(ots) - Hurra, wir ziehen in den Krieg? Das "Hurra" können
wir ruhigen Gewissens streichen, der Rest dagegen ist seit gestern
Realität. Und um es gleich vorab zu sagen: Der Bundestag hat richtig
entschieden. Der Bundeswehreinsatz in Syrien ist, auch wenn man das
Wort nicht mehr gerne verwendet, alternativlos. Skrupellos aber ist
er sicher nicht.
Im Gegenteil. Gerade Bundeskanzlerin Merkel, die die Verbündeten
einst allein gelassen hat im militärischen Kampf gegen Libyens
Diktator Gaddafi, dürfte bei dieser Intervention ebenso heftige
Bauchschmerzen haben wie große Teile des deutschen Volkes.
Anders als im Fall Gaddafi fehlt hier das UN-Mandat; der Einsatz
steht völkerrechtlich auf tönernen Füßen. Das Kriegsziel ist unklar:
Soll der sogenannte IS nur eingedämmt oder vernichtet werden?
Letzteres macht Bodentruppen notwendig. Wollen wir somit der Armee
Assads den Durchmarsch ermöglichen - einer Armee also, vor der nicht
wenige Syrer in diesen Tagen nach Deutschland fliehen? Und welche
politische Perspektive hätte Syrien danach? Irak, Afghanistan,
Libyen: Die Liste jener Länder, in denen es nach einer militärischen
Intervention des Westens weder Frieden noch Stabilität gibt, ist
schon jetzt lang. Skrupel sind angebracht.
Aber die Hände in den Schoß legen und warten, bis der erste
Terroranschlag - es ist leider nur eine Frage der Zeit - Deutschland
erschüttert? Sich die Hände nicht schmutzig machen, während unsere
französischen Freunde in den Krieg ziehen, der ihnen aufgezwungen
wurde? Der Bündnisfall ist eingetreten. Das ist ein moralischer, kein
juristischer Hinweis. Es geht hier nicht um das EU-Recht oder um
Nato-Verträge.
Es geht darum, dass Frankreich die uneingeschränkte Solidarität
Deutschlands erwarten kann und muss, wenn es noch so etwas wie ein
funktionierendes Kern-Europa gibt. Mit dem gestrigen Beschluss hat
der Bundestag der ganzen Welt gezeigt, dass sie lebt: die zuletzt arg
zerfledderte europäische Idee.
Am Hindukusch sollte die deutsche Sicherheit verteidigt werden. Am
Dschebel Sindschar geht es um die Reste europäischer Solidarität.
Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 - 804 6519
zentralredaktion(at)waz.de