PresseKat - Deutsche Umwelthilfe beantragt Entzug der Typgenehmigung für Mercedes C-Klasse 220 CDi wegen extrem

Deutsche Umwelthilfe beantragt Entzug der Typgenehmigung für Mercedes C-Klasse 220 CDi wegen extrem hoher Abgaswerte

ID: 1315810

(ots) - Vom holländischen Prüfinstitut TNO getesteter
Mercedes überschreitet Stickoxid-Grenzwert bei Straßentest
ausgerechnet bei innerstädtisch gefahrenen Geschwindigkeiten um das
mehr als Zehnfache - Angesichts der hohen NO2-Werte in Stuttgart und
in anderen Städten fordert die DUH als Sofortmaßnahme ein
Einfahrtverbot für diesen Mercedes Diesel-Pkw in Umweltzonen bei
Außentemperaturen unter zehn Grad Celsius

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat beim Kraftfahrt-Bundesamt einen
Antrag auf Widerruf der Typgenehmigung bzw. eine Rückrufanordnung für
alle bereits zugelassenen Fahrzeuge des Modells C220 CDi BlueTec
gestellt. Die Umweltschutzorganisation fordert außerdem die von
Stickstoffdioxid-Überschreitungen betroffenen Städte und Bundesländer
sowie die Bundesregierung zu Sofortmaßnahmen im Kampf gegen die
Luftverschmutzung auf. Haltern der entsprechenden Mercedes-Fahrzeuge
sollte die Einfahrt in die Umweltzonen mit sofortiger Wirkung
untersagt werden, sobald die Außentemperatur unter zehn Grad Celsius
beträgt. Das niederländische Umweltministerium hatte das
TNO-Prüfinstitut mit der Durchführung von Abgasuntersuchungen von
insgesamt 16 Fahrzeugen im Prüflabor bzw. auf der Straße beauftragt.
Von allen Fahrzeugen zeigte der Mercedes C 220 CDi BlueTec (Euro 6)
die mit Abstand schlechtesten Abgaswerte. In der Spitze wurden 2.250
mg NOx/km gemessen - das heißt eine 28-fache Überschreitung des
Grenzwerts, der mit 80 mg/km festgelegt ist.

Besonders erschreckend sind die gegenüber dem Grenzwert mehr als
zehnfach erhöhten NOx-Emissionen des Mercedes bei für den
Stadtverkehr typischen Geschwindigkeiten (TNO reference trip 'urban
0-60 km/h' mit 805 mg NOx/km bzw. 'urban 0-45 km/h' mit 817 mg
NOx/km). Die Straßentests führte TNO bei Außentemperaturen von sieben
bis zehn Grad Celsius durch, dies entspricht der für Mitteleuropa




typischen Jahresdurchschnittstemperatur. Dass Euro 6 Dieselfahrzeuge
unter vergleichbaren Temperaturen die Euro 6 NOx-Grenzwerte einhalten
können, zeigt der durch TNO ebenfalls in diesen
Geschwindigkeitsbereichen und Temperaturen getestete BMW 530d mit 78
mg NOx/km (TNO 'urban 0-45 km/h').

"Wie soll die für über 10.000 jährliche Todesfälle verantwortliche
NO2-Belastung der städtischen Atemluft sinken, wenn Mercedes Chef
Dieter Zetsche Euro-6 Diesel-Pkw verkauft, deren Abgasreinigung 'zum
Schutz des Motors' bei Außentemperaturen unter zehn Grad Celsius
faktisch abgeschaltet wird? Das ist vorsätzliche Körperverletzung mit
Todesfolge in vielen tausend Fällen. Gerade im Winterhalbjahr leiden
die Menschen besonders unter den hohen Dieselgift-Konzentrationen in
der Atemluft. Am meisten leiden sie in Stuttgart, der schmutzigsten
Stadt Deutschlands, was die Dieselruß- und NO2-Werte betrifft", sagt
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH.

Nach Auffassung der DUH verstößt der Mercedes C220 CDi gegen die
EU-Zulassungsvorschrift für Diesel-Pkw (VO 715/2007/EG), die eine
funktionierende Emissionsminderung "in normal use" verlangt.
Tatsächlich erreicht der getestete Mercedes nicht einmal die NOx-
Grenzwerte für Euro 3 Diesel-Pkw.

TNO weist an mehreren Stellen seines Berichts auf eine
offensichtlich vorhandene, für den Rollenprüfstand beziehungsweise
den Realbetrieb auf der Straße unterschiedliche "NOx reduction
strategy" hin, die sich nach Auffassung der DUH nur durch eine
entsprechend programmierte Software erklären lässt.

"Mit Stickstoffdioxid hochbelastete Städte sollten sofort die
Einfahrt von allen Daimler Diesel-Pkw bei Temperaturen von unter zehn
Grad Celsius in Umweltzonen untersagen, es sei denn, die Daimler AG
weist nach, dass die anderen Modelle auch bei niedrigen
Außentemperaturen eine funktionierende Abgasreinigung haben", fordert
der Internationale Verkehrsexperte Axel Friedrich. "Menschen haben
ein Recht auf Schutz ihrer Gesundheit nicht nur bei hohen
Außentemperaturen."

Am 20.1.2016 räumte die Daimler AG gegenüber dem niederländischen
Fernsehsender NOS ein, bei niedrigen Temperaturen Schutzmaßnahmen für
die Emissionstechnik zu ergreifen und erklärte, dass die
Prüfbedingungen auf der Straße bei "bemerkenswert niedrigen
Temperaturen" stattgefunden hätten.

Am 27.1.2016 befragte die DUH die Daimler AG, unterhalb welcher
Außentemperatur die Motorsoftware sogenannte
"emission-technic-protection-measurements" ergreift und ob zur
Steuerung des Emissionsverhaltens die Signale der
Außentemperatursensoren durch die Motorsteuersoftware genutzt werden.
Am 28.1.2016 antwortete die Daimler AG und bezweifelte nicht die
Richtigkeit der TNO-Messwerte bzw. deren Aussagen. Zitat: "Die
Messergebnisse wurden von Vertretern der Daimler AG mit der TNO
diskutiert und von den dortigen Experten als plausibel eingestuft.
(...) Die Berücksichtigung der Außentemperatur und anderer Daten ist
entscheidend, um den sicheren Bauteilschutz am Motor über die gesamte
Laufzeit zu gewährleisten."

Diese gewählte Formulierung entspricht der Formulierung der
zulässigen Ausnahme des Verbots der Verwendung einer
Abschalteinrichtung ('defeat device') in der Zulassungsverordnung.
Das durch TNO festgestellte und dokumentierte auffällige
Emissionsverhalten des Mercedes C 220 CDi in Verbindung mit dem
Einräumen von "emission-technic-protection-measurements" und dem
Hinweis "Die Berücksichtigung der Außentemperatur und anderer Daten
ist entscheidend, um den sicheren Bauteilschutz am Motor über die
gesamte Laufzeit zu gewährleisten" sind für die DUH nicht anders zu
verstehen, als dass Daimler eine Abschalteinrichtung ("defeat
device") einräumt, aber deren Rechtmäßigkeit (Hinweis auf
Bauteileschutz) behauptet.

Es ist nun Aufgabe des zuständigen Kraftfahrt-Bundesamtes
festzustellen, ob dieses Fahrzeug eine erlaubte oder verbotene
Abschalteinrichtung in seiner Motorsteuersoftware hat.
Emissionsminderungsanlagen an Kraftfahrzeugen müssen bei allen
"normalen" Temperaturen funktionieren. Die durch Daimler bestätigte
Fehlfunktion und damit verbundene NOx-Emissionen, die mehr als das
Zehnfache über dem geltenden Grenzwert liegen, stellen einen klaren
Verstoß gegen die Funktionsvorschrift "in normal use" dar.

Hier gelangen Sie zum TNO-Report 2015/R10702: http://ots.de/pKJZH

Den Schriftwechsel DUH-Daimler vom 27./28.1.2016 finden Sie unter:
http://l.duh.de/p02022016



Pressekontakt:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer DUH
Tel.: 030 2400867-0, Mobil: 0171 3649170, E-Mail: resch(at)duh.de

Dr. Axel Friedrich, Internationaler Verkehrsberater
Mobil: 0152 29483857, E-Mail: axel.friedrich.berlin(at)gmail.com

Dorothee Saar, Bereichsleiterin Verkehr & Luftreinhaltung DUH
Tel.: 030 2400867-72, Mobil: 0151 16225862, E-Mail: saar(at)duh.de

Ann-Kathrin Marggraf, Pressereferentin DUH
Tel.: 030 2400867-21, Mobil: 0151 26749133 E-Mail: marggraf(at)duh.de

DUH im Internet: www.duh.de, Twitter: https://twitter.com/Umwelthilfe


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Datum: 02.02.2016 - 09:37 Uhr
Sprache: Deutsch
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