(ots) -
- Kundendienst, Wartung und Ersatzteile (Aftersales) erreichen
Bruttomargen von bis zu 50 Prozent
- Zulieferer, Großhändler, Werkstätten und branchenfremde Anbieter
drängen in den hochprofitablen Markt
- Neben einem konkurrenzfähigen Basisangebot brauchen LKW-Hersteller
neue, innovative Geschäftsmodelle
Kundendienst, Wartung und Ersatzteile, kurz Aftersales: Für
LKW-Hersteller (OEMs) sind sie der profitabelste Geschäftsbereich.
Doch zunehmend streben auch Zulieferer, Großhändler, Werkstätten und
branchenfremde Anbieter mit neuen Geschäftsmodellen auf den Markt und
bringen die Gewinnmargen traditioneller OEMs unter Druck. Diese
schwierige Marktsituation haben die Automotive-Experten von Roland
Berger für ihre neue Studie "European truck aftersales 2030 -
Securing the most profitable business" analysiert. Zudem haben sie
einen zweistufigen Ansatz für neue Geschäftsmodelle erarbeitet, mit
denen LKW-Hersteller auch künftig auf diesem hart umkämpften Markt
erfolgreich sein können.
"Mit Ersatzteilen, Wartung und Service-Leistungen werden
Bruttomargen von bis zu 50 Prozent erreicht", sagt Norbert Dressler,
Partner von Roland Berger. "Die Hersteller können es sich schlichtweg
nicht erlauben, darauf zu verzichten. Sie müssen daher jetzt auf die
neue Wettbewerbssituation reagieren."
Schnelligkeit und Kosteneffizienz entscheidend
Für Unternehmen mit großen LKW-Flotten können Ausfälle von
Fahrzeugen durch Wartungszeiten oder ungeplante Reparaturen
existenzbedrohend sein. Schnelles, kosteneffizientes
Reparaturen-Management und umfassende Service-Angebote werden daher
zu einem der wichtigsten Wettbewerbsfaktoren. Zulieferer, Großhändler
und Werkstätten haben dies erkannt und erobern den Markt, der bisher
von den Herstellern besetzt war, mit kundenzentrierten
Geschäftsmodellen. Zulieferer beispielsweise bündeln ihr Know-how in
unabhängigen Werkstattsystemen und bieten hochwertigen Full-Service
rund um die Uhr für verschiedene Marken und Modelle an. Großhändler
können durch ihr engmaschiges Händlernetzwerk bei Bedarf Ersatzteile
mehrmals am Tag zum Kunden liefern, so dass der Einbau sofort
erfolgen kann. Aber auch kleinere, unabhängige Werkstätten werden bei
den Kunden immer beliebter, denn sie sind oft flexibler als die
Hersteller, verfügen meist über genauso gut geschultes Personal und
bauen Ersatzteile schnell und kostengünstig ein. "Alle diese Anbieter
haben zwar unterschiedliche Geschäftsmodelle, aber sie sind auf
demselben Markt unterwegs", sagt Dressler. "Die Hersteller müssen
deshalb ein umfassendes Angebotsspektrum entwickeln, um die
individuellen Kundenwünsche gezielt abdecken zu können. Nur so können
sie ihren Anteil am Aftersales-Markt verteidigen."
Basisangebot besteht aus fünf Erfolgsfaktoren
Deshalb raten die Roland Berger-Experten zu einem zweistufigen
Ansatz. Der erste Schritt ist das Basisangebot, das die OEMs so
gestalten sollten, dass es mit den Produkten und Service-Leistungen
der Zulieferer, Großhändler und Werkstätten konkurrieren kann.
Entlang der Vertriebskette umfasst dies fünf Erfolgsfaktoren: 1. ein
breites Angebot an Ersatzteilen in unterschiedlichen Preisklassen, um
auch preissensible Kunden anzusprechen; 2. die serienmäßige Nutzung
von vernetzten Assistenzsystemen, um Flottenbetreiber und LKW-Fahrer
bei ihrer Arbeit zu unterstützen; 3. Verständnis für den
LKW-Lebenszyklus und die Marktanforderungen für eine
wettbewerbsfähige Preisgestaltung; 4. die Optimierung der
Ersatzteillogistik, um Prozesszeiten in der Werkstatt und somit
Ausfallzeiten zu minimieren; 5. eine kundenorientierte
Rund-um-die-Uhr-Betreuung aus einer Hand.
Service-Angebote 2030: Digitalisierung erfordert innovative
Geschäftsmodelle
"Mit diesem Basisangebot alleine werden die Hersteller ihre
Marktführerschaft jedoch nicht halten können", warnt Philipp Grosse
Kleimann, Partner von Roland Berger. Daher empfiehlt er, in der
zweiten Stufe auch neue, innovative Service-Lösungen zu entwickeln.
Denn wie die Experten in ihrer Studie beschreiben, werden die
zunehmende Digitalisierung in der Automobilindustrie, neue
Marktteilnehmer mit digitalen Geschäftsmodellen und der Trend zu
(teil)autonomen LKWs auch den Aftersales-Markt maßgeblich verändern.
"Der wichtigste Differenzierungsfaktor im Aftersales-Geschäft wird in
Zukunft nicht mehr der Markenname sein, sondern effiziente Produkte
und Prozesse", sagt Grosse Kleimann. "Hier müssen die OEMs sich
entsprechend positionieren."
Beispiel Wartung und Reparaturen: Mithilfe von datenbasierten
Technologien werden Fahrzeuge, ja ganze LKW-Flotten, künftig mit
Fahrern, Herstellern und Werkstätten direkt kommunizieren. Alle
relevanten Informationen werden dann direkt vom Fahrzeug an die
Beteiligten geschickt, um die Terminplanung, Ersatzteillogistik und
Koordination anzustoßen. Das erleichtert zum Beispiel den Umgang mit
Pannen oder die schnelle Reparatur von Unfallschäden. Und auch die
durch den regelmäßigen Wartungsbedarf bedingten Ausfallzeiten von
Fahrzeugen lassen sich auf ein Minimum reduzieren, wenn Fahrer und
Werkstatt automatisch informiert werden und die benötigten Teile beim
Werkstatttermin schon bereit stehen. "Durch die zunehmende
Automatisierung solcher Prozesse werden sich Werkstätten zu
sogenannten Service-Fabriken entwickeln, die Reparaturen und
Wartungen jederzeit ohne Vorlauf kostengünstig und mit hoher Qualität
durchführen können", sagt Grosse Kleimann.
Beispiel Optimierung der Fahrzeugnutzung: Logistikunternehmen und
Speditionen suchen schon lange nach Lösungen, um unwirtschaftliche
Leerfahrten zu vermeiden. Abhilfe schaffen könnte Truck Sharing, also
die gemeinsame Nutzung von LKWs, um Ladekapazitäten auf Abruf und
gemäß den tatsächlichen Bedürfnissen zu planen. Auch hier kommen
wieder datenbasierte Technologien zum Einsatz, mit entsprechenden
Folgen für das Geschäftsmodell der OEMs. "Gewinner werden die
LKW-Hersteller sein, die über die besten Kunden- und Fahrzeugdaten
verfügen und schnell auf die sich verändernden Marktbedingungen
reagieren", fasst Dressler zusammen.
Die Studie können Sie herunterladen unter:
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