(ots) - Wer zynisch veranlagt ist, könnte das Wahlergebnis
in der Türkei begrüßen. Die absolute Mehrheit für Erdogans AKP
schafft zumindest Klarheit, könnte man meinen. Und um in der
Flüchtlingsfrage zwischen der EU und der Türkei weiterzukommen, geht
ohnehin nichts ohne den türkischen Staatspräsidenten. Doch selbst
eine solch eigennützige Blickrichtung liegt völlig daneben. Der
Durchmarsch der AKP - von dem noch nicht klar ist, ob er nur auf
Desinformation und Einschüchterung im Vorfeld beruht, oder ob es auch
bei der Wahl selbst nicht überall mit rechten Dingen zuging - bringt
keinerlei Befriedung. Schon gar nicht, wenn es die prokurdische HDP
anders als beim Wahlgang im Juni nicht über die Zehn-Prozent-Hürde
geschafft haben sollte. Der Durchmarsch der AKP bedeutet, dass
Erdogan seine ohnehin schon autokratische Führung des Landes durch
die Umstellung auf ein unumschränktes Präsidialsystem betonieren
lässt. Es bedeutet, dass dem Verwaltungs- und Justizapparat eine
"Säuberung" brutaler Gründlichkeit bevorsteht. Er bedeutet die
dauerhafte Gleichschaltung aller Medien, die auf technische und
wirtschaftliche Produktionsmittel zurückgreifen müssen. Und er
bedeutet, dass alle Chancen auf eine dialogische Lösung des
Kurdenkonfliktes über Jahre hinaus zunichtegemacht worden sind. In
dem Maße, in dem sich die Kurden jenseits der türkischen Grenzen im
Irak und in Syrien behaupten, werden sie in der Türkei leiden müssen.
Das alles wird voraussichtlich ohne jeden kritischen Druck aus der EU
vonstattengehen, die die Türkei zur Begrenzung des Flüchtlingsstroms
zwingend braucht. Ein ganz schwarzer Tag für Freiheit, Demokratie und
Verständigung - nicht nur in der Türkei.
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