(ots) - Die Stimmung im Mittelstand
hat sich gegenüber dem Frühjahr merklich eingetrübt. Dies liegt
insbesondere an den Geschäftserwartungen, die im Vergleich zur
Frühjahrsumfrage deutlich nachgegeben haben und mittlerweile wieder
ungefähr auf dem Vorjahresniveau liegen. Offenbar kann sich auch der
Mittelstand der nachlassenden weltwirtschaftlichen Dynamik nicht
entziehen. Angesichts der Stimmungseintrübung fallen auch die
Investitionsabsichten und Beschäftigungserwartungen nicht mehr ganz
so optimistisch aus wie im Frühjahr. Gleichwohl setzt ein Großteil
der mittelständischen Unternehmen, die ihre im Frühjahr angekündigte
Personaloffensive umgesetzt haben, die expansive Personalplanung
fort. In den kommenden sechs Monaten will jeder fünfte Mittelständler
Personal einstellen. Wenngleich das Auslandsengagement nach zwei
Jahren des kontinuierlichen Ausbaus zuletzt leicht rückläufig war,
besitzt das Geschäft außerhalb des Heimatmarktes weiterhin eine hohe
strategische Bedeutung für mittelständische Unternehmen. Die weltweit
gut diversifizierten Auslandsaktivitäten vermindern die Anfälligkeit
gegenüber regionalen Schwächephasen. So haben etwa Russland, Mittel-
und Osteuropa sowie China an Bedeutung für den Mittelstand verloren,
während das Interesse an Nordamerika zugenommen hat. Die Robustheit
des deutschen Mittelstands äußert sich zudem in der weiterhin
ausgezeichneten Kapitalisierung und der guten Bilanzqualität. So sind
die Eigenkapitalquoten nach der letzten Erhebung erneut gestiegen und
erreichen ein Rekordniveau von durchschnittlich 26,6 Prozent.
Das ist das Fazit der aktuellen Studie "Mittelstand im
Mittelpunkt", in der die Ergebnisse der Mittelstandsanalysen und der
Mittelstandsumfrage des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und
Raiffeisenbanken (BVR), der DZ BANK und der WGZ BANK zusammen
ausgewertet wurden.
Geschäftslage leicht eingetrübt
Wenngleich der deutsche Mittelstand seine aktuelle Lage etwas
schwächer einschätzt als im Frühjahr, ist er insgesamt auch in diesem
Herbst überaus zufrieden mit seinen Geschäften. So beurteilen 84
Prozent der 1.307 befragten Unternehmen ihre Geschäftslage mit sehr
gut oder gut, während nur knapp 16 Prozent eine negative Bewertung
abgeben. Damit liegt der Saldo aus positiven und negativen
Einschätzungen immer noch weit über dem langjährigen
Durchschnittswert von 39,6 Punkten.
Vom gut laufenden privaten Konsum profitieren vor allem die
Unternehmen im Dienstleistungs- und im Ernährungsgewerbe, die gegen
den allgemeinen Trend besser abschneiden als im Frühjahr. Besonders
negativ ist die Lageeinschätzung dagegen in der Agrarwirtschaft, die
unter den Auswirkungen des russischen Embargos für Lebensmittel
leidet. Auch der Metall-, Automobil- und Maschinenbau bewertet seine
Geschäftslage vergleichsweise schwach. Neben der nachlassenden
Auslandsnachfrage könnten sich hier die Auswirkungen der Abgasdebatte
bemerkbar machen.
Geschäftserwartungen brechen ein
Die Geschäftserwartungen für die nächsten sechs Monate sind im
Mittelstand auf einen Antwortsaldo von 16,9 Punkten und damit unter
den langjährigen Durchschnittswert von 22,9 Punkten gefallen. Der
Einbruch betrifft alle Unternehmensgrößen und fast alle Branchen,
wobei die Unternehmen der Chemie- und Kunststoffindustrie noch den
größten Optimismus an den Tag legen. Dagegen rechnen die
mittelständischen Bauunternehmen sogar mehrheitlich damit, dass sich
ihre aktuell recht gute Geschäftslage in den nächsten sechs Monaten
eintrübt. Als einzige Branche bewerten die Landwirte ihre
Geschäftserwartungen besser als im Frühjahr.
Investitionsneigung gibt weiter nach - Kapazitätserhalt im Fokus
Angesichts der gesunkenen Geschäftserwartungen sind die
mittelständischen Unternehmen nicht mehr ganz so investitionsfreudig
wie im Frühjahr. Gleichwohl wollen weiterhin nahezu 78 Prozent der
befragten Mittelständler - also deutlich mehr als der langjährige
Durchschnitt von rund 71 Prozent - in den nächsten sechs Monaten in
ihre Unternehmen investieren. Allerdings dienen die Investitionen
weniger dem Ausbau der vorhandenen Kapazitäten als vielmehr deren
Erhalt. Die umfangreichsten Investitionen planen neben dem
Ernährungsgewerbe besonders die Chemieunternehmen, von denen fast 90
Prozent im nächsten halben Jahr investieren wollen. Rückläufig ist
die Investitionsneigung dagegen u.a. in der Landwirtschaft, im
Handel, im Bau und im Dienstleistungsgewerbe. Entsprechend gering (23
Prozent) ist nach wie vor der Finanzierungsbedarf der
mittelständischen Unternehmen, was im Wesentlichen daran liegt, dass
sich ein wachsender Teil - mittlerweile sind es bereits 73 Prozent -
aus dem eigenen Cash-Flow finanziert. Immerhin ist der
Finanzierungsbedarf aber zum zweiten Mal in Folge leicht gestiegen.
Mittelstand baut Personalbestand weiter aus
Der deutsche Mittelstand hat seine im Frühjahr angekündigte
Personaloffensive umgesetzt. Ein Drittel der kleinen und mittleren
Unternehmen hat im vergangenen halben Jahr seinen Personalbestand
ausgebaut, besonders kräftig in der Elektroindustrie und im
Dienstleistungsgewerbe. Mit Ausnahme der Elektroindustrie und des
Ernährungsgewerbes fallen die weiteren Beschäftigungserwartungen
nicht mehr ganz so optimistisch aus wie vor sechs Monaten. Insgesamt
jedoch bleiben die Personalplanungen im Mittelstand expansiv
ausgerichtet: So erklärte jedes fünfte befragte Unternehmen, im
nächsten halben Jahr Personal einstellen zu wollen.
Uwe Berghaus, Firmenkundenvorstand der WGZ BANK: "Der deutsche
Mittelstand erweist sich auch in diesem Herbst als außerordentlich
solide, wenngleich er sich nicht vollständig von der schwächelnden
Weltkonjunktur abkoppeln kann. Besonders die anhaltend stabile
Binnennachfrage sorgt aber dafür, dass die mittelständischen
Unternehmen weiterhin mehrheitlich optimistisch in die nähere Zukunft
blicken. Nach wie vor präsentiert sich der deutsche Mittelstand als
ein kräftiger Jobmotor und wirkt dadurch stabilisierend auf die
Inlandskonjunktur."
Um diese Rolle auch in Zukunft erfüllen zu können, ist allerdings
eine Behebung des anhaltenden Fachkräftemangels dringend geboten.
Eine Lösung auf diesem Problemfeld hat für die mittelständischen
Unternehmen - gleich nach der Bürokratie - weiterhin höchste
Priorität. Mittel- bis längerfristig könnten zwar die derzeit hohen
Flüchtlingszahlen zur Lösung des Fachkräftemangels beitragen.
Gegenwärtig jedoch führt die starke Konkurrenz um Fachkräfte auch
dazu, dass Lohn- und Gehaltskosten erneut häufiger kritisch beurteilt
werden. Gegenüber dem Frühjahr mehr Anlass zur Sorge bereitet neben
der Steuerbelastung auch die Auftragslage, gerade angesichts der
schwächelnden Weltkonjunktur. Demgegenüber lässt die Bedeutung der
Energie- und Rohstoffkosten kontinuierlich nach.
Auslandsgeschäft hat weiterhin große Bedeutung für den Mittelstand
Nach dem kontinuierlichen Ausbau in den vergangenen beiden Jahren ist
das Auslandsengagement der mittelständischen Unternehmen nun leicht
zurückgegangen. Mit 56 Prozent ist aber nach wie vor ein großer Teil
der Mittelständler außerhalb des Heimatmarktes aktiv, sogar vier von
fünf Unternehmen sind es bei den exportorientierten Branchen aus dem
verarbeitenden Gewerbe. Dabei haben die europäischen Nachbarländer
als strategische Zielregion für deutsche Mittelständler nach wie vor
die größte Bedeutung. Die Ukraine-Krise hat zu einem beträchtlichen
Bedeutungsrückgang von Russland sowie Mittel- und Osteuropa geführt.
Für den leichten Bedeutungsverlust von China ist dagegen unter
anderem die schwächere Wachstumsdynamik verantwortlich. "Allerdings
sehe ich in China mittelfristig keine echte Rezession. Vielmehr kann
die Zeit jetzt genutzt werden, sich zu positionieren, um dann vom
Strukturwandel des Landes längerfristig zu profitieren. Klarer
Nutznießer der derzeitigen Entwicklung ist vor allem Nordamerika. Wir
sehen eine deutliche Verlagerung der Auslandsaktivitäten der
Mittelständler in die USA und nach Kanada. Aber auch Japan und das
übrige Asien haben in den vergangenen Jahren spürbar an Bedeutung
gewonnen", so Stefan Zeidler, Firmenkundenvorstand der DZ BANK.
Eigenkapitalquote erneut kräftig gestiegen - Weiterhin gute
Bilanzqualität
Die mittelständischen Unternehmen sind nach wie vor bestens
kapitalisiert, wie die aktuellen Ergebnisse der VR Bilanzanalyse
zeigen. Im Jahr 2014 stieg die Eigenkapitalquote der
mittelständischen Unternehmen erneut kräftig um 2,7 Prozentpunkte auf
nunmehr 26,6 Prozent. Im Zuge der kontinuierlichen Stärkung der
Eigenkapitalausstattung haben die mittelständischen Unternehmen in
den vergangenen Jahren auch ihre Bilanzqualität auf hohem Niveau
gehalten. Der Bilanzqualitätsindex war zwar im Jahr 2014 gegenüber
dem Vorjahr leicht rückläufig, bewegt sich allerdings immer noch nur
geringfügig unter seinem bisherigen Höchststand aus dem Jahr 2011.
"Dass sich der deutsche Mittelstand inzwischen so robust zeigt,
liegt auch an seiner kontinuierlich gestärkten Kapitalausstattung und
seiner unverändert hohen Bilanzqualität. Der Mittelstand in
Deutschland präsentiert sich damit gut gerüstet für die nächsten
Jahre", erläutert BVR-Vorstandsmitglied Dr. Andreas Martin.
Zur Messung der Bilanzqualität wird ein Bilanzqualitätsindex
ermittelt. Grundlage für den Index ist eine Auswertung der
Jahresabschlussdaten von mittelständischen Firmenkunden der
Volksbanken und Raiffeisenbanken. Der Index setzt sich zusammen aus
der Eigenkapitalquote, der Gesamtkapitalrentabilität, dem
Gesamtkapitalumschlag, der Liquidität 2. Grades und dem dynamischen
Verschuldungsgrad. Insgesamt flossen in den Jahren 2001 bis 2014 rund
1,6 Millionen Jahresabschlüsse in die VR Bilanzanalyse ein.
Die Daten für die VR Mittelstandsumfrage wurden in der Zeit vom
14. September bis 27. Oktober 2015 im Rahmen einer telefonischen
Umfrage von der nhi2 AG, Bonn, erhoben. Die Stichprobe von 1.307
Unternehmen ist repräsentativ; befragt wurden Inhaber und
Geschäftsführer mittelständischer Unternehmen in Deutschland.
Herbst 2015 Mittelstand im Mittelpunkt - Mittelstandsstudie von
BVR, DZ BANK und WGZ BANK http://ots.de/7nbvY
Pressekontakt:
Eberhard Roll, Pressesprecher, WGZ BANK, (0211) 778-1108,
eberhard.roll(at)wgzbank.de
Melanie Schmergal, Pressesprecherin, BVR, Tel. (030) 2021-1300,
presse(at)bvr.de
Sylke Kieliba, Pressesprecherin, DZ BANK, (069) 7447-2381,
sylke.kieliba(at)dzbank.de