(ots) - Die Versuchung ist groß, den Asylkompromiss zwischen
Bund und Ländern nach Gewinnern und Verlierern zu sortieren. Diese
Sichtweise des Politikbetriebs verdeckt allerdings, dass die Einigung
zwischen Seehofer, Merkel und Gabriel und zwischen der
Bundesregierung und den Ländern keineswegs nur Formelkompromisse
enthält, sondern folgenschwere Weichenstellungen. Wenn aus Seehofers
Transitzonen harmlos klingende Aufnahmeeinrichtungen geworden sind,
lädt das zum Weggucken ein, wo das Hinschauen lohnt. In diesen
zentralen Einrichtungen des Bundes sollen die Asylbewerber aus
sogenannten sicheren Herkunftsstaaten in einem Drei-Wochen-Verfahren
registriert, geprüft und abgeschoben werden. Die Länder würden sich
dann kaum noch die Finger schmutzig machen müssen. Der Hinweis,
inzwischen kämen ja kaum noch Flüchtlinge vom Balkan, läuft ins
Leere. Das Papier geht ausdrücklich davon aus, dass die EU die Türkei
zum sicheren Drittstaat erklärt. Für den Preis der Visafreiheit für
türkische Staatsangehörige sollen Flüchtlinge, die über Erdogans
Reich in die EU gekommen sind, zurückgebracht werden. Und der neue
Flüchtlingsstrom aus Afghanistan, wo gerade wieder die Taliban auf
dem Vormarsch sind, soll durch die Definition sicherer Regionen als
"innerstaatliche Fluchtalternativen" ausgetrocknet werden. Ob diese
Rechnungen aufgehen, kann heute niemand sagen. Eines aber muss
festgehalten werden: Während sich die Kanzlerin weigert, von ihrer so
umstrittenen Linie der Barmherzigkeit abzurücken, delegiert die
Bundesregierung einen knallharten Kurswechsel in ihrer Asylpolitik an
die Europäische Union.
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