(ots) -
- Mehr Einigkeit in Koalition unabdingbar
- Zweite Halbzeit der Legislaturperiode für mehr Investitionen
nutzen
- Bundeskanzlerin Merkel und britischer Finanzminister Osborne
reden auf dem Tag der Deutschen Industrie
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) ruft die
Bundesregierung zu größerer Geschlossenheit in der Flüchtlingskrise
auf und warnt vor überzogenen Erwartungen an die Zuwanderung: "Diese
Situation wird dauern und eine gewaltige Kraftanstrengung für
Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Deshalb ist mehr Einigkeit in
der Koalition unabdingbar", sagte BDI-Präsident Ulrich Grillo am
Dienstag auf dem Tag der Deutschen Industrie in Berlin. "Weder
Sprachkenntnis noch Qualifikation können herbeigewünscht werden."
Deutschland müsse für lange Zeit große Summen aufbringen, diese
bedeuteten jedoch bei Gelingen langfristigen Nutzen. "Zentral ist es,
möglichst viele Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt zu integrieren." Es
gebe derzeit rund 600.000 offene Stellen - und dies seien nur die,
die ausgeschrieben sind.
Von den EU-Mitgliedstaaten forderte der BDI-Präsident ein klares
Bekenntnis für eine gemeinsame Asylpolitik: "Keine Ausreden mehr.
Europäische Solidarität darf nicht nur dann eine Rolle spielen, wenn
über die Verteilung EU-Haushaltsmitteln gefeilscht wird."
Ebenfalls forderte Grillo von der Bundesregierung zur Halbzeit der
Legislaturperiode ein stärkeres Engagement für mehr öffentliche und
private Investitionen. "Wir erwarten starke Impulse - bei der
Energiewende, für die Digitalisierung und für mehr öffentliche
Investitionen. Krise hin oder her - der BDI entlässt diese Regierung
nicht aus ihrer wirtschaftspolitischen Verantwortung."
Das gegenwärtige Wirtschaftswachstum sei kein Selbstläufer, der
Aufschwung noch nicht nachhaltig genug, kritisierte Grillo. Der BDI
erwartet für dieses Jahr für Deutschland eine Wachstumsrate von bis
zu zwei Prozent.
"Zur Halbzeit der Legislaturperiode stellen wir fest, dass sich
die Große Koalition ein paar Eigentore geschossen hat: mit
Mindestlohn, Rente mit 63, Maut und vielen anderen Themen. Aus ihrer
Mega-Mehrheit im Bundestag muss die Große Koalition viel mehr machen,
um Deutschlands Zukunftsfähigkeit zu sichern."
Die zweite Hälfte dieser Legislaturperiode müsse eine Phase der
Investitionen werden: "Wir brauchen bessere Rahmenbedingungen für
private Investitionen und stärkere öffentliche Investitionen - in
Bildung, Infrastruktur und den Ausbau der Infrastruktur."
Als wichtigste Aufgaben nannte Grillo die versprochene
Kostenbremse bei der Energiewende, eine dauerhafte Entlastung
eigentümer- und familiengeführter Unternehmen von der Erbschaftsteuer
sowie mehr Tempo bei der Digitalisierung durch den raschen Ausbau von
superschnellen Netzen. Für das Freihandelsabkommen TTIP forderte
Grillo von der Bundesregierung einen unbeirrten Einsatz: "Dieses Land
braucht offene Märkte. Wir müssen die Globalisierung auch gestalten
wollen."
Im Umgang mit den EU-Austrittsüberlegungen Großbritanniens sieht
der BDI-Präsident die Staatengemeinschaft vor unbequemen
Diskussionen. Von der britischen Regierung forderte Grillo, klar für
den Verbleib in der EU einzustehen: "Ein Brexit führt uns alle in die
Sackgasse, wir brauchen einander."
Von Volkswagen forderte der BDI-Präsident weitere deutliche
Signale für lückenlose Aufklärung: "VW wird sicher keine Mühen
scheuen, um den erlittenen Vertrauensverlust bei den Kunden und in
der Öffentlichkeit durch harte Arbeit und maximale Transparenz
wettzumachen." Mit der bewussten Verzerrung von Abgastests habe VW
ein absolut inakzeptables Verhalten geduldet und der deutschen
Industrie insgesamt einen Bärendienst erwiesen.
Der Fall muss laut Grillo Konsequenzen für die gesamte Wirtschaft
haben: "Nachlässigkeit schwächt, Fehlverhalten wird hart bestraft.
Auch wir Unternehmer und Manager müssen raus aus der Komfortzone."
Schadenfreude sei völlig unangebracht. "Die Aufarbeitung dieses
Falles wird uns allen in der Wirtschaft wichtige Hinweise geben, an
welchen Stellen wir in unseren Unternehmen den Umgang miteinander,
die Kultur, die Rechtssysteme weiterentwickeln müssen."
Zum BDI-Tag der Deutschen Industrie wurden rund 1200 Gäste aus
Wirtschaft und Politik im Postbahnhof am Ostbahnhof erwartet.
Gastredner waren Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und
Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD). Ausländischer
Ehrengast war der britische Finanzminister George Osborne. Weitere
Gastredner waren der amerikanische Botschafter John B. Emerson, der
Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Cem Özdemir, sowie
Christian Lindner, Bundesvorsitzender der FDP.
Partner des Tags der Deutschen Industrie ist Deloitte.
Aktuelles zum Tag der Deutschen Industrie unter:
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