(ots) - Die Planergänzungsunterlagen zur Elbvertiefung,
die den Naturschutzverbänden zur Stellungnahme vorgelegt wurden, sind
aus Sicht der Verbände weder fachlich noch formal geeignet,
we-sentliche Kritikpunkte des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) aus
dem Weg zu räumen. In seinem Hinweisbeschluss vom 2. Oktober 2014
(BVerwG 7 A 14.12) hatte das Gericht das Verfahren bis zu einer
Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) zur
Weser-vertiefung ausgesetzt und wesentliche Nachbesserungen der
Planunterlagen für die Elbvertiefung gefordert.
Auch aus dem EuGH-Urteil vom 1. Juli 2015 zur Auslegung des
europäischen Wasserrechts hat-ten sich neue Vorgaben für die
planenden Behörden ergeben, die nur unzureichend abgearbeitet wurden.
"Auf 1.000 Seiten Planergänzung finden sich wenig neue Antworten auf
die vom Gericht aufgetragenen Hausaufgaben," so die Einschätzung der
Umweltverbände. Das Aktionsbündnis Lebendige Tideelbe aus BUND, NABU
und WWF hatte in den letzten Wochen die umfangreichen Unterlagen
ausgewertet, die den Verbänden bis zum 23.12.2015 zur Stellungnahme
vorgelegt wurden.
Verstöße gegen europäischen Gewässerschutz werden in Kauf genommen
"Erneut behaupten die Planungsbehörden, das Baggern von knapp 40
Millionen Kubikmetern Se-diment stelle keine Verschlechterung im
Sinne des Wasserrechts dar. Diese Bagatellisierung ist nicht
nachvollziehbar. Nach wie vor vertreten die Gutachter stoisch die
These, dass die hoff-nungslos veralteten Modellrechnungen der
Bundesanstalt für Wasserbau belegten, es gäbe keine gravierenden
Veränderungen bei Wasserständen, Sedimentation und
Strömungsgeschwindigkeiten. Damit geht der Träger des Vorhabens
erneut das Risiko ein, gegen nationale und europäische Vorgaben im
Gewässerschutz zu verstoßen", so das Aktionsbündnis Lebendige
Tideelbe.
Untersuchungen zum Lebensraum Tideelbe liefern widersprüchliche
Aussagen
Die aktualisierten Untersuchungen zu Brutvögeln sowie den
bedrohten Pflanzenarten und Elbfischen können nach Ansicht der
Umweltverbände nicht überzeugen. So würden die Planer wei-terhin
verkennen, dass durch die Elbvertiefung die Lebensbedingungen für
besonders geschützte Fischarten wie die Finte beeinträchtigt werden.
Auch zu den Ausgleichsmaßnahmen für den weltweit nur noch an der
Tideelbe vorkommenden Schierlingswasser-Fenchel gebe es
wider-sprüchliche Aussagen in den Planunterlagen. Noch 2014 ging
Hamburg gegenüber der EU-Kommission davon aus, dass neuer Lebensraum
für mehr als 2.300 Exemplare der vom Ausster-ben bedrohten Pflanze
geschaffen wird. Nach den neuen Planunterlagen sind es jetzt nur noch
200.
Planungsbehörden sehen sich nicht in der Pflicht, Zustand der Elbe
zu verbessern
Das Bundesverwaltungsgericht hatte in seinem Beschluss gefordert,
Pflichtaufgaben zur Verbesserung des ökologisch schlechten
Gewässerzustands von Ausgleichsmaßnahmen in EU-Schutzgebieten
(Kohärenzsicherungsmaßnahmen) für die Umweltschäden durch die
geplante Elbevertiefung abzugrenzen. Die Planungsbehörden vertreten
dazu die Auffassung, dass alle vorgesehenen Ausgleichsmaßnahmen über
die Pflichtaufgaben hinausgehen und deshalb im Rah-men der geplanten
Elbvertiefung als Kohärenzsicherungsmaßnahme angerechnet werden
kön-nen. Die Umweltverbände kommen jedoch zu dem Ergebnis, dass die
meisten der geplanten Maßnahmen unabhängig vom Verfahren zur
Elbvertiefung umgesetzt werden müssen, um den bereits heute
schlechten Zustand des Flusses zu verbessern.
Im nächsten Verfahrensschritt müssen die Wasser- und
Schifffahrtsdirektion Nord in Kiel und die Hamburger Behörde für
Wirtschaft, Verkehr und Innovation als zuständige
Planfeststellungsbehörden die eingegangenen Stellungnahmen auswerten
und einen weiteren Planergänzungsbe-schluss erlassen. Dieser wird
dann wiederum den Umweltverbänden zur Auswertung vorgelegt, die ihre
Klage gegen die Elbvertiefung entsprechend anpassen können. Mit einer
abschließenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes wird nicht
vor Mitte 2016 gerechnet.
Pressekontakt:
BUND Hamburg, Manfred Braasch, T: 040 - 600 387-12, mobil: 0172 408
3401
NABU Hamburg, Malte Siegert, mobil: 0173 937 3241
WWF, Beatrice Claus, mobil: 0151 1885 4968