(PresseBox) - Wie lässt sich der Gesamtnutzen von Medizinprodukten der Klassen IIb und III beurteilen? Wie kann man Nutzen und Schaden eines neuen theoretisch-wissenschaftlichen Konzeptes gegeneinander abwägen und mit Alternativen vergleichbar machen? Wie lassen sich patientenrelevante Endpunkte in die Analyse einbringen? Diesen Fragen widmete sich der Workshop ?Der Wert von Medizinprodukten: Bewerten von (neuen) Medizinprodukten" am 2. Dezember in Berlin. Veranstalter waren die Hochschule Neubrandenburg und die B. Braun-Stiftung im Rahmen eines gemeinsamen Forschungsprojektes.
Die Bewertung des Nutzens von Medizinprodukten ist komplex ? nicht zuletzt deshalb, weil ihr Wert je nach Interessensgruppe unterschiedlich beurteilt werden kann. ?Die Nutzenbewertung fokussiert oft einseitig auf vergleichende Studien zu Effektivität, berücksichtigt aber in den seltensten Fällen transparente Informationen über die relative Wichtigkeit von klinischen oder nicht-klinischen Endpunkten aus der Perspektive des Patienten oder Experten", erläuterte Projektleiter Prof. Dr. Axel Mühlbacher von der Hochschule Neubrandenburg. Eine Abwägung der positiven und negativen Aspekte erfolge meist auf Basis subjektiver Werturteile der Regulierungsbehörden. ?Hier brauchen wir eine transparente Entscheidungsfindung unter Einbeziehung unterschiedlicher Prioritäten und Präferenzen." Einen tauglichen Ansatz hierfür sieht Mühlbacher in den Verfahren der multikriteriellen Entscheidungsanalyse (MCDA). Darüber hinaus erfuhren die 30 Teilnehmer in diesem Workshop, wie sich mithilfe der Präferenzmessung Endpunkte identifizieren, gewichten und priorisieren lassen. Anhand einer Fallstudie spielten sie das Verfahren der Nutzenbewertung in seiner konkreten Anwendung durch.
MCDA-Methoden berücksichtigen eine Vielzahl von Entscheidungskriterien aus unterschiedlichsten Feldern. Bei Medizinprodukten lassen sich damit viele verschiedene Endpunkte vergleichbar machen und in ein gemeinsames Bewertungssystem bringen. So können ökonomischer Nutzen quantifiziert, klinische und patientenrelevante Entscheidungsparameter zusammengefasst und die Kriterien gewichtet werden. ?MCDA-Methoden gewährleisten die Ableitung eines Maßes für den Gesamtnutzen als notwendige Voraussetzung zum Vergleich einzelner Alternativen", erklärte Mühlbacher.
Der Workshop war die dritte von insgesamt sechs Veranstaltungen, die die Hochschule Neubrandenburg und die B.-Braun Stiftung zum Thema Nutzenbewertung im Rahmen des gemeinsamen Forschungsprojekts durchführen. Den Auftakt hatte im April eine Plenumsveranstaltung gemacht. Dort legten Vertreter von Patienten, Medizintechnologieunternehmen, Krankenhäusern, Krankenkassen, Politik sowie Entscheidungsgremien wie dem Institut für Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) ihre Meinung zur Bewertung von Medizinprodukten dar. Im Juli schloss sich ein Workshop zum ?Messen von klinischen Effekten" an. Im April kommenden Jahres wird eine Plenumsveranstaltung zum Wert von Medizinprodukten folgen. Zwei weitere Methodenworkshops finden im Juli und Dezember 2016 statt. Dann geht es um das ?Entscheiden über Entwicklung, Zulassung, Vergütung und Inanspruchnahme" sowie um ?Prozesse der Nutzenbewertung" und erste Erfahrungen in der praktischen Abwägung von Evidenz, Risiko und Nutzen.
Hintergrund für die Veranstaltungsreihe ist die im Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VSG) beschlossene und von Experten kritisch diskutierte Neuordnung der Nutzenbewertung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden von Medizinprodukten hoher Klassifizierung und besonders invasivem Charakter des Eingriffs. Die Hochschule Neubrandenburg und die B. Braun-Stiftung möchten mit jeder Veranstaltung die Diskussion zu einem Teilaspekt der Nutzenbewertung voranbringen. Die Veranstaltungen finden im Langenbeck-Virchow-Haus in Berlin-Mitte statt. Weitere Termine und Informationen sind unter www.bbraun-stiftung.de zu finden.
Die B. Braun-Stiftung ist gemeinnützig und unabhängig. Zweck der Stiftung ist die Förderung des Nachwuchses in der öffentlichen Gesundheitsversorgung und der Forschung. In diesem Zusammenhang fördert die Stiftung auch den Bereich Medizintechnologie.