(ots) - Nach den zahlreichen Diskussionen und den sich
quasi selbst dynamisierenden Mutmaßungen vor der letzten FED-Sitzung
im Dezember verlief der eigentliche Akt der Zinserhöhung dann doch
relativ geräuschlos. Auch im Nachgang hat sich die Aufregung schnell
gelegt, die Finanzmärkte waren anscheinend gut auf diesen Zinsschritt
vorbereitet und eingestellt. Gleichwohl stellt die Erhöhung der
US-amerikanischen Leitzinsen um 25 Basispunkte einen Wendepunkt dar
und beendet damit die siebenjährige Phase der "Nullzinspolitik".
Aufgrund der guten amerikanischen Konjunkturdaten ist dieser
Zinsschritt gerechtfertigt und nachvollziehbar, dennoch bleibt
zunächst abzuwarten, wie die Finanzmärkte auf das Auseinanderdriften
zwischen amerikanischer, europäischer und japanischer Zinspolitik
reagieren. Denn insbesondere in Europa ist nach wie vor mit keiner
Zinserhöhung vor Ende 2017 zu rechnen.
"Das anhaltend niedrige Zinsniveau bleibt nach wie vor die
wesentliche Triebfeder für den enormen Anlagebedarf sämtlicher
institutioneller Investoren. Immer stärker stehen dabei Immobilien im
Fokus der Interessen. Der weltweit immer noch stark zunehmende
Anlagebedarf von Kapitalsammelstellen wie Pensionsfonds oder
Versicherungen schlägt sich in der Assetklasse Immobilie auch in
Deutschland deutlich nieder. Und in absehbarer Zeit rechnen wir auch
nicht mit einem deutlichen Anstieg des historisch niedrigen
Zinsniveaus. Und selbst ein moderater Anstieg würde das Gesamtbild
kaum verändern. Die extreme Fokussierung auf das Zinsniveau ist
tendenziell ohnehin übertrieben", so Dr. Frank Pörschke, CEO JLL
Deutschland.
2015 ist das gewerbliche Transaktionsvolumen nach Angaben von JLL
zum sechsten Mal in Folge angestiegen - auf einen Rekordwert von
nunmehr 55,1 Mrd. Euro. Gegenüber 2014 entspricht dies einem
nochmaligen Zuwachs um fast 40 %. Allein das vierte Quartal hat mit
fast 17 Mrd. Euro zu über 30 % zum Jahresergebnis beigetragen und
markiert das transaktionsstärkste Quartal der letzten 5 Jahre. Die
Investoren aus dem In- und Ausland bevorzugen nach wie vor
großvolumige Assets oder Portfolios. So vereinen die Top 10
Transaktionen des Jahres zusammen mehr als 9,8 Mrd. Euro auf sich (18
%). Herausragende Transaktionen waren dabei bei den
Einzeltransaktionen das Quartier am Potsdamer Platz mit einem
Kaufpreis von rund 1,3 Mrd. Euro, gefolgt von den Frankfurter
Büroobjekten Trianon und Eurotower. Die Portfoliotransaktionen werden
vom Einzelhandel und von Unternehmensübernahmen bestimmt, angeführt
vom Galeria Kaufhof-Portfolio mit einem Kaufpreis von rund 2,4 Mrd.
Euro und gefolgt vom Büroimmobilien-Portfolio der Deutsche Office für
rund 1,7 Mrd. Euro, die im Zuge der Ãœbernahme durch die Alstria den
Eigentümer wechselten.
"Auf Basis der insgesamt guten Fundamentaldaten und des nach wie
vor attraktiven finanziellen Rahmens könnte für den gewerblichen
Investmentmarkt auch 2016 ein sehr positives Jahr zu Buche schlagen
mit einem deutschlandweiten Transaktionsvolumen auf wieder hohem
Niveau. Dabei ist nicht unwahrscheinlich, dass erneut die 'Fünf' bei
einem zweistelligen Milliardenergebnis vorne steht. Ob das erreicht
wird, hängt allerdings davon ab, wie die zunehmenden globalen Risiken
unterschiedlichster Art bewältigt werden können und ob sich im Zuge
der Zinserhöhungen in den USA Kapitalströme in Richtung Nordamerika
bewegen", kommentiert Timo Tschammler, Mitglied im Management Board
JLL Deutschland, das Investment-Szenario.
Überproportionaler Anstieg bei Portfolios - Büroimmobilien
gefragteste Assetklasse
Rund 65 % des gewerblichen Transaktionsvolumens entfallen 2015 auf
Einzeltransaktionen. Das Plus bei den absoluten Zahlen gegenüber dem
Vorjahr liegt bei 30 % und damit leicht unter dem Zuwachs des
Gesamtmarktes. Demgegenüber stieg das Portfoliovolumen um fast 60 %
auf 19,2 Mrd. Euro deutlich stärker an. Rund 41 % (knapp 23 Mrd.
Euro) entfallen auf die Assetklasse Büroimmobilie, gefolgt vom
Einzelhandel mit 31 % (17 Mrd. Euro). Nahezu Dreiviertel des
bundesweiten Transaktionsvolumens sind damit bereits abgedeckt. Die
verbleibenden Anteile verteilen sich überwiegend auf gemischt
genutzte Immobilien (fast 10 %), Hotelimmobilien mit 8 %, sowie
Lager-/Logistikimmobilien mit gut 7 %.
Berlin schlägt alle Rekorde - Nachfrage außerhalb der Hochburgen
steigt überdurchschnittlich
Zum Jahresende summiert sich das Transaktionsvolumen in der
deutschen Hauptstadt auf über 8 Mrd. Euro. Euro. "Ein derartig hohes
Volumen wurde noch nie ein einer deutschen Stadt verbucht. Rund ein
Viertel der Investitionen in den sieben großen deutschen Metropolen
wurden 2015 somit an der Spree getätigt und der Anstieg gegenüber dem
Vorjahr beläuft sich auf 84 %", so Tschammler. Auch in allen anderen
Städten der Big 7 gab es positive Steigerungsraten, die nach Berlin
größten Zuwächse verzeichneten Stuttgart, Düsseldorf und Köln. Über
alle sieben Hochburgen kumuliert beläuft sich das Transaktionsvolumen
auf 31 Mrd. Euro, entsprechend einem Plus von 35 % gegenüber 2014.
Doch die großen Metropolen sind nicht allein marktbestimmend. Im
Gegenteil: Investitionen haben außerhalb der Big 7 mit über 43 % auf
24 Mrd. Euro gegenüber 2014 überproportional zugelegt. "Die
Bereitschaft, höhere Investitionsrisiken einzugehen, wächst also.
Core-Investments stehen zwar nach wie vor für rund die Hälfte des
Marktvolumens. Doch das absolute Transaktionsvolumen für
opportunistische, Value-Add- oder Core-plus-Investments ist um mehr
als fünf Mrd. Euro auf über 28 Mrd. Euro gestiegen", notiert
Tschammler.
Ausländisches Kapital dominiert
Deutschland hat sich de facto als internationaler Handelsplatz für
Gewerbeimmobilien etabliert. Ausländische Investoren stehen für mehr
als die Hälfte des Investmentvolumens. Der Großteil des angelegten
Kapitals stammt dabei aus Nordamerika, Großbritannien und Frankreich.
Und auch bei den größten Transaktionen des Jahres 2015 dominiert
ausländisches Kapital. Unter den Top 10 befinden sich nur drei, die
von einheimischen Käufern erworben wurden. Diese Verteilung findet
sich in etwa auch auf der Verkaufsseite, insofern ergibt sich in der
Nettobilanz ein recht ausgewogenes Bild zwischen deutschen und
ausländischen Investoren hinsichtlich des Auf- und Abbaus ihres
deutschlandweiten Immobilienbestandes: "Aktuell ist noch kein Trend
abzusehen, dass Investoren aus bestimmten Ländern signifikant Bestand
ab- bzw. aufbauen", so Tschammler.
Anhaltende Renditekompression und steigende Kapitalwerte Auch im
letzten Quartal des Jahres hat sich das Renditebild nicht geändert.
In nahezu allen Segmenten beobachten wir weitere - wenngleich
moderate - Renditerückgänge. Im Bürobereich reduzierten sich die
Spitzenrenditen um weitere 7 Basispunkte im Vergleich zum Vorquartal,
im Schnitt über alle Big 7 werden 4,15 % erzielt. Nach München hat
nun auch Hamburg die 4 %-Grenze durchbrochen, aktuell liegt die
Rendite hier bei 3,90 %. Nachdem die Renditen für Objekte in
Zweitlagen oder für Objekte mit Leerstandsanteilen bzw. kürzeren
Restlaufzeiten lange Zeit relativ konstant blieben, machen nun auch
diese die Renditeschritte mit. Der Abstand zu den Spitzenrenditen
beläuft sich je nach Mikrolage und spezifischem Objektcharakter auf
75 bis 240 Basispunkte. Die Spanne ist nach wie vor recht groß, zeigt
aber auch, dass nach wie vor für risikobereitere Investoren
entsprechende Renditen auch in den Big 7 zu erzielen sind. Im
Einzelhandelssegment sanken die Spitzenrenditen für Shopping Center
im Quartalsvergleich um 15 Basispunkte auf 4,25 %, für
Fachmarktzentren, einzelne Fachmärkte und innerstädtische
Geschäftshäuser um jeweils 10 Basispunkte. Auch für
Lager-/Logistikimmobilien haben sich die Preise nochmals verteuert,
die durchschnittliche Spitzenrendite für die Big 7 Regionen liegt
hier bei nur noch 5,27 %.
"Für 2016 rechnen wir bei Top-Büroimmobilien nur noch mit einer
leichten Renditekompressionen um maximal zehn Basispunkte. Der Boden
sollte dann erreicht werden. Die Renditen anderer Assetklassen
könnten dagegen noch stärker nachgeben. Bei Logistikimmobilien sind
Spitzenrenditen in der Größenordnung von fünf Prozent zu erwarten.
Für Einzelhandelsimmobilien zeigt die Richtung aufgrund des
Missverhältnisses zwischen starker Nachfrage und knappem Angebot
ebenfalls weiter nach unten", so Helge Scheunemann, Bereichsleiter
Research JLL Deutschland.
Umgekehrt sind die Büromieten weiter leicht angestiegen - und in
der Folge auch die Büro-Kapitalwerte in der Gesamtjahresbetrachtung
2015 im Schnitt über alle Big 7 um 11 %. Seit dem Tiefpunkt nach
Ausbruch der globalen Finanzkrise Ende 2009 haben die Kapitalwerte
für Spitzen-Büroimmobilien damit insgesamt um nominal fast 50 %
zugelegt. Die Zweitlagen profitierten ebenfalls von der erhöhten
Nachfrage seitens der Investoren, aber eben auch von den stetig
ansteigenden Mieten. In diesem Segment konnten Wertzuwächse seit dem
Tiefpunkt 2009 von immerhin 38 % generiert werden. "2016 dürfte der
Preisauftrieb anhalten. Das Wachstum über alle Big 7 hinweg wird sich
mit 3 % aber deutlich verlangsamen. Das sind dann zwar keine
berauschenden Wertzuwächse mehr, weil sich in den kommenden Jahren
niederschlagen wird, was eine Investition in Immobilien im Kern
eigentlich ausmachen sollte, dem Beitrag der Mieteinnahmen zur
Wertentwicklung nämlich", so Scheunemann.
Scheunemann weiter: "Nicht für alle Investoren eröffnet der
deutsche Investmentmarkt noch attraktive Einstiegsgelegenheiten, und
er mag für viele sogar schon als zu teuer wahrgenommen werden. Diese
Wahrnehmung ist allerdings nicht zu pauschalieren. Denn zum einen
gilt dies nicht überall und für jedes Produkt und relativ gesehen
erscheint die Immobilienrendite immer noch attraktiv gegenüber
anderen Anlagen."
Pressekontakt:
Dorothea Koch, Tel. 069 2003 1007, dorothea.koch(at)eu.jll.com