(ots) - Der NABU übt scharfe Kritik am Vorgehen
und den Planungen für Europas größtes Infrastrukturprojekt, die
Errichtung einer Festen Fehmarnbeltquerung zwischen Deutschland und
Dänemark. So sind bei den Erörterungsterminen für das
Milliarden-Projekt in Kiel unlängst erhebliche Mängel offenbar
geworden. Der NABU fordert daher Dänemark und Deutschland auf, das
Projekt endlich grundsätzlich zu überprüfen.
"Vor den Terminen hatte der staatseigene dänische Vorhabenträger
Femern A/S umfangreiche und unangreifbare Unterlagen versprochen.
Davon blieb allerdings nicht mehr übrig als eine leere PR-Hülle. Die
Planungen weisen eklatante Mängel hinsichtlich Qualität und
Transparenz auf. Bereits jetzt ist klar: Femern A/S muss mit einer
Planergänzung umfangreich nachbessern. Ob das aber ausreicht, um am
Ende einen unangreifbaren Planfeststellungsbeschluss zu bekommen,
bezweifeln wir stark", so Eick von Ruschkowski, Mitglied der
Geschäftsleitung des NABU-Bundesverbands.
Bei dem Erörterungstermin sei an allererster Stelle noch einmal
deutlich geworden: Der Bedarf für das ökologisch höchst riskante
Vorhaben gründet sich auf keinen umfänglichen und gesicherten
Verkehrsprognosen oder unabhängigen volkswirtschaftlichen
Bewertungen, sondern einzig allein auf dem Staatsvertrag zwischen
Deutschland und Dänemark. Ein Missstand, den der NABU seit Beginn des
Projekts anprangert. So hat auch die europarechtlich vorgeschriebene
Prüfung möglicher Alternativen, wie beispielsweise der Ausbau der
bestehenden "Jütlandroute" über die Storebeltbrücke, nicht
stattgefunden.
"Wenn ein solch gigantisches Projekt wie die Fehmarnbeltquerung
nur auf einem Stück Papier als Ausdruck politischer Willensbekundung
zwischen zwei Staaten fußt, ist das eindeutig zu wenig. Dafür stehen
Milliarden an Steuergeldern sowie massive Folgeschäden für die
Meeresumwelt auf dem Spiel. Bei dieser intransparenten Ausgangslage
bleibt uns fast gar nichts anderes übrig als das Vorgehen auf dem
juristischen Weg prüfen zu lassen", so von Ruschkowski.
Große Verkehrsinfrastrukturprojekte mit derart weitreichenden
Auswirkungen auf Natur und Umwelt sowie Risiken für die nationalen
Haushalte müssen nach Auffassung des NABU zwingend nachweisen, dass
es für sie entsprechenden Bedarf gibt, keine Alternativen vorhanden
sind und sie wirtschaftlich gebaut und unterhalten werden können. Der
Festen Fehmarnbeltquerung fehlt jedoch bislang jede solide
wirtschaftliche Basis.
So vernachlässigen die bisherigen Verkehrsprognosen alternative
Verkehrswege weitgehend, wie beispielsweise die Fährverbindung
zwischen Rostock und Gedser, ebenso wie jene zwischen Travemünde und
Trelleborg. Auch die Konkurrenz durch den weiterhin bestehenden
Fährverkehr zwischen Puttgarden auf Fehmarn und Rödby leugnen die
Planer im Großen und Ganzen. "Mit derart veralteten Zahlen bei einer
Erörterung aufzutauchen, um dann gleich eine neue Prognose
einschließlich des Fährverkehrs anzukündigen, ist schon ziemlich
dreist. Das ist dann wirklich eine Verschwendung von Zeit und Energie
für alle Beteiligten", sagte Malte Siegert, NABU-Fehmarnbeltexperte.
Rechtlich bedenklich sei zudem, dass der Landesbetrieb für Verkehr
und Straßenbau (LBV) des Landes Schleswig-Holstein bei der Planung
zwei Funktionen gleichzeitig inne hat. Einerseits ist er
Vorhabenträger für Teile der Fehmarnbeltquerung und soll andererseits
die Vorhaben als zuständige Planfeststellungsbehörde unabhängig
prüfen und dann genehmigen. "Wie hier keine Befangenheit vorliegen
kann, müssen die Vorhabenträger den Gerichten erst einmal erklären.
Derart grobe Fehler bei so einem komplexen Projekt sind nicht
nachzuvollziehen", so Siegert.
Angesichts der Veränderungen seit Beginn des Projekts, der
gravierenden Fehler in den Planungen und dem mehr als fraglichen
Nutzen der Fehmarnbeltquerung fordert der NABU die Vertragsstaaten
Deutschland und Dänemark auf, Artikel 22 des Staatsvertrages endlich
ernst zu nehmen und das Vorhaben grundsätzlich auf den Prüfstand zu
stellen.
Die ausführlichen Kritikpunkte des NABU zu rechtlichen,
verkehrlichen, ökologischen, bautechnischen und finanziellen Aspekten
des Projekts finden Sie unter: www.NABU.de/fehmarnbelt
Pressekontakt:
Dr. Eick von Ruschkowski, Mitglied der Geschäftsleitung des
NABU-Bundesverbands, Tel. +49 (0)30.284 984-1601, E-Mail:
Eick.vonRuschkowski(at)NABU.de
Malte Siegert, NABU-Fehmarnbelt-Experte, Tel. +49 (0)40.69708915,
mobil: +49 (0)173.9373241, E-Mail: siegert(at)NABU-hamburg.de
Nikola Vagt, NABU-Fehmarnbelt-Expertin, mobil: +49 (0)176.2373 2207,
E-Mail: nikola.vagt(at)NABU-wallnau.de