(ots) - Siehe aktuelle Zahlen im letzten Absatz der
Pressemitteilung
Bei den Luftangriffen auf ein Krankenhaus der Hilfsorganisation
"Ärzte ohne Grenzen" im afghanischen Kundus könnte es sich um ein
Kriegsverbrechen gehandelt haben. Das legt der Bericht eines
Augenzeugen nahe, der sich gegenüber dem ARD-Magazin "Monitor"
(15.10.2015, 21.45 Uhr im Ersten) geäußert hat.
Der Krankenpfleger widerspricht in seiner Darstellung der
offiziellen Sichtweise der afghanischen Regierung. Diese hatte
unmittelbar nach den Angriffen vom 3. Oktober behauptet, dass sich
zehn bis 15 Terroristen in dem Krankenhaus versteckt hätten, die bei
dem Angriff alle getötet worden seien.
Am Abend vor den Angriffen sei gegen 23 Uhr ein Verletzter von den
Taliban eingeliefert worden, erzählt hingegen der Krankenpfleger, der
in dieser Nacht im Krankenhaus gearbeitet hat. "Nachdem wir ihn
versorgt hatten, haben sie ihn wieder mitgenommen. Die Taliban
wollten ihre Kämpfer nie bei uns lassen. Als dann der Luftangriff
begann, waren keine Taliban mehr im Krankenhaus." Er habe auch "nie
einen Bewaffneten in diesem Krankenhaus" gesehen. "Jeder, der in das
Krankenhaus kam, musste vorher seine Waffen abgeben."
Nach den unterschiedlichen Erklärungen des US-Militärs hätten
afghanische Militärs die Luftangriffe angefordert. Das Krankenhaus
habe dabei nur "in der Nähe" der Angriffe gelegen und sei
"irrtümlicherweise" getroffen worden. Dem widerspricht, was
Mitarbeiter von "Ärzte ohne Grenzen" aus dieser Nacht berichten: "Was
unsere Mitarbeiter von vor Ort berichtet haben, deutet wirklich klar
darauf hin, dass gezielt das Hauptgebäude des Krankenhauses
angegriffen wurde. Also dass es nicht so war, dass man auf ein
anderes, nahegelegenes Ziel fokussiert hätte und sich geirrt hätte",
sagte Florian Westphal, Geschäftsführer von "Ärzte ohne Grenzen
Deutschland", gegenüber "Monitor". Auf dem Gelände des Krankenhauses
habe es direkt vor den Luftangriffen keinerlei Kampfhandlungen
gegeben.
Die Aussagen der Augenzeugen erhärten damit den Verdacht eines
Kriegsverbrechens, das bei einem absichtlichen Beschuss eines
Krankenhauses vorliegen würde, sofern es nicht Ort von
Kampfhandlungen ist. "Krankenhäuser sind durch die Genfer
Konventionen geschützt, sie dürfen nicht angegriffen werden", erklärt
der Völkerrechtler Prof. Michael Bothe gegenüber "Monitor". Auch "die
einfache Gegenwart von Kämpfern in diesem Krankenhaus" schließe
diesen Schutz nicht aus.
Nach Angaben von "Ärzte ohne Grenzen" wurden bei den Angriffen 24
Menschen getötet, 14 Mitarbeiter der Hilfsorganisation und zehn
Patienten, darunter drei Kinder. 37 Menschen wurden verletzt.
Redaktion Andrea Miosga, Georg Restle.
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