(ots) - In der Nacht zum Freitag ist die Webseite des
Friedenspreisträgers und Schriftstellers Navid Kermani von
Unbekannten gehackt worden. Dies berichtet der "Kölner
Stadt-Anzeiger" (Samstag-Ausgabe). Wer die Internet-Präsenz des
Autors aufrief, der zu den Erstunterstützern der "Kölner Botschaft"
gehört, landete nach Kermanis Angaben bei Slogans in türkischer
Sprache und einem eingeblendeten Video von einer Rede des türkischen
Staatschefs Recep Tayyip Erdogan. Kermani vermutet daher türkische
Nationalisten als Täter und sieht einen direkten Zusammenhang zu
einem offenen Brief von 100 Künstlern und Wissenschaftlern an
Bundeskanzlerin Angela Merkel, der nur wenige Stunden vorher
veröffentlicht wurde. Die Verfasser, unter ihnen Kermani, fordern
darin, in Kontakten mit der türkischen Regierung wie den bilateralen
Konsultationen am Freitag in Berlin die prekäre Menschenrechtslage im
Land anzusprechen. Die Initiatorin Shermin Langhoff, Intendantin des
Berliner Maxim Gorki Theaters, sagte dem "Kölner Stadt-Anzeiger", der
Aufruf habe direkt nach seiner Veröffentlichung zu massiven
Anfeindungen gegen die Erstunterzeichner im Internet geführt. "Das
ist keine Kritik mehr, das sind sind ideologische Hetzjagden." So
seien der Regisseur Fatih Akin und die Schauspielerin Sibel Kekilli
in der türkischen Tageszeitung Akit als Vaterlandsverräter beschimpft
worden. Dieselbe Zeitung stellte vor kurzem türkische Intellektuelle,
die eine regierungskritische Denkschrift verfasst hatten, öffentlich
an den Pranger. Wie Kermani auf Nachfrage sagte, ließ er die gehackte
Seite sperren und seinen Web-Auftritt wiederherstellen. Er deutete
den Angriff im Internet als eine Art virtueller Tätlichkeit zur
Einschüchterung von Kritikern des Regimes Erdogan. "Jeder, der sich
negativ äußert, muss offenbar damit rechnen, dass er - wenn schon
nicht physisch, dann virtuell - angegriffen wird, damit er sich bei
der nächsten kritischen Äußerung schon vorher überlegt, was er sich
damit an Schwierigkeiten einfangen könnte." Von weiteren
Hacker-Angriffen auf Unterstützer wusste Langhoff am Freitag nicht zu
berichten. Die Attacke auf Kermanis Homepage beweise aber die
Notwendigkeit, sich gegen "rechte, faschistoide Kräfte" zur Wehr zu
setzen und sich nicht einschüchtern zu lassen. "Das ist gerade ein
Grund, warum wir uns zu Wort melden. Wir müssen das noch offensiver
tun und uns mit den fortschrittlichen, demokratischen Kräften in der
Türkei und in anderen Ländern solidarisieren. In Deutschland ist das
ja Gott sei Dank möglich, ohne staatliche Repressalien befürchten zu
müssen." Unter den Unterstützern des offenen Briefes sind auch die
Filmregisseure Dani Levy und Margarethe von Trotha, die Schauspieler
Benno Fürmann, Katja Riemann und Jasmin Tabatabai, die Autoren Moritz
Rinke und Sibylle Berg, der Journalist Günter Wallraff sowie die
Musikerin Inga Humpe. Bis Freitagnachmittag wurde die Online-Petition
mehr als 17.000 Mal unterschrieben. Der Wortlaut der Petition und die
Liste der Unterstützer stehen auf: change.org
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