(ots) - Rund 350 Sachverständige aus dem gesamten
Bundesgebiet nahmen am 18. Deutschen Sachverständigentag (DST) teil,
der erstmals in Leipzig stattfand. Elf Fachtagungen und
Arbeitsgruppen boten am 12. und 13. November die Gelegenheit,
zahlreiche berufspolitische und fachliche Themen zu erörtern.
Zentrale Forderungen flossen in diese Abschlussresolution ein:
Der 18. Deutsche Sachverständigentag 2015
- lehnt die derzeit in der parlamentarischen Beratung befindliche
Reform des Sachverständigenrechts ab. Die in der
Zivilprozessordnung vorgesehenen Änderungen sind weder zielführend
noch sachdienlich. Insbesondere führen sie nicht zur beabsichtigten
Verkürzung von Gerichtsverfahren. Vielmehr ist zu befürchten, dass
sie zu weiteren, unnötigen Verzögerungen führen und die Gerichte
sowie alle Verfahrensbeteiligten zusätzlich belasten werden.
- fordert den Bundesgesetzgeber auf, die von den Sachverständigen
unterbreiteten Vorschläge für eine Reform des
Sachverständigenrechts umzusetzen. Insbesondere befürwortet der DST
im Bereich medizinischer, psychologischer und psychiatrischer
Gutachtenerstattung die Einführung eines Qualitätssicherungssystems
in Gestalt einer öffentlichen Bestellung und Vereidigung.
- fordert für die gerichtliche Sachverständigentätigkeit eine
Vergütung, die der marktüblichen Situation bei privater
Gutachtenerstattung entspricht. Die nach neunjährigem Stillstand
letztmalig 2013 erfolgte Anpassung der Vergütung für
Gerichtssachverständige deckt die zwischenzeitlich eingetretenen
Kostensteigerungen nicht ab. Die Absenkung der gerichtlichen
Sachverständigenvergütung im Vergleich zur privatwirtschaftlichen
Vergütung verschärft die Situation zusätzlich. Sie wird die
Bereitschaft hochqualifizierter Sachverständiger, Gerichtsgutachten
zu erstatten, weiter reduzieren. Bereits heute wird in zahlreichen
Fachgebieten ein entsprechender Mangel beklagt.
Die Ergebnisse aus den Fachtagungen:
Betriebswirtschaft:
Mit der modifizierten Ertragswertmethode können
rechtssprechungskonform marktgerechte Unternehmensbewertungen sowohl
für Freiberufler als auch für kleine und mittlere Unternehmen
durchgeführt werden. Das Verfahren bietet die Möglichkeit, zahlreiche
Spezifika rechnerisch nachvollziehbar und objektivierbar abzubilden,
insbesondere individuelle Bewertungsmaßstäbe im Rahmen der Inhaber-,
Standort- und Branchenbezogenheit.
Immobilienbewertung:
Das BauGB fordert eine bundesweite Transparenz des
Immobilienmarktes, die durch die föderalen Strukturen nicht in allen
Bundesländern gewährleistet ist. Der DST fordert die zentrale
Kompetenz des Bundes für die Gutachterausschüsse für
Grundstückswerte, Kaufpreissammlungen und Bodenrichtwerte.
Besonderes Sachverständigenwesen:
Die im Bauwesen tätigen öffentlich bestellten und vereidigten
Sachverständige sehen hinsichtlich der geltenden Einordnung in
Sachgebiete des JVEG Handlungsbedarf. Es wäre praxiskonform und
diente der Vereinfachung, wenn die Aufteilung des Sachgebietes 4
wegfallen würde. Darüber hinaus sollten die zum Bauwesen gehörenden
Sachgebiete im Sachgebiet 4 angefügt werden. Die für diesen Bereich
festzusetzende Vergütung soll sich an den betriebswirtschaftlich
erforderlichen Stundensätzen orientieren. Weiterer Handlungsbedarf
wird bei § 8a JVEG gesehen. Zur Anpassung der Regelung an die Haftung
des Gerichtssachverständigen sollte die Vergütung nur dann gekürzt
werden können, wenn der Sachverständige zumindest grob fahrlässig
gehandelt hat.
Maschinen, Anlagen, Betriebseinrichtungen:
Die Identifizierung und Beurteilung der Wirkung von
energieeffizienten Investitionen auf die Energiebilanz von Maschinen
und Anlagen sollte durch Sachverständige intensiver begleitet werden,
um Unternehmen fachlich und ökonomisch zu unterstützen.
Bauwesen/Technische Gebäudeausrüstung:
Der DST fordert eine deutliche Deregulierung der EnEV auf einen
Endenergieanforderungswert zusammen mit wenigen notwendigen
Berechnungsverfahren zur Herstellung einer Vergleichbarkeit beim
Nachweis des Anforderungswertes. Gewünscht ist ein Überprüfungssystem
durch qualifizierte Fachleute bei komplexen Strukturen.
Kraftfahrzeugwesen:
Der DST fordert eine schnelle Umsetzung der EU-Richtlinie
2014/45/EU in deutsches Recht, um in einem ersten Schritt die
Tachomanipulationen einzuschränken. Das belgische Modell Car-Pass
soll daraufhin überprüft werden, ob sich eine Übertragung in das
deutsche Recht anbietet, da damit in Belgien der Betrug mit
Tachomanipulationen erfolgreich bekämpft werden konnte. Die
Autohersteller müssen verpflichtet werden, den Sachverständigen für
ihre Arbeit alle vorhandenen Daten aus den elektronischen Systemen
eines Fahrzeugs für ihre Gutachtenerstattung zur Verfügung zu
stellen.
Architekten- und Ingenieurhonorare:
Der DST fordert, die Vorschriften in der HOAI für das Planen und
Bauen im Bestand anzupassen und insbesondere bei den
Änderungsleistungen neue Honorarteile zu schaffen.
Innenraumhygiene:
Es besteht Forschungsbedarf bei der Abschätzung der
Faserexposition bei Arbeiten an asbesthaltigen Putzen und
Spachtelmassen.
Pressekontakt:
Bundesverband öffentlich bestellter und vereidigter
sowie qualifizierter Sachverständiger e.V. (BVS)
Willi Schmidbauer, BVS-Präsident
André Ricci, BVS-Pressereferent
Charlottenstraße 79/80
10117 Berlin
Tel.: 030 255 938-22
Fax: 030 255 938-14
ricci(at)bvs-ev.de
www.bvs-ev.de