(ots) - Träger des Deutschen Umweltpreises 2015 bewerten
Ausgang der Klimakonferenz unterschiedlich
Die Träger des Deutschen Umweltpreises 2015 der Deutschen
Bundesstiftung Umwelt (DBU), Prof. Dr. Mojib Latif und Prof. Dr.
Johan Rockström, bewerten das Klimaabkommen von Paris
unterschiedlich. Nach Meinung Latifs bleiben "viele Fragen offen".
Rockström sieht den Vertrag hingegen als "bedeutenden Durchbruch" für
den Klimaschutz. Nach Abschluss der Welt-Klimakonferenz der Vereinten
Nationen (United Nations, UN) gestern Abend sieht Latif keinen
wesentlichen Fortschritt zu der Klimarahmenkonvention der Vereinten
Nationen von Rio de Janeiro aus 1992. "Man konnte sich gestern in
Paris lediglich auf den kleinsten gemeinsamen Nenner einigen", meint
Latif. Rockström bewertet die Verhandlungsergebnisse als "einen
großen Schritt nach vorne, der mit wissenschaftlichen Erkenntnissen
einhergeht und eine Grundlage dafür bildet, die Welt in die richtige
Richtung anzustoßen." Gerade weil einige nationale
Selbstverpflichtungen im Ergebnis noch eine höhere Erderwärmung als
zwei Grad Celsius mit sich brächten, fordert der Konferenzteilnehmer,
dass "eine Überprüfung bereits in 2016 stattfinden muss." Auch für
DBU-Generalsekretär Dr. Heinrich Bottermann ist es entscheidend, dass
"Worten nun Taten folgen."
Insgesamt nahmen 196 Staaten an der Klimakonferenz in Paris teil.
186 Länder legten freiwillige, nationale Selbstverpflichtungen zum
Klimaschutz vor. Der Vertrag ist völkerrechtlich bindend,
verpflichtet so erstmals alle Länder zum Klimaschutz und soll 2020 in
Kraft treten. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks meinte, "der
Klimagipfel hat sein Ziel erreicht - trotz aller Schwierigkeiten. Das
ist ein historischer Erfolg, über den ich sehr froh und erleichtert
bin."
Latif bemängelt nach Abschluss des 21. Zusammentreffens der
Staats-und Regierungschef zu einem Weltklimagipfel, dass seit Rio
insgesamt zu wenig für den Klimaschutz erreicht wurde. "Seit der
Unterzeichnung der Klimarahmenkonvention 1992 ist es nicht gelungen,
ein Abkommen zu finden, dass alle Länder als fair akzeptieren können
und uns zugleich der Begrenzung des Klimawandels entscheidend
näherbringt." Dabei sei das Thema dringlicher denn je zuvor. Seit
Beginn der 90er Jahre sei der weltweite Kohlenstoffdioxidausstoß um
rund 60 Prozent gestiegen. Nach Meinung des Vorsitzenden des
Deutschen Klimakonsortiums ermöglichten einige Aussagen im Abkommen
zu viel Spielraum, enthalten zu wenig Konkretes. Zwar hätten alle
Delegationen zugestimmt, aber dafür "gibt es nur
Selbstverpflichtungen der einzelnen Länder". Mit diesen Zielen sei
die Begrenzung der Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad Celsius
nicht zu schaffen. Zudem bemängelt der Direktor des
Forschungsbereiches Ozeanzirkulation und Klimadynamik im GEOMAR
Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, dass das in Elmenau beim
G7-Gipfel vor wenigen Monaten erklärte Ziel der Dekarbonisierung der
Weltwirtschaft - also einer Wirtschaft ohne fossile Brennstoffe wie
Kohle, Erdöl und Erdgas - im jetzigen Klimaabkommen kaum eine Rolle
spiele. Latif bewertet es als Erfolg, dass es "überhaupt einen
Vertrag gibt, die Staatengemeinschaft die Dramatik des Klimawandels
anerkennt und die Erderwärmung deutlich unter zwei Grad Celsius
begrenzen möchte".
Rockström sieht in diesen Ergebnissen einen bedeutenden Durchbruch
für den Klimaschutz. "Das alles ist wirklich ambitioniert und steht
im Einklang mit der Wissenschaft", meint der Direktor des Stockholm
Resilience Centre. Das Abkommen treffe eine klare Aussage zu
Spitzenwerten klimaschädlicher Abgase wie Kohlenstoffdioxid. Damit
habe die Staatengemeinschaft eine Wende eingeleitet, um bis 2050
diese Emissionen zu verringern und in der zweiten Hälfte des
Jahrhunderts die vom Menschen produzierten Treibhausgase zu
neutralisieren. Der schwedische Wissenschaftler sieht ähnlich wie
Latif eine Schwäche im Vertrag darin, dass die Politiker kein
konkreteres, quantitatives Minderungsziel für Emissionen von etwa 80
bis 100 Prozent bis 2050 festgeschrieben haben. So ein formuliertes
Ziel hätte der auch von der deutschen Delegation geforderten
Dekarbonisierung Aufwind verschaffen können. "Das stellt die größte
Lücke dar. Dann wäre es ein fast perfektes Abkommen", meint
Rockström. Ein großer Erfolg sei es, dass die nationalen Zusagen in
fünf Jahren überprüft werden sollen. Rechtlich gesehen trete das
Abkommen erst 2020 in Kraft. Rockström appelliert für eine
Überprüfung bereits 2016. Beim nächsten internationalen Klimagipfel
im kommenden Jahr sollte der Aktions- und Lösungsplan "hochgefahren"
werden. Auch müsse der private Sektor als Teil der Lösung stärker
eingebunden werden.
Die DBU sieht ihre Rolle gerade auch bei der Förderung kleiner und
mittlerer Unternehmen, die umweltentlastende Innovationen
vorantreiben. "Entscheidend für den Erfolg des Klimaabkommens wird
die Verlässlichkeit der Umsetzung sein - auch bei uns in
Deutschland", weiß Bottermann und dankt Bundesumweltministerin
Hendricks für ihre eindeutigen Positionen im Konferenzverlauf. Am 8.
November hatten Latif und Rockström im Colosseum Theater (Essen) den
mit insgesamt 500.000 Euro dotierten unabhängigen Deutschen
Umweltpreis der DBU aus den Händen von Bundespräsident Joachim Gauck
erhalten. Die DBU wollte mit der erstmals gleichzeitigen Auszeichnung
zweier Klima- und Nachhaltigkeitsforscher an die internationale
Staatengemeinschaft ein starkes Signal senden, "bei der
Weltklimakonferenz in Paris die Weichen in Richtung Zukunftssicherung
der Menschheit auf einem stabilen Planeten zu stellen", wie ihr
Bottermann damals betont hatte.
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