(ots) - Das Deutsche Institut für Menschenrechte ruft die
Bundesländer in einer heute veröffentlichten Publikation dazu auf,
ihre Schulgesetze mit Blick auf die individuelle Religionsfreiheit
von Lehrenden zu überprüfen. Dazu erklärt Petra Follmar-Otto,
Leiterin der Abteilung Menschenrechtspolitik Inland/Europa:
"Das Bundesverfassungsgericht hat mit seiner Entscheidung zum
Schulgesetz in Nordrhein-Westfalen (NRW) im Frühjahr 2015 die
individuelle Religionsfreiheit von Lehrenden und den Schutz
muslimischer Frauen vor Diskriminierung gestärkt. Die Konsequenzen
aus dieser Entscheidung sind aber noch nicht von allen Bundesländern
ausreichend gezogen worden. Nun sollten die Bundesländer bestehende
Regelungen zum Kopftuchverbot verändern.
Alle Bundesländer, die wie NRW Regelungen zu religiösen
Bekleidungen und Symbolen in ihren Schulgesetzen haben
(Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Bremen, Hessen, Niedersachsen und
Saarland), sollten klarstellen, dass Lehrenden grundsätzlich erlaubt
ist, solche Kleidungsstücke und Zeichen äußerlich sichtbar zu tragen.
Zudem müssen die einigen Ländern fortbestehenden gesetzlichen
Privilegierungen für christliche und jüdische Symbole gesetzlich
aufgehoben werden (Bayern, Hessen und Saarland).
Es ist zu begrüßen, dass bislang von keinem Bundesland
Verordnungsermächtigungen geschaffen wurden, die ein präventives
Kopftuchverbot für bestimmte Schulen oder Schulbezirke zulassen
würden. Diskutiert wurde das vor allem im Land Berlin. Die vom
Bundesverfassungsgericht formulierten Anforderungen eines
ausnahmsweisen Verbots sind außerordentlich hoch. Von der Schaffung
einer Verordnungsermächtigung könnte deshalb ein falsches Signal
ausgehen, das in der Praxis zu verfassungswidrigen Lösungen führt und
zudem Gefahr läuft, dass Stigmatisierung und Ungleichbehandlung von
Schulen und Bezirken verstärkt werden.
Stattdessen sollten die Kompetenzen von Schulleitungen, Lehrern
und Aufsichtsbehörden gestärkt werden, die Schulen als Ort zur
Einübung religiöser und weltanschaulicher Pluralität zu gestalten und
Konflikte in einer vielfältigen Gesellschaft zu lösen."
Petra Follmar-Otto: Nach dem zweiten "Kopftuchbeschluss" des
Bundesverfassungsgerichts: Schule als Ort religiöser und
weltanschaulicher Freiheit und Vielfalt (aktuell 07/2015)
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