(ots) - Der Rechtsanwalt und frühere Bundesinnenminister
Gerhart Baum (83, FDP) hat das Vorgehen von VW im Abgas-Skandal
scharf kritisiert. Dem Wirtschaftsmagazin BILANZ sagte Baum: "Die Art
der Krisenbewältigung ist zeitweise hilflos gewesen. Da ist immer
noch eine gewisse Arroganz mit im Spiel - statt Demut."
Baums Düsseldorfer Kanzlei vertritt VW-Fahrer und -Aktionäre, die
Schadenersatz von VW fordern. Die Forderungen werden europaweit von
der niederländischen Stiftung "Volkswagen Car Claim" gesammelt und
durch Anwälte in den jeweiligen Ländern vertreten. Baums Kanzlei
vertritt deutsche Geschädigte. Bislang hätten sich europaweit 65.000
Autobesitzer bei der Stiftung registriert, teilte Baums Kanzlei
BILANZ mit.
"Der VW-Skandal steht für eine ernstzunehmende Umwelt-Krise, und
zwar über VW hinaus", sagte Baum. Es gebe in Deutschland mehr
Stickoxid-Tote als Verkehrstote. "Die Emissionen, die der Diesel
bringt, werden zunehmend zum Problem. Wir haben es hier mit der
Spitze des Eisbergs zu tun. Wir wissen ja noch nicht, ob die anderen
Hersteller die Grenzwerte eingehalten haben."
Volkswagen sei von den deutschen Behörden nicht hinreichend
kontrolliert worden. "Wenn wir über Regeln für die Autoindustrie
sprechen, sind wir in Deutschland schnell in einer Diskussion um eine
Gefährdung von Arbeitsplätzen. Das darf nicht der letzte Maßstab
sein. Es geht schließlich um die Gesundheit der Bevölkerung", sagte
Baum.
Der ehemalige Bundesinnenminister kritisierte, dass VW
geschädigten Kunden in den USA weiter entgegen komme als den
deutschen - etwa durch Zahlung von 1000 Dollar. "Die 1000 Dollar sind
eine Geste des guten Willens. VW glaubt, das hier in Deutschland
nicht nötig zu haben, weil der Druck nicht so hoch ist wie in den
USA. Die Deutschen werden schlechter behandelt als die Amerikaner."
Das ganze Interview: www.bilanz.de/exklusiv/baum
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