(ots) - Ziel der Bundesregierung bis 2020 ist unerreichbar
- Bis Ende 2015 wird es weniger als 50.000 Elektroautos und
Plug-in-Hybride in Deutschland geben
- Strukturwandel hin zu alternativen Antrieben setzt sich fort
- Striktere Emissionsgesetze und technischer Fortschritt werden
zum Trendbeschleuniger
- Batteriepreise sinken und der Kostenvorteil herkömmlicher
Antriebe geht bis 2022 verloren
Der Plan der Bundesregierung, bis 2020 eine Million Elektroautos
auf Deutschlands Straßen zu bringen, ist gescheitert. Dennoch werden
striktere Emissionsgesetze und der technische Fortschritt bei
elektrischen Antrieben den Trend zur E-Mobilität mittelfristig weiter
beschleunigen. Zu diesem Fazit kommt die aktuelle Analyse der
internationalen Managementberatung Bain & Company.
Wie deutlich das E-Mobilitätsziel der Bundesregierung aus dem Jahr
2011 bislang verfehlt wird, belegen die niedrigen Zulassungszahlen.
So waren 2014 hierzulande nur rund 26.000 reine Elektroautos und
Plug-in-Hybride - also Autos mit Elektroantrieb und konventionellem
Motor, deren Batterie auch über das Stromnetz aufgeladen werden kann
- unterwegs. Nach den Plänen der Politik hätten es bereits 100.000
sein sollen. Auch zum Jahresende 2015 ist kaum Besserung in Sicht.
Laut Bain-Analyse wurden von Januar bis November in Deutschland
20.288 Elektroautos und Plug-in-Hybride zugelassen. Dies lässt für
das Gesamtjahr rund 23.000 Fahrzeuge erwarten. Doch statt der
angestrebten 200.000 Elektroautos und Plug-in-Hybride wird der
Gesamtbestand Ende 2015 bei weniger als 50.000 Fahrzeugen liegen -
und damit rund 75 Prozent unter der Zielvorgabe der Bundesregierung.
Dass sich daran auch so schnell nichts ändern wird, zeigt das
Verhältnis der Neuzulassungen zum Gesamtmarkt. Hier liegt Deutschland
im internationalen Vergleich im ersten Quartal 2015 mit einer
Elektroautoquote von lediglich 0,6 Prozent weit abgeschlagen hinter
Norwegen (33,1 Prozent) und der Niederlande (5,7 Prozent). "Damit ist
das ursprüngliche Ziel der Politik von einer Million E-Autos im Jahr
2020 nicht mehr zu schaffen", stellt Dr. Klaus Stricker, Leiter der
weltweiten Praxisgruppe Automobil bei Bain & Company, fest.
Die bereits Ende 2014 von der Nationalen Plattform
Elektromobilität (NPE) formulierten Maßnahmen aus Steuersubventionen
und Forschungsförderung sind größtenteils nicht umgesetzt worden.
Steuerliche Anreize, Sonderabschreibungen für elektrisch betriebene
Dienstfahrzeuge und Kaufanreize für Privatkunden von bis zu 5.000
Euro pro Fahrzeug werden aktuell politisch diskutiert. Allerdings ist
ihre Finanzierung weiterhin ungeklärt. "Es geht jetzt darum, die
Elektromobilität unter den gegebenen Rahmenbedingungen auch in
Deutschland weiterzuentwickeln", erklärt Autoexperte Stricker.
"Mittelfristig gibt es keine Alternative, um die verschärften
Emissionsvorgaben bis 2025 zu erreichen." In der Europäischen
Kommission werden derzeit bereits die neuen CO2- und Verbrauchsziele
für 2025 erörtert. Diese könnten um weitere 18 bis 28 Prozent unter
den Werten von 2020 liegen. Hinzu kommen die Änderungen der
Emissionstests, über die aktuell debattiert wird. Real Driving
Emissions (RDE) sollen den echten Schadstoffausstoß auf der Straße
messen und nicht mehr wie bisher am Prüfstand unter Laborbedingungen.
Strukturwandel nur durch technische Innovationen
"Vor diesem Hintergrund ist es umso wichtiger, jetzt jenseits
aller politischen Visionen eine solide Basis für einen nachhaltig
wachsenden Markt für alternative Antriebe zu schaffen", sagt
Bain-Partner Stricker. Noch immer hat diese Technologie auch
hierzulande gute Chancen. Der technische Fortschritt wird dabei zum
wesentlichen Treiber des Strukturwandels. Laut Bain-Analyse werden
die Kosten für Li-Ionen-Batteriesysteme bis zum Jahr 2018 deutlich
sinken - von heute 260 Euro/kWh auf dann unter 150 Euro/kWh. "Durch
die Weiterentwicklung der Batterietechnologie sind ab 2022 sogar 110
Euro/kWh möglich", prognostiziert Stricker. Der Rückgang der Kosten
in den nächsten Jahren um mehr als 50 Prozent wird den Strukturwandel
zusätzlich befeuern.
Von kurzfristigen Entwicklungen nicht verunsichern lassen
Parallel wird die Politik die Umweltauflagen erneut verschärfen,
sodass die Kosten für konventionelle Antriebe durch die weitere
Optimierung von Motoren und Abgastechnologie weiter steigen werden.
Gerechnet über den gesamten Lebenszyklus werden sich die Kosten
reiner Elektroautos mit der erforderlichen Reichweite und
entsprechender Batteriekapazität gegenüber Fahrzeugen mit
Verbrennungsmotor etwa 2022 angleichen. Der exakte Zeitpunkt dieser
Kostenparität hängt von verschiedenen, nicht genau prognostizierbaren
Faktoren ab. Dazu gehört die Entwicklung des Öl- und
Treibstoffpreises. Hinzu kommen nationale und lokale politische
Entscheidungen wie Null-Emissions-Zonen in Innenstädten. "Hersteller
und Zulieferer brauchen heute bereits ein klares Zielbild, wo sie in
fünf Jahren in puncto Elektromobilität stehen wollen, wenn die
Gesamtkostenbasis konkurrenzfähig wird", so Bain-Partner Stricker.
"Von kurzfristigen Entwicklungen dürfen sie sich nicht verunsichern
lassen."
Um die Emissionsziele jenseits von 2020 zu erreichen, ist die
weitere Elektrifizierung des Antriebsstrangs unumgänglich. Bain sieht
dazu folgende wesentliche Handlungsfelder:
- Weiterentwicklung der Batterietechnologie:
Die Entwicklung und Fertigung der Li-Ionen-Batterien für
Elektroautos ist die Domäne asiatischer Hersteller. Ihr Vorsprung ist
kaum noch aufzuholen. Mittelfristig muss Deutschland bei dieser
Antriebsform eine größere Rolle spielen. Um die Wertschöpfung
hierzulande abzusichern, empfiehlt es sich für die deutschen
Automobilhersteller, gemeinsam an einer lokalen Batteriefertigung zu
arbeiten, idealerweise inklusive Zellfertigung. Konsortien ähnlich
dem kürzlich erfolgten Einstieg von drei deutschen
Automobilherstellern bei Nokia Here, Hersteller digitaler Karten und
verbundener Dienstleistungen, könnten dabei sinnvolle Lösungen sein.
Insbesondere die nächste Batteriegeneration - etwa
Solid-State-Batterien - eröffnen wieder neue Marktchancen.
- Aufbau der Ladeinfrastruktur:
Die Verbraucher verlangen ausreichend Lade- und
Schnelllademöglichkeiten für ihre E-Autos, sowohl in der Stadt als
auch auf der Autobahn. Tesla beispielsweise unterhält in Deutschland
heute schon ein Schnellladenetz mit 55 "Superchargern". Andere
Hersteller bauen eigene Netze auf, wobei auch hier Synergieeffekte
durch herstellerübergreifende Lösungen realisiert werden müssen.
- Erweiterung des Fahrzeugangebots:
Derzeit ist die Nachfrage nach reinen Elektrofahrzeugen noch
gering und das Angebot entsprechend eingeschränkt. Mit immer besserer
Wirtschaftlichkeit der E-Autos werden die Hersteller auch ihre
Angebotspalette verbreitern. Statt elektrifizierter Derivate
herkömmlicher Fahrzeuge werden originär mit Elektrobetrieb
entwickelte Autos auf den Markt kommen, die dann die Möglichkeiten
eines auf Elektromobilität optimierten Packaging voll ausschöpfen
können.
"Auch wenn das Ziel von einer Million Elektroautos bis 2020 nicht
erreicht wird, müssen sich die Automobilhersteller schon heute auf
die nächste Welle vorbereiten, die zu Beginn des neuen Jahrzehnts
kommen wird", stellt Bain-Experte Stricker fest. "Die anstehenden
Veränderungen sind strukturell und werden der Elektromobilität einen
massiven Schub geben."
Bain & Company
Bain & Company ist eine der weltweit führenden
Managementberatungen. Wir unterstützen Unternehmen bei wichtigen
Entscheidungen zu Strategie, Operations, Technologie, Organisation,
Private Equity und M&A - und das industrie- wie länderübergreifend.
Gemeinsam mit seinen Kunden arbeitet Bain darauf hin, klare
Wettbewerbsvorteile zu erzielen und damit den Unternehmenswert
nachhaltig zu steigern. Im Zentrum der ergebnisorientierten Beratung
stehen das Kerngeschäft des Kunden und Strategien, aus einem starken
Kern heraus neue Wachstumsfelder zu erschließen. Seit unserer
Gründung im Jahr 1973 lassen wir uns an den Ergebnissen unserer
Beratungsarbeit messen. Bain unterhält 53 Büros in 34 Ländern und
beschäftigt weltweit 6.000 Mitarbeiter, 700 davon im
deutschsprachigen Raum. Weiteres zu Bain unter: www.bain.de.
Pressekontakt:
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