(ots) - Der ehemalige Nato-General und Generalinspekteur
der Bundeswehr Harald Kujat hat die Türkei wegen des Abschusses eines
russischen Kampfflugzeugs heftig kritisiert. Dem Politikmagazin
"Panorama" vom NDR im Ersten erklärte Kujat, der Abschuss sei
unverhältnismäßig und vermeidbar gewesen. Weiter warnte Kujat davor,
dass das türkische Vorgehen auch das Risiko für dort stationierte
Soldaten der deutschen Luftwaffe erhöht habe.
Das russische Kampfflugzeug war am 24. November im
syrisch-türkischen Grenzgebiet von türkischen Abfangjägern
abgeschossen worden. Die beiden russischen Piloten konnten sich
zunächst mit dem Fallschirm retten, einer von ihnen wurde unmittelbar
danach offenbar von turkmenischen Rebellen erschossen.
Zu dem Vorfall erklärte Kujat im Interview mit dem Politikmagazin
"Panorama" vom NDR: "Nach dem, was wir jetzt wissen, sind die
russischen Flugzeuge nicht in den türkischen Luftraum eingedrungen,
sondern haben einen kleinen Zipfel türkischen Luftraums überflogen.
Das heißt, wenn man normale Verfahren angewendet hätte, wäre es nicht
zu diesem Zwischenfall gekommen. Ich denke, es war unverhältnismäßig
und vermeidbar."
Die türkische Regierung beharrt darauf, dass sich das russische
Flugzeug 17 Sekunden in türkischem Luftraum aufgehalten und auch
Warnungen per Funk ignoriert habe. Von russischer Seite heißt es, die
eigenen Piloten hätten keine Funksprüche gehört und auch das
türkische Territorium nicht überflogen. Harald Kujat bemängelt den
Abschuss auch deshalb, weil international übliche Regeln dabei
offenbar nicht beachtet worden seien. Demnach müsse ein Flugzeug
zunächst gewarnt und in letzter Konsequenz zur Landung gezwungen
werden, wenn es einen fremden Luftraum verletzt, so Kujat. "Der
Abschuss eines Flugzeugs erfolgt nur dann, wenn dies erstens
unumgänglich ist und wenn es sich um das Eindringen in den Luftraum
mit der erkennbaren Absicht eines Angriffs handelt." Dies sei aber
nicht der Fall gewesen.
Der türkische Botschafter in Deutschland, Hüseyin Avni Karslioglu,
erklärte in "Panorama", die Türkei habe ihre strengen Regeln für
Luftraumverletzungen immer deutlich gemacht. "Wer das türkische
Territorium, die Lufthoheit verletzt, wird abgeschossen. Das wurde
allen Parteien, die dort sind, auch den Russen, klar gemacht, aber
immer wieder hat die russische Luftwaffe türkisches Hoheitsgebiet
verletzt."
Kujat befürchtet, dass der Abschuss des russischen Flugzeugs zu
neuen Spannungen in der Krisenregion führt. Davon könnten auch
Flugzeuge anderer Nato-Staaten und damit auch der Bundeswehr
betroffen sein. Russland habe auf den Zwischenfall durch eine weitere
Aufrüstung in der Region reagiert. So habe die russische Armee
mittlerweile auch moderne Boden-Luft-Raketen und Jagdflugzeuge vor
Ort im Einsatz. "Das heißt, das Risiko für alle, die in diesem
Luftraum fliegen, wird dadurch erheblich vergrößert, auch für die
deutschen Tornadopiloten, wenn sie denn mit ihren Aufklärungsflügen
beginnen", so Kujat.
Sendung: Donnerstag, 17. Dezember, 21.45 Uhr, Das Erste
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