatz doch
unbequem ist.

12. Tag: Der harten Nacht folgt eine buddhistische Zeremonie

Die Nacht im Kloster ist eindrucksvoll und das Kissen so hart,
dass mir erstmals im Leben das Ohr eingeschlafen ist. Morgens werden
wir rechtzeitig geweckt, um ab 7 Uhr an einer buddhistischen
Zeremonie teilzunehmen. Unser Professor hatte uns diese Teilnahme
schon auf die abschreckende Weise beschrieben - eineinhalb Stunden in
unbequemer Position, mit eingeschlafenen Beinen, bei bitterer Kälte
und einem Mönch, der einem - zur Erfrischung - ein Brett ins Kreuz
schlägt, wenn man einschläft. Offenbar haben wir Glück. Wir sitzen
auf Hockern, es summt ein Heizlüfter und das Ganze gestaltet sich
kurzweilig.

Im Anschluss folgt das traditionelle Frühstück. Es ist nicht nach
jedermanns Geschmack, aber auf jeden Fall sehr interessant. In einem
für die Öffentlichkeit eigentlich nicht zugänglichen Washitsu
verspeisen wir schwer einordenbares Gemüse.

Nun brechen wir wieder Richtung Osaka auf, wo wir das
Entrepreneur-Museum besuchen. Dort werden uns die 101 wichtigsten
Gründerpersonen aus dem Kansai-Gebiet vorgestellt.

Von Osaka geht es weiter nach Nara, wo wir eine Tempelanlage
besuchen. Neben den - hier ebenfalls degenerierten und dazu noch
heiligen - Rehen bildet eine monströse Buddha-Statue vollkommen zu
Recht die Hauptsehenswürdigkeit.

Nach diesem ereignisreichen Tag sind wir froh, spätabends unser
Hotel in Kobe zu erreichen.

13. Tag: Wo die Wissenschaft nach Whisky schmeckt

Vormittags Besuch der Suntory Brennerei in Koyoto. Die Brennerei,
deren Whisky zwischenzeitlich zur Schande der Schotten zum Besten der
Welt gekürt wurde, ist für uns weniger wegen der Destillate, sondern
natürlich wegen der 16 Milliarden Dollar schweren Übernahme der
amerikanischen Firma Beam (die zum Beispiel Jim Beam herstellt) durch
Suntory interessant. Die Hintergründe, Probleme und Auswirkungen
dieser und weiterer Ãœbernahmen, Fusionen und Kooperationen sind ein
wichtiger Teil der Lehrinhalte, die uns Prof. Bebenroth vermittelt
hat. Hier schmeckt die praktische Seite der Wissenschaft torfig,
malzig und geistreich.

Doch eigentlich ist die Besichtigung der Brennerei nichts
Besonderes, auch wenn hier der bessere Whisky gebrannt wird, können
die Schotten sich besser und interessanter präsentieren.

Am Nachmittag schließen wir das interkulturelle Training ab und
gehen zum gemütlichen Abendprogramm über. Und wieder lockt das
Kobe-Rind.

Japanische Besonderheiten: Fühlst Du den Unterschied?

"Do you feel the difference" (Mr. Yok, Headquarter Murata) Dieses
Zitat von Mr. Yok (Team Leader im Headquarter von Murata) ist ein
Sinnbild für sehr viele Eindrücke und Bilder, die wir in Japan
gesammelt haben. In diesem Fall spricht Mr. Yok über die Art und
Weise, wie die geschätzten 200 Mitarbeiter in einem einzigen
Großraumbüro ohne Trennwände täglich ihr Business diszipliniert
durchführen. Die Rücksicht auf andere zählt in Japan häufig mehr als
das eigene Wohlbefinden oder die eigene Bequemlichkeit.

An jeder U-Bahn-Station raus und von neuem wieder rein

Ein Beispiel, dass wir hautnah miterleben, ist der Ein- und
Ausstieg in der U-Bahn. In der Rushhour sind die Züge meistens sehr
gut belegt, sodass man teilweise durch die Menge eingequetscht wird.
Personen, die an der Tür stehen und an der nächsten Haltestation
nicht aussteigen müssen, haben keine andere Wahl, als selber mit
auszusteigen, um der Welle der herausrängenden Menschen im Zug Platz
zu verschaffen. Wir würden in der Nähe der Tür stehen bleiben und
denjenigen Platz machen, die aussteigen wollen. Japaner, die in den
Eingängen der Züge stehen, steigen mit aus, um dann aber als erste
wieder einsteigen zu dürfen.

Standardisierung vor Individualisierung

In Japan aber geht Standardisierung vor Individualisierung. Wir
bestellen eine Pizza Tonno, die aber in Japan nur mit Mayonnaise
geliefert wird, die wir auf der Pizza nicht wollen. Am Ende kaufen
wir die Pizza mit Mayonnaise, um diese später wieder abzulöffeln. In
Japan ist es eben enorm schwierig, außerhalb von einem definierten
"Standard" wie der üblichen Konfiguration einer Pizza eine
individuelle Änderung zu erhalten.

Trinkgeld ist würdelos

Ein weiterer markanter Unterschied zu uns ist der Umgang mit
Trinkgeld. Guter Service wird nicht mit Trinkgeld honoriert.
Trinkgeld geben zu wollen oder gar zu nehmen, gilt als würdelos.

Ein anders Beispiel für den Unterschied zwischen Deutschland und
Japan ist die Tatsache, dass ein Großteil der Japaner nur sehr wenig
bis kein Englisch spricht, was angesichts der langen Zeit des
Englischunterrichts an der Schule erstaunlich ist. Japan
kennenzulernen, ohne die japanische Sprache zu beherrschen, ist aus
unserer Sicht kaum möglich.

Das Fazit der Studenten: "Wir haben es genossen"

Wir haben es sehr genossen, diese sehr interessante und fremde
Kultur kennenlernen zu dürfen. Dies gelang uns durch die persönliche
Betreuung durch Ralf Bebenroth besser, als es auf andere Weise jemals
möglich gewesen wäre. Unser herzlicher Dank gilt Herrn Professor
Bebenroth für die durchweg sehr gute Planung und Koordination sowie
die vielen Informationen und Eindrücke in diesem doch sehr fremden
und bisweilen befremdlichen Land.

Vier Flaschen, aber zu müde zum Trinken

Auf unserem Weg nach Japan kauften wir im Duty Free Shop noch
einige geistreiche Getränke, mit dem Bestreben, uns ab und an abends
im Hotelzimmer zusammenzusetzen und den Abend noch gemütlich bei dem
einen oder anderen Gläschen ausklingen zu lassen. Es hatte weniger
etwas mit Vernunft zu tun, dass wir zusammen in 14 Tagen gerade eine
dieser Flaschen geschafft haben. Wir waren schlichtweg zu müde, wenn
wir nach den vollen, ereignisreichen und oft anstrengenden Tagen ins
Hotel zurückkamen. Einen großen Teil unserer Tage, speziell wenn wir
mit unserem Professor Herrn Bebenroth unterwegs waren, absolvierten
wir im Laufschritt - manchmal auch rennend.

Harmonie, Ordnung, Sauberkeit

Wir - für unseren Teil - sind froh, wieder nach Deutschland zum
Leben und Arbeiten zurückkehren zu dürfen, da uns all die sozialen
Zwänge und Normen, im Arbeits- und Berufsleben mit Sicherheit häufig
einschränken würden. Gleichwohl hat Japan weit mehr zu bieten, als
gemeinhin bekannt, nicht zuletzt die Harmonie, Ordnung, Sauberkeit
sowie sehr höfliche und hilfsbereite Menschen und eine unglaublich
traditionelle Kultur.



Pressekontakt:
UNIKIMS - die Management School der Universität Kassel
Universitätsplatz 12
34127 Kassel

Dr. Jochen Dittmar
Geschäftsführer

Tel.: 0561-804-2913
Email: dittmar(at)uni-kassel.de

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Datum: 05.10.2015 - 11:12 Uhr
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