(ots) - Recht und Ordnung werden in Deutschland groß
geschrieben. Doch was passiert, wenn Menschen unschuldig in den
Mittelpunkt von Ermittlungen geraten und sie die Justiz trotzdem für
schuldig befindet? Gilt nicht in jedem Fall "im Zweifel für den
Angeklagten"? Die große Samstags-Dokumentation "In den Fängen der
Justiz" (am 14.11. um 20:15 Uhr bei VOX) porträtiert Betroffene, die
unschuldig zu jahrelanger Haft verurteilt oder denen durch falsche
psychologische Gutachten ihre Kinder entzogen wurden. Alle
Geschädigten haben ihren Glauben an das deutsche Rechtssystem und
ihre bisherige Existenz mit allen psychischen und sozialen
Konsequenzen verloren. In der vierstündigen Dokumentation
durchleuchten Rechtsexperten akribisch, wie es zu derart
schwerwiegenden Falschurteilen kommen kann, die tatsächlich jeden in
unserer Gesellschaft treffen können.
Aktuelle Studien belegen: In jedem zweiten Sorgerechtsstreit kommt
es vor Familiengerichten zu falschen Entscheidungen - vor allem durch
Gutachten. Andrea Kuwalewsky ist das dadurch Schlimmste passiert, was
Eltern sich vorstellen können: Im Zuge eines Sorgerechtsstreits nimmt
das Jugendamt 2013 ihre vier Kinder in Obhut. Eine Psychologin hatte
ihr irrtümlicherweise eine schwere psychiatrische Erkrankung
unterstellt, ohne dafür die entsprechende Ausbildung zu haben. Die
betroffene Andrea Kuwalewsky ist Polizeiinspektorin und dennoch
machtlos, als ihr attestiert wird, sie gefährde ihre Kinder: "Niemals
hätte ich daran gedacht, dass die mir meine Kinder wegnehmen, dass so
ein Justizterror über uns hereinbricht. Mittlerweile ist mein Glaube
an den Rechtsstaat sehr erschüttert", so die fassungslose Mutter.
Werner Leitner, Professor für angewandte Psychologie an der
IB-Hochschule Berlin, beschäftigt sich täglich mit der Überprüfung
von Gutachten und nimmt das Gutachten dieses Falls für die
Dokumentation genau unter die Lupe: "Die Gütekriterien werden
schlichtweg verfehlt! Daraus können keine Schlussfolgerungen
abgeleitet werden", kritisiert er das in sehr kurzer Zeit verfasste
100-seitige Gutachten der Psychologin. Im Oktober 2014 wird auf
einmal beschlossen, dass die Kinder nach zehn Monaten im Heim zurück
zu ihrer Mutter dürfen. Für Andrea Kuwalewsky zwar eine positive
Entscheidung, aber dennoch unverständlich: "Heute bin ich eine
Gefahr, morgen ist alles wieder gut, ohne dass die Transparenz der
Aktenlage geklärt wird". Eine Erklärung oder Entschuldigung vom
Gericht und der Gutachterin bleibt bis heute aus.
Nur sehr wenige Verurteilte schaffen es, eine Wiederaufnahme ihres
Verfahrens zu erstreiten. Monika de Montgazon aus Berlin ist eine von
ihnen. Sie soll im September 2003 ihr Elternhaus angezündet haben, um
ihren Vater zu töten. "Sie werden jetzt angeklagt, ihren Vater
umgebracht und Brandstiftung und Versicherungsbetrug begangen zu
haben. Ich konnte es überhaupt nicht glauben", so die Arzthelferin.
Sachverständige des Landeskriminalamtes kommen durch Proben aus dem
Haus zu dem Ergebnis, Monika de Montgazon habe den Brand vorsätzlich
mit Brandbeschleuniger gelegt. Im Prozess vor dem Landgericht Berlin
wird das Motiv der mutmaßlichen Täterin genannt: Habgier. Ihr wird
vorgeworfen, möglichst schnell die Lebensversicherung ihres Vaters
antreten zu wollen. "Ich hab mich ja am Anfang wirklich auf diesen
Prozess gefreut, weil ich dachte, da kommt jetzt die Wahrheit ans
Licht", so Montgazon. Mit der Unterstützung ihrer Familie kommt sie
schließlich nach zweieinhalb Jahren Haft frei: In einem spektakulären
zweiten Prozess wird sie rehabilitiert und freigesprochen, da ihr
Schwager so lange recherchiert, bis er nachweisen kann, dass es
keinen Brandbeschleuniger am Tatort gab. Diese Zeit hat sie geprägt
und ihr Leben, wie sie es vorher kannte, zerstört. "Ich wollte
niemanden sehen, niemanden sprechen und wollte eigentlich nur meine
Ruhe haben. Ich habe mich von allem zurückgezogen", erklärt sie.
Monika de Montgazon bekommt für die zweieinhalb Jahre Gefängnis
65.000 Euro Haft-Entschädigung und Lohnausfall. Doch die
Gutachter-Odyssee schlägt mit 120.000 Euro zu Buche. Das Gericht hält
sich stur an seine Richtlinien und übernimmt nur einen Teil der
Kosten. Zurzeit lebt Monika de Montgazon von Hartz 4.
Diese und weitere Fälle, wie den von Ralf Witte aus Hannover, der
wegen einer Falschaussage als Vergewaltiger verurteilt wurde und
fünfeinhalb Jahre unschuldig im Gefängnis saß, oder den der
Deutsch-Amerikanerin Debbie Milke, die aufgrund einer gefälschten
Aussage rund 22 Jahre unschuldig als verurteilte Kindesmörderin unter
Todesstrafe inhaftiert war, beleuchtet VOX in der großen
Samstags-Dokumentation "In den Fängen der Justiz", produziert von der
Süddeutsche TV GmbH, am 14.11. um 20:15 Uhr.
Wer "In den Fängen der Justiz" verpasst hat, kann die
Dokumentation noch sieben Tage nach Ausstrahlung kostenlos bei
VOXNOW.de abrufen.
Pressekontakt:
VOX Kommunikation, Janine Pratke, Tel.: 0221. 456-74406
Bildredaktion, Lotte Lilholt, Tel.: 0221. 456-74280