(ots) - Eine "Verzögerungstaktik auf Kosten der
Hartz-IV-Bezieher" wirft der Paritätische Wohlfahrtsverband der
Bundesregierung im Umgang mit dem Problem der Energiearmut
einkommensarmer Haushalte vor. Die Antwort der Bundesregierung auf
die Kleine Anfrage von Abgeordneten der Fraktion von Bündnis 90/ Die
Grünen, nach der für eine Überprüfung des im Hartz-IV-Regelsatz
enthaltenen Anteils für Stromkosten "kein aktueller Handlungsbedarf"
bestehe, zeuge von "kaltherziger Ignoranz" gegenüber der
Lebenswirklichkeit von Millionen Betroffenen. Der Paritätische
fordert die Bundesregierung auf, umgehend für die Übernahme der
tatsächlichen Stromkosten in den Haushalten zu sorgen, die von
Fürsorgeleistungen leben. Darüber hinaus sei die Neuermittlung und
Anpassung der Regelsätze auf ein bedarfsgerechtes Niveau überfällig.
"Angesichts der extremen Preissteigerungen für Strom seit 2008 auf
der einen und einem extrem auf Kante genähten Regelsatz von demnächst
404 Euro auf der anderen Seite zu behaupten, man sehe keine
Anhaltspunkte für die Gefahr einer Bedarfsunterdeckung, ist wirklich
ignorant", empört sich Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des
Paritätischen Gesamtverbandes. Nach Berechnungen des Verbandes sind
die derzeitigen Regelsätze, die auf Statistiken aus dem Jahr 2008
basieren, um 20 Prozent zu niedrig bemessen und wurden seitdem nur
unzureichend angepasst. Die Preise für Haushaltsstrom seien seit 2008
um 36 Prozent nahezu "explodiert". Allein im Bereich der Stromkosten
liege die Unterdeckung der Regelsätze mittlerweile je nach
Haushaltsgröße bei bis zu 280 Euro im Jahr.
Der Verband weist darauf hin, dass die Bundesregierung mit ihrer
Position in der Fachwelt isoliert sei. Bereits im Herbst 2013 hatten
Umwelt-, Sozial- und Wohlfahrtsverbände in einer gemeinsamen Charta
auf das Problem hingewiesen und konkrete Vorschläge zur Unterstützung
einkommensarmer Haushalte gemacht. Im Sommer 2014 hatte sogar das
Bundesverfassungsgericht eine zeitnahe Lösung angemahnt. "Strom in
Deutschland ist kein Luxusgut, sondern gehört wie ein Dach über dem
Kopf zum Existenzminimum. Es ist ungeheuerlich, dass diese
Bundesregierung weder die Fakten noch die Nöte der Menschen ernst
nimmt." Dabei nehme die Bundesregierung eine stetige Zuspitzung des
Problems in Kauf. Im aktuellen Monitoringbericht der
Bundesnetzagentur sei erst vor wenigen Wochen eine neuerliche Zunahme
von Stromabschaltungen im Jahr 2014 auf 352.000 Haushalte und damit
ein trauriges Rekordniveau bekannt gegeben worden.
Als "zynisch" und "durchsichtig" bezeichnet Schneider das
Argument, wonach die Übernahme der Stromkosten in tatsächlicher Höhe
keine Anreize zum Stromsparen setzten. "Selbstverständlich sollen
Stromkosten nicht mehr dort in voller Höhe übernommen werden, wo sie
auf unwirtschaftlichem Verhalten beruhen. Ausgerechnet den Ärmsten
unter uns maßlose Stromverschwendung zu unterstellen, ist einfach
absurd", so Schneider.
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